Vorgezogene Closed Period

Veröffentlichung vorläufiger Zahlen wirft Rechtsfragen auf

Jedes vierte Unternehmen im Dax160 veröffentlicht freiwillig vorläufige Zahlen. Doch dadurch könnte sich die Closed Period verschieben, in der für Führungskräfte ein Handelsverbot besteht.

Veröffentlichung vorläufiger Zahlen wirft Rechtsfragen auf

Vorläufige Zahlen beeinflussen Closed Period

Veröffentlichung kann zu Vorverlagerung führen – Risiko für Führungskräfte

sar Frankfurt

Gut ein Viertel der 160 in Dax, MDax und SDax gelisteten Unternehmen informiert die Investoren freiwillig über vorläufige Geschäftszahlen. Das zeigt eine Marktanalyse des Consulting-Hauses Kirchhoff und der Kanzlei CMS, für die das Veröffentlichungsverhalten zum Geschäftsjahr 2024 ausgewertet wurde. Insgesamt haben 64 der 160 Konzerne vorläufige Zahlen herausgegeben. 20 Unternehmen taten dies jedoch aufgrund von Ad-hoc-Pflichten, etwa wegen Prognoseverfehlungen.

Offene Rechtsfragen

Allerdings wirft die Veröffentlichung rechtliche Fragen auf. „Nach der Auffassung der ESMA, der sich die BaFin angeschlossen hat, kann die Veröffentlichung vorläufiger Finanzzahlen dazu führen, dass sich die Closed Period zeitlich nach vorne verschiebt“, warnen die Studienautoren. Der geschlossene Zeitraum von 30 Kalendertagen, in dem die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats keine Finanzinstrumente des Unternehmens handeln dürfen, endet dann unter Umständen nicht mit der Veröffentlichung des Finanzberichts, sondern mit der Veröffentlichung der vorläufigen Finanzzahlen.

Dies berge die Gefahr, dass Eigengeschäfte in den Verbotszeitraum fallen. Die Voraussetzung für eine Vorverlagerung ist, dass die vorläufigen Zahlen vom Vorstand verabschiedet wurden und alle Schlüsselzahlen umfassen, die im späteren Geschäftsbericht enthalten sein werden.

In der Praxis besteht jedoch „ein hohes Klärungsbedürfnis“, welche Finanzzahlen nach Auffassung der ESMA und der BaFin überhaupt als Schlüsselzahlen gelten, sagt Dominik von Zehmen, Rechtsanwalt bei CMS. Die unklare Definition führe zu Rechtsunsicherheit. Um auf der sicheren Seite zu sein, würden Führungskräfte je nach Einzelfall sowohl für den Zeitraum vor der Veröffentlichung der vorläufigen Finanzzahlen als auch für den Zeitraum vor der Veröffentlichung des Finanzberichts eine 30-tägige Closed Period annehmen. In der Praxis würde das den Spielraum für Führungskräfte jedoch stark einschränken.

Unternehmen wollen Informationslücke schließen

Mit den freiwilligen Informationen wollen insbesondere Konzerne mit einem späten Berichtsdatum eine Informationslücke schließen: „Die Marktanalyse zeigt klar, dass Small Caps deutlich öfter vorläufige Zahlen veröffentlichen als die Blue Chips“, sagt Jens Hecht, Managing Partner bei Kirchhoff Consult. Das liege daran, dass die Nebenwerte ihre testierten Zahlen im Schnitt später im Jahresverlauf veröffentlichten.

Im SDax legten der Analyse zufolge 38 der 70 Unternehmen vorläufige Zahlen vor, davon 29 freiwillig. Im Dax hingegen meldeten nur fünf von 40 Konzernen vorläufige Ergebnisse, und nur zwei taten dies ohne regulatorischen Zwang.

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