Kurssprung zum Handelsstart

Verisure gelingt größtes IPO in Europa seit der Porsche AG

Europas IPO-Markt erwacht: Verisure und Ottobock starten erfolgreich an den Börsen in Stockholm und Frankfurt. Investoren zeigen großes Interesse.

Verisure gelingt größtes IPO in Europa seit der Porsche AG

Verisure startet mit Kurssprung in den Handel

Sicherheitsdienstleister gelingt in Stockholm größtes IPO in Europa seit der Porsche AG im Jahr 2022 – Ottobock kommt am oberen Ende der Spanne

cru Frankfurt

Mit den Börsengängen von Verisure und Ottobock kommt der europäische IPO-Markt nach einer monatelangen Durststrecke langsam wieder in Gang. Die Aktie des Sicherheitsdienstleisters Verisure ist am Mittwoch mit einem Kurssprung um 13% auf 15 Euro in den Handel an der Börse Nasdaq in Stockholm gestartet und festigt damit die derzeit führende Stellung des Börsenplatzes in Schweden. Gleichzeitig wurde der Preis für die Aktie des Prothesenherstellers Ottobock, die an diesem Donnerstag in Frankfurt in den Handel startet, am oberen Ende der ohnehin engen Spanne festgelegt, die von 62 bis 66 Euro reichte.

Der Ausgabepreis von Verisure war ebenfalls nahezu am oberen Ende der Spanne auf 13,25 Euro je Aktie festgelegt worden. Damit wird das Unternehmen, das seinen Sitz in der Schweiz hat, mit 13,7 Mrd. Euro bewertet. Der Börsengang spielt für Verisure selbst 3,2 Mrd. Euro ein. Mit dem Geld will das Unternehmen, das dem Finanzinvestor Hellman & Friedman gehört, Schulden abbauen und eine Akquisition in Mexiko finanzieren.

Schweden global auf Platz neun

Stockholm wird mit dem Verisure-IPO zur geschäftigsten europäischen Börse in diesem Jahr. Gemessen am IPO-Emissionsvolumen liegt der Börsenplatz nach den Daten von Dealogic weltweit auf Platz neun hinter Tokio und vor Shenzhen. Für die Stockholmer Börse ist Verisure ein gewaltiger Börsengang – der größte seit 25 Jahren und laut Bloomberg der zweitgrößte in der Geschichte des Börsenplatzes. Er zeigt, dass Schweden mit Konkurrenten wie der Schweizer Börse um internationale Unternehmen konkurrieren und Milliarden von Euro einsammeln kann.

Für Verisure bedeutet der Börsengang die Rückkehr an die Börse, nachdem das Unternehmen zehn Jahre lang im Besitz von Hellman & Friedman war. Die schwedische Private-Equity-Firma EQT hatte Verisure von der Börse genommen und 2011 an Bain Capital und Hellman & Friedman verkauft, bevor Hellman & Friedman 2015 die Mehrheitsbeteiligung übernahm. Verisure wurde 1988 in Schweden gegründet und entwickelt überwachte Sicherheitssysteme für Haushalte und kleine Unternehmen in Europa und Lateinamerika. Zu den Produkten des Unternehmens gehören Videodetektoren und -kameras sowie Stoßsensoren und intelligente Schlösser.

Ottobock-IPO auf der Zielgeraden

Auch der erste größere Börsengang des Jahres in Deutschland ist unter Dach und Fach. Der weltgrößte Prothesen-Hersteller Ottobock teilte am Dienstag bis zu 12,24 Millionen Aktien wie zuletzt erwartet zum Preis von 66 Euro zu. Das Unternehmen aus Duderstadt bei Göttingen kommt damit zum Ausgabepreis auf einen Börsenwert von 4,22 Mrd. Euro und landet zunächst nur zu 19% im Streubesitz. Der nach Abzug der Ankerinvestoren-Anteile geringe Freefloat lässt einen müden Handel befürchten, wie es schon bei Springer Nature der Fall war.

Der Erlös von 808 Mill. Euro aus dem Ottobock-IPO geht zu fast 90% an die Eigentümerfamilie von Verwaltungsratschef Hans-Georg Näder, der damit unter anderem einen Milliardenkredit des Finanzinvestors KKR tilgen will. Der Nachfahre von Firmen-Mitgründer Otto Bock hält zusammen mit seinen beiden Töchtern neuerdings nur noch 81% der Anteile und will auf 75% oder sogar nur 70% weiter reduzieren. Vom Emissionserlös fließen nur 100 Mill. Euro an das Unternehmen selbst, das damit in die Entwicklung neuer Produkte und mögliche Übernahmen investieren will.

BNP, Deutsche, Goldman im Lead

Federführend organisiert wurde das Ottobock-IPO von BNP Paribas, Deutsche Bank und Goldman Sachs. Laut Heiko Leopold, Co-Head of Equity Capital Markets DACH bei der Deutschen Bank, bewirkt „die führende Marktstellung ein hohes Vertrauen der Investoren" hinsichtlich zukünftigen Wachstums: „Der Börsengang traf bei institutionellen Investoren und deutschen Privatanlegern auf hohe Nachfrage“, sagte Leopold. Das substanzielle Engagement zweier Ankerinvestoren habe von Beginn an Rückenwind verliehen. So hat die Schweizer Holding des Milliardärs Klaus-Michael Kühne Aktien für 125 Mill. Euro gezeichnet (3%). Zweiter Ankeraktionär ist der US-Assetmanager Capital Group, der mit 115 Mill. Euro eingestiegen ist.

Europas IPO-Markt erwacht mit Verisure in Stockholm und Ottobock in Frankfurt zu neuem Leben. Beide Aktien kommen am oberen Ende der Spanne. Das beweist das Interesse der Investoren. Doch wird Ottobock wenig Streubesitz haben, was einen müden Handel nach dem Börsenstart am Donnerstag befürchten lässt.