Viele Digitalisierungsprojekte stocken
Von Sabine Reifenberger, Frankfurt
In den zurückliegenden zwei Jahren sind nur wenige Unternehmen bei ihren Transformationsprojekten weitergekommen. Das zeigt eine Umfrage der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe DSAG, an der sich 265 Mitgliedsunternehmen beteiligt haben. Zu ihren Fortschritten mit Blick auf die digitale Transformation befragt, bezeichneten sich nur 5% der Teilnehmer als „sehr weit“. Damit ist der Wert im Vergleich zu 2021 (2%) nur wenig gestiegen. Der Anteil der Unternehmen, die ihre Transformationsfortschritte als „weit“ einstufen, liegt konstant bei 39%.
Mehr als die Hälfte der Unternehmen (52%) geben dagegen an, dass sie „nicht sehr weit“ seien. „Das spricht dafür, dass die Unternehmen während der Pandemie andere Prioritäten gesetzt haben“, sagt Jens Hungershausen, Vorstandsvorsitzender der DSAG. Angesetzte Digitalisierungsprojekte seien in der unsicheren Lage womöglich auch zurückgestellt worden, vermutet er.
Unternehmen steigern IT-Budgets
Bei den Ausgaben für Digitalisierungs- und IT-Projekte wollen die meisten Unternehmen zulegen: Unter den Teilnehmern geben 54% an, dass ihr IT-Budget im Vergleich zu 2022 gestiegen sei. Bei jedem vierten Befragten stagniert es, nur 15% verzeichnen schrumpfende Budgets. Ein ähnliches Bild zeigt sich in den Plänen für SAP-Anwendungen.
Damit setzt sich ein bereits im vergangenen Jahr erkennbarer Aufwärtstrend in den Budgets fort. Für Hungershausen ist dies ein Zeichen dafür, dass Unternehmen zuversichtlich sind, die derzeit herausfordernde wirtschaftliche Lage gut zu meistern. „Zudem laufen einige etablierte SAP-Lösungen demnächst aus der Wartung, und die Projekt-Pipelines der Unternehmen sind gut gefüllt – entsprechend wird Budget benötigt“, sagt er.
Erstmals hat die DSAG ihre Teilnehmer auch nach einer Einschätzung zur Preispolitik von SAP im Cloud-Umfeld gefragt – und fast jeder zweite Teilnehmer (49%) ist damit nicht zufrieden. „Das sehe ich aber als ein grundlegendes Problem, das die Kundenunternehmen mit allen Anbietern von Cloud-Lösungen haben”, relativiert Hungershausen.
Er wünscht sich „verlässliche Mechanismen“ für die Preisentwicklung. „Eine jährliche wiederkehrende Erhöhung der Preise erschwert Unternehmen den Weg in die Cloud.“ Als „zufrieden“ mit der Preispolitik zeigten sich nur 5% der Teilnehmer, 20% waren unentschieden, der Rest enthielt sich. Eine Forderung der DSAG lautet beispielsweise, dass SAP die 3,3-prozentige Preiserhöhung nicht für Cloud-Services ansetzen solle, die nicht weiter gewartet werden.
Cloud-Lösungen immer noch selten
Befragt nach den eingesetzten ERP-Lösungen aus dem SAP-Bereich zeigt sich, dass die Nutzung von Public-Cloud-Diensten unter den Teilnehmern nach wie vor wenig verbreitet ist. Am häufigsten nutzten die Umfrageteilnehmer die Business Suite mit 79%, es folgen S/4 Hana On-Premise mit 41%, S/4 Hana Private Cloud mit 8% sowie die Variante in der Public Cloud mit 3%. Allerdings gibt die DSAG zu bedenken, dass Umstellungsprojekte häufig über mehrere Jahre laufen.
Entsprechend schauen viele Mitglieder bereits auf die kommenden Jahre. Bis 2027, unter bestimmten Voraussetzungen spätestens aber 2030 müssen Unternehmen von ihrem alten ERP-System zu S/4 Hana wechseln. Dann fallen ältere Systeme aus der Wartung. „2027 klingt noch fern. Der Aufwand, der mit einer solchen Migration verbunden ist, darf dennoch nicht unterschätzt werden“, mahnt Hungershausen. Ein Engpass könnte auch auf Dienstleisterseite entstehen, wenn viele Unternehmen in einem überschaubaren Zeitraum Beratungsbedarf haben, fürchtet die DSAG.
Nur wenige investieren in Künstliche Intelligenz
Bei bestehenden Systemen der Business Technology Platform investieren Unternehmen derzeit stark in den Bereich Daten und Analyse. In 38% der teilnehmenden Unternehmen fließen hohe oder mittlere Investitionen in diese Themen. Es folgen Investitionen in Anwendungsentwicklung und -automatisierung sowie Integration (jeweils 17%). Künstliche Intelligenz spielt dagegen für die meisten Unternehmen noch eine untergeordnete Rolle; nur 3% allokieren in diesem Bereich hohe oder mittlere Budgets.
Bei den übergreifenden Themen mit Relevanz für die Investitionsplanung liegt das Thema Cybersecurity klar an der Spitze. Es hat für 88% (2022: 78%) der Teilnehmer mittlere oder sogar hohe Relevanz. Es folgt die Automatisierung von Prozessen (68%).