Sportartikelkonzern

Vorstandschef von Adidas geht auf Nummer sicher

Bjørn Gulden präsentiert eine Prognose für ein ungünstiges Szenario. Ob der Lagerbestand der Produktlinie „Yeezy“ verkauft wird, wird noch geprüft. Doch die Aktionäre werden schon mal auf einen Misserfolg vorbereitet.

Vorstandschef von Adidas geht auf Nummer sicher

jh München

Die im vergangenen Herbst jäh beendete Kooperation mit dem Designer und Rapper Kanye West (Ye) könnte in diesem Jahr ein noch teureres Nachspiel für Adidas haben als 2022. Sollten die Produkte der Linie „Yeezy“ nicht verkauft werden, steuert der Sportartikelkonzern auf einen hohen Betriebsverlust zu (siehe Grafik). Die am Donnerstag nach Börsenschluss veröffentlichte Warnung (vgl. BZ vom 10. Februar) setzte dem Aktienkurs am Freitag schwer zu: In der Spitze sackte er um mehr als 12% ab.

Im November hatte Finanzvorstand Harm Ohlmeyer, der nach dem Abgang von Kasper Rorsted kurzzeitig auch CEO war, von dem Plan berichtet, den Bestand an Yeezy-Produkten 2023 zu verkaufen und somit die Auswirkungen auf Umsatz und Ergebnis zum größten Teil auszugleichen. Bjørn Gulden, der vom Nachbarn Puma geholte neue Vorstandsvorsitzende, ist offenbar weniger zuversichtlich. Es würden zwar weiterhin verschiedene Optionen ge­prüft, teilt Adidas mit. Doch die Jahresprognose berücksichtige die negativen Auswirkungen, falls ein Verkauf des Bestands ausbleibe. Dies würde den Umsatz um rund 1,2 Mrd. Euro schmälern und das Betriebsergebnis um etwa 500 Mill. Euro.

Abschreibungen von ebenfalls einer halben Mrd. Euro auf die Yeezy-Produkte würden hinzukommen. Insgesamt würde die wegen anti­semitischer Äußerungen und Hass­reden des Rappers beendete Zusammenarbeit das Betriebsergebnis von Adidas in diesem Jahr mit 1 Mrd. Euro belasten. 2022 hatte dieser Effekt den Nettogewinn um 250 Mill. Euro auf 254 (i.V. 1492) Mill. Euro verringert. Der Konzernumsatz, der währungsbereinigt um 1% auf 22,5 Mrd. Euro stieg, fiel deshalb um etwa 500 Mill. Euro niedriger aus. Für 2023 erwartet Adidas einen Rückgang um eine hohe einstellige Rate.

Im Herbst hatte Ohlmeyer den Aktionären für 2023 Hoffnungen auf einen starken Gewinnanstieg ge­macht – auch dank eines „Programms zur Geschäftsverbesserung“. Analysten hatten bisher im Durchschnitt mit einem Betriebsergebnis von etwas mehr als 1 Mrd. Euro und einem Nettogewinn von 639 Mill. Euro gerechnet.

Gulden ist für vorsichtige Prognosen bekannt. Puma hat in den vergangenen Jahren immer wieder die Geschäftserwartungen im Jahresverlauf erhöht. Als neuer Adidas-Chef will er erst recht eine Korrektur nach unten vermeiden. Die Analysten von Stifel halten in diesem Zusammenhang Guldens Bemühungen für „ganz klassisch und legitim“. Der Norweger wird am 8. März das ausführliche Jahresergebnis präsentieren. Dass bis dahin eine Entscheidung über die Yeezy-Produkte fällt, ist eher unwahrscheinlich, wie aus dem Unternehmen zu hören ist.

Nicht das einzige Problem

Die Investmentbank Oddo BHF rechnet schon jetzt nicht mehr mit einem Verkauf. Das sei aber nicht das einzige Problem für Adidas. Das Unternehmen habe zu viele Produkte, ignoriere den Großhandel und sei zu dezentral organisiert, monieren die Analysten. Nach Ansicht der kanadischen Bank RBC hat Adidas viel Arbeit vor sich hinsichtlich der Unternehmenskultur, der Produkte, der Abverkaufsquote sowie überschüssiger Bestände. Das Unternehmen könne alles bewältigen, doch es brauche Zeit dafür. Gulden kündigte eine Prüfung der Strategie an, um von 2024 an „auf einen profitablen Wachstumspfad zurückzukehren“. Die Prüfung koste bis zu 200 Mill. Euro in diesem Jahr.