VW-Abgasbetrug geht auf 2005/06 zurück

Aufsichtsratspräsidium trifft sich erneut am Mittwoch - Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Vorstandschef Winterkorn

VW-Abgasbetrug geht auf 2005/06 zurück

Nicht 2009, nicht 2007, sondern schon in den Jahren 2005 und 2006 soll in Wolfsburg die Entscheidung gefallen sein, in VW-Dieselfahrzeuge Geräte zur Manipulation von Abgaswerten einzubauen. Wie dpa-afx berichtet, trifft sich der Aufsichtsrat von Volkswagen schon morgen zu einem weiteren Krisentreffen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig leitete Ermittlungen gegen den früheren Vorstandschef Martin Winterkorn ein.po Frankfurt – Die Entscheidung zum Einbau der Manipulations-Software in Diesel-Fahrzeugen des VW-Konzerns soll bereits in den Jahren 2005 und 2006, und zwar in der Motorenentwicklung von Volkswagen in Wolfsburg, gefallen sein. Das berichtet dpa-afx und bestätigt damit einen entsprechenden FAZ-Artikel. Das Präsidium des VW-Aufsichtsrats kommt morgen erneut zu einer Krisensitzung zusammen. Dabei soll nach internen Ermittlungen ein erster Zwischenbericht vorgelegt werden.Sollten sich die Hinweise bestätigen, ginge der Anstoß zum Abgasbetrug noch auf die Amtszeit von Bernd Pischetsrieder als Vorstandsvorsitzendem und Wolfgang Bernhard als VW-Markenchef zurück. Angesichts von damals schon bestehenden Problemen auf dem US-Markt wollte Volkswagen dort mit sauberen Dieselfahrzeugen punkten.Die Vorgabe sei gewesen, diese Autos trotz der schärferen Abgaswerte kostendeckend anzubieten, hieß es in den Konzernkreisen. Die Einhaltung der Grenzwerte, zumindest auf dem Prüfstand, sei aber nur mit Hilfe der Manipulations-Software möglich gewesen. VW habe darauf verzichtet, eine bestimmte Technologie zur Abgasreinigung in die Autos einzubauen, weil dies als zu teuer angesehen wurde, wie es laut dpa-afx hieß. Bernhard ging nach seinem VW-Gastspiel wieder zu Daimler zurück und leitet dort die Trucksparte. Er gilt als ein möglicher Nachfolger für Konzernchef Dieter Zetsche.Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig aufgrund von Strafanzeigen ein Ermittlungsverfahren gegen den früheren VW-Konzernchef Martin Winterkorn eingeleitet. Vorermittlungen zur Abgasaffäre hatte es schon in der vergangenen Woche gegeben. “Der Schwerpunkt der Ermittlungen liegt auf dem Vorwurf des Betruges durch den Verkauf von Kraftfahrzeugen mit manipulierten Abgaswerten”, heißt es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft. Weiter sei in diesem Zusammenhang auch eine Strafanzeige der Volkswagen AG ohne Benennung eines Beschuldigten eingegangen. “Zielrichtung der Ermittlungen ist insbesondere die Klärung der Verantwortlichkeiten.”Zur außerordentlichen VW-Hauptversammlung am 9. November will der Aktionärsberater Hermes seine Bedenken in Sachen Corporate Governance vorbringen und Vorschläge für Änderungen machen. Der seit Jahresmitte amtierende neue VW-Markenchef Herbert Diess wird heute wegen des Abgasskandals in Brüssel Gespräche mit der EU-Kommission führen und dabei auch mit Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska zusammentreffen.Aus unternehmensnahe Kreisen hieß es, dass die drei Entwicklungschefs von Volkswagen (Heinz-Jakob Neußer), Porsche (Wolfgang Hatz) und Ulrich Hackenberg (Audi) beurlaubt wurden, wobei Letzterer sich dagegen wehre. Bei VW hat bereits der 51-jährige Volkmar Tanneberger zusätzlich zu seinen Aufgaben als Leiter der Elektrik- und Elektronikentwicklung die Aufgaben Neußers in der Führung der Entwicklung von VW Pkw vorübergehend übernommen. Tanneberger ist seit 2001 im Konzern und war davor sechs Jahre bei Blaupunkt und Bosch auf den Themengebieten Ortung und Telematik sowie Navigation tätig. Tiefstand seit 5 JahrenDie VW-Vorzugsaktie rutschte mit einem Tagesverlust von 7,5 % auf 99,30 Euro ab und damit auf den tiefsten Schlusskurs seit fünf Jahren. Der Börsenwert des Konzerns schrumpfte auf nur noch 47 Mrd. Euro. Bernstein Research belässt die Empfehlung weiter auf Outperform mit Kursziel 200 Euro. Die kolportierte Maximalstrafe von 18 Mrd. Dollar in den USA sei viel zu hoch gegriffen. Die genannte Maximalsumme je Auto gelte nur für die ersten zehn Wagen. Bernsteins Analyst Max Warburton geht deshalb von einer Strafe von höchstens 7,4 Mrd. Dollar aus. Sollten die Kosten 10 Mrd. Euro übersteigen, müsste VW wohl das Kapital erhöhen.