Verizon unter Zugzwang

Trotz Datenklau-Skandal wird kaum Preisnachlass auf Yahoo ausgehandelt - Großakquisition erwartet - Berkshire verabschiedet sich

Verizon unter Zugzwang

Im US-Mobilfunk dominiert Verizon noch immer. Doch die Strategie nach vorne wirkt planlos. Nach AOL soll mit Yahoo der zweite kränkelnde Internet-Dino integriert werden – trotz Datenklau-Skandal fast zum vollen Preis. Warren Buffett hat genug gesehen. Der Milliardär hat das Gros seiner Beteiligung bereits verkauft. Mancher Marktbeobachter hofft auf einen großen Zukauf.Von Sebastian Schmid, FrankfurtAuf eine seit Monaten in der Luft hängende Frage winkt eine Antwort: Wie viel Preisnachlass kann Verizon für Yahoos Kerngeschäft heraushandeln, nachdem der Internetkonzern den weltweit größten Datenklau-Skandal einräumen musste? Die Kundendaten von 1,5 Milliarden Yahoo-Anwendern waren gestohlen worden. Dem Vernehmen nach soll es dafür nun eine Ermäßigung um 250 bis 350 Mill. Dollar auf den Übernahmepreis von 4,8 Mrd. Dollar geben – nicht gerade viel.Mancher Analyst hatte bereits spekuliert, Verizon könne den Deal sogar komplett abblasen. Für Yahoo würde sich eine weitere gescheiterte Transaktion nahtlos in eine Unternehmensgeschichte einreihen, die in den vergangenen Jahren von Einsparungen, Fehlschlägen und Fehlbesetzungen an der Konzernspitze geprägt war (siehe Grafik). Während die Preisnachverhandlungen in den letzten Zügen sind, hat Yahoo am gestrigen Donnerstag erneut Nutzer vor einem Datenleck gewarnt, ohne die Zahl der betroffenen Anwender publik zu machen. Fest steht, dass die Sicherheitsvorkehrungen wohl auch 2016 noch löchrig waren. Mit den zahlreichen erfolglosen Strategiewechseln ergibt sich das Bild eines gescheiterten Online-Anbieters.Verizon schreckt dies offenbar nicht. Die Internet-Dinos AOL und Yahoo sollen kombiniert mit OnlineWerbegrößen wie Facebook und Google mithalten – so die Theorie. Dass die Wette, aus zwei abgehalfterten Ackergäulen ein vitales Rennpferd zu formen, aufgeht, glauben immer weniger Investoren. In den vergangenen sechs Monaten hat der US-Leitindex S & P 500 um 8 % zugelegt, während die Verizon-Aktie knapp ein Zehntel eingebüßt hat. Das Weite gesucht hat auch Warren Buffetts Berkshire Hathaway. Das Investmentvehikel des Milliardärs berichtete diese Woche, fast die gesamte Beteiligung abgegeben zu haben. Das Orakel von Omaha war im März 2014 groß bei Verizon eingestiegen, als der US-Konzern die zweite Hälfte der Mobilfunktochter Verizon Wireless von Vodafone übernahm. Seitdem haben die Titel sich allerdings klar schlechter entwickelt als die der kleineren Rivalen AT & T und T-Mobile US. Während mit AT & T auch die Nummer 2 im Markt auf eine Ausweitung des Inhalteangebots setzt, kann sie klotzen und nicht nur kleckern. Ende Oktober wurden mehr als 100 Mrd. Dollar für den Medienkonzern Time Warner auf den Tisch gelegt, der mit dem Pay-TV-Sender HBO echte Premiumunterhaltung mitbringt.T-Mobile US setzt derweil im Wesentlichen auf den Netzausbau, um über Preisvorteile und innovative Angebotsstrukturen im Kerngeschäft zu wachsen. So kommt die Telekom-Tochter seit vielen Quartalen auf die kräftigsten Kundenzuwächse aller Anbieter im US-Markt. Im vierten Quartal wurden fast doppelt so viele Kunden gewonnen wie bei Verizon.Der Platzhirsch wird die Anleger mit der bald abgeschlossenen Yahoo-Akquisition kaum beruhigen können. Diese spekulieren auf einen großen Wurf, weil Verizon unter Zugzwang ist. Diskutiert wurde etwa ein Kauf von John Malones Charter Communications, um im Breitbandgeschäft zu expandieren. Für Verizon wäre das indes hoch riskant. Charter hat 2016 Time Warner Cable und Bright House für insgesamt 65 Mrd. Dollar übernommen und ist hoch verschuldet. Das hat der Konzern mit Verizon gemein, die noch immer den Schuldenberg aus der Wireless-Akquisition abträgt.