Autoindustrie

VW bessert Gewinnprognose vorsichtig nach

Nach einem starken zweiten Quartal bessert Volkswagen die Prognose für die 2021 erwartete operative Rendite erneut nach. Der neue Ausblick ist aber von Vorsicht geprägt.

VW bessert Gewinnprognose vorsichtig nach

ste Hamburg

Volkswagen hat bei der Vorlage des Halbjahresberichts den am 9. Juli bereits in Aussicht gestellten Anstieg des operativen Ergebnisses (Ebit) auf rund 11 Mrd. Euro und des Netto-Cash-flows im Konzernbereich Automobile auf rund 10 Mrd. Euro bekräftigt und die Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr erneut angehoben. Wie Europas größter Fahrzeughersteller aus Wolfsburg mitteilte, wird 2021 nun mit einer um einen halben Prozentpunkt höheren operativen Umsatzrendite zwischen 6,0 und 7,5% gerechnet.

Nach dem ersten Quartal war die Spanne ebenfalls um 50 Basispunkte auf 5,5 bis 7,0% angehoben worden, nachdem in den ersten drei Monaten eine Ebit-Marge von 7,7% verbucht worden war. Für den Zeitraum von April bis Juni wies der Zwölfmarkenkonzern nun vor und nach Sondereinflüssen ein auf 6,5 (i.V. –2,4) Mrd. Euro stark verbessertes operatives Ergebnis und eine Ebit-Marge von 9,7% aus – nach –5,8% im zweiten Quartal 2020, in dem Volkswagen infolge der Corona-Pandemie einen Milliardenverlust zeigen musste. Analysten hatten im Schnitt mit 7,8% gerechnet. Anleger reagierten nach Bekanntwerden der neuen Prognose verschnupft. Die VW-Vorzugsaktie fiel um bis zu 2% unter die Marke von 200 Euro, ehe sie sich im weiteren Tagesverlauf erholte und mit einem Plus von 1,6% bei 207,05 Euro aus dem Handel ging.

Bei einem vor allem von den Premiummarken und dem Finanzdienstleistungsgeschäft getragenen operativen Rekordergebnis vor Sondereinflüssen von 11,4 (–0,8) Mrd. Euro bzw. einer operativen Rendite von 8,8 (–0,8)% im ersten Halbjahr merkten Branchenbeobachter an, die neue Jahresprognose erscheine sehr vorsichtig. Die Prognose impliziere eine Marge zwischen 5 und 6% im zweiten Halbjahr, womit der Ausblick entweder als offene Gewinnwarnung oder als eine weitere äußerst konservative Guidance zu verstehen sei, wie Bernstein-Research-Analyst Arndt Ellinghorst erklärte.

Folgen des Chipmangels

Der Konzern geht inzwischen davon aus, dass sich bislang begrenzte Beeinträchtigungen durch Engpässe und Ausfälle in der Versorgung mit Halbleiterkomponenten eher im zweiten Halbjahr auswirken werden. Im ersten Halbjahr konnten die Wolfsburger aber bereits eine hohe sechsstellige Zahl an Fahrzeugen nicht produzieren. Nun senkte Volkswagen ihre Prognose für die Fahrzeugauslieferungen, die in diesem Jahr „spürbar“ und nicht mehr „deutlich“ zulegen sollen. Wie Finanzchef Arno Antlitz in einer Telefonkonferenz erläuterte, sollen nun weltweit etwa 10% anstatt 15% mehr Fahrzeuge als im Vorjahr (9,31 Millionen) zu den Kunden gelangen. Im ersten Halbjahr waren die konzernweiten Auslieferungen um knapp 28% auf 4,98 Millionen Fahrzeuge gestiegen.

Das im ersten Halbjahr gestiegene operative Ergebnis resultierte Volkswagen zufolge neben dem höheren Absatz aus Verbesserungen bei Produktmix und Preisen sowie aus positiven Effekten aus der Bewertung von Rohstoffsicherungen. Die Arbeit an den laufenden Fixkostenprogrammen sei weiter vorangetrieben worden, der Automobilbereich habe mit 12,3 (–2,3) Mrd. Euro einen sehr hohen bereinigten Netto-Cash-flow erreicht. Die Nettoliquidität in dem Bereich verdoppelte sich fast auf 35 (18,7) Mrd. Euro, wobei die Übernahme des US-Nutzfahrzeugherstellers Navistar in den Zahlen nicht berücksichtigt ist.

VW-Vorstandschef Herbert Diess meinte, das Rekordergebnis im ersten Halbjahr sei „ein klarer Beleg dafür, wie stark unsere Marken und wie attraktiv unsere Produkte sind“. Ergebnisstützen waren die Premiummarken Audi und Porsche, die neben Auslieferungsrekorden zweistellige operative Umsatzrenditen von 10,7 (–3,1)% bzw. 17,6 (10,2)% ablieferten. Die im Volumenmarkt tätige Kernmarke Volkswagen Pkw kam auf 4,4 (–5,2)%. Die Finanzsparte erzielte mit 2,3 Mrd. Euro ein gegenüber Vorjahr mehr als verdoppeltes operatives Ergebnis. Auch die Elektro-Offensive gewinne zunehmend an Dynamik, ihre Geschwindigkeit werde in den kommenden Monaten kontinuierlich gesteigert, sagte der Konzernchef in Anbetracht von bis Ende Juni weltweit 171000 (+165%) ausgelieferten vollelektrischen Fahrzeugen weiter. Zur am Mittwoch vereinbarten Europcar-Übernahme meinte Diess mit Blick auf den angestrebten Wandel von VW zu einem softwaregetriebenen Mobilitätsdienstleister, man werde den Autovermieter in eine Plattform für Angebote rund um Carsharing, Mitfahrdienste und Abo-Modelle wandeln.

Volkswagen
Konzernzahlen nach IFRS
1. Halbjahr
in Mill. Euro20212020
Umsatz129 66996 131
Operatives Ergebnis vor Sondereinflüssen11 358– 803
Umsatzrendite vor Sondereinflüssen (%)8,8– 0,8
Sondereinflüsse0– 687
Operatives Ergebnis 11 358– 1 490
Umsatzrendite (%)8,8– 1,5
Ergebnis vor Steuern11 153– 1 352
Ergebnis nach Steuern8 454– 1 019
F&E-Quote 1 (%)7,28,7
Operativer Cash-flow 119 0883 009
Sachinvest.-Quote 1 (%)3,55,4
Netto-Cash-flow 110 191– 4 806
Nettoliquidität 135 04818 663
Mitarbeiterzahl (Tsd.)660,0662,6 2
1) Konzernbereich Automobile; 2) zum 31.12.2020Börsen-Zeitung
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.