Wafer-Boom schiebt den Anlagenbauer PVA Tepla an
Von Helmut Kipp, FrankfurtDie Waferhersteller bauen ihre Kapazitäten aus – und decken den Anlagenbauer PVA Tepla mit Aufträgen ein. Erst Mitte November hatte das Management den Ausblick für den Konzern-Bestelleingang im laufenden Jahr auf deutlich über 100 Mill. Euro angehoben. Inzwischen liegt die Prognose bei mehr als 150 Mill. Euro. Damit zeichnet sich im Vergleich zum 2016er-Niveau von 70,5 Mill. Euro ein Wachstum von über 100 % ab.Auch am Börsenkurs lässt sich der Orderboom ablesen. Bereits im Sommer setzte die Aktie zum Höhenflug an. Seitdem ist der Kurs von 3 auf rund 10 Euro emporgeschnellt. Derzeit kommt das Unternehmen aus Wettenberg in Hessen auf eine Marktkapitalisierung von gut 210 Mill. Euro.Die jüngste Großbestellung betrifft Silizium-Kristallzuchtanlagen für 47 Mill. Euro. Aus den Kristallen werden Wafer hergestellt. Außerdem verkauft die Semiconductor-Sparte Plasma- und Analysesysteme. Das zweite Segment Industriesysteme bietet unter anderem Sinteranlagen für Hartmetall an. Hier erreichte der Auftragseingang in den ersten neun Monaten 36,8 Mill. Euro, ein Anstieg um 6 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum.”Die Halbleiterindustrie boomt weltweit. Sie investiert massiv in neue Anlagen”, sagt der Vorstandsvorsitzende Alfred Schopf im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Er verweist auf Schätzungen, die ein jährliches Wachstum der Halbleiterinvestitionen von mindestens 20 % bis 2020 voraussagen. Insbesondere Halbleiter-Equipment lege zu. Als größte Waferhersteller gelten Shin-Etsu und Sumco aus Japan, gefolgt von Global Wafers (Taiwan), Siltronic aus Deutschland und SK Siltron (Südkorea). Lange DurchlaufzeitenMehr Aufträge erwartet Schopf auch aus China. Die Volksrepublik hat nämlich eine strategische Initiative gestartet, um sich unabhängig zu machen von Halbleiterimporten. Dafür nehme der chinesische Staat etwa 130 Mrd. Euro in die Hand.Als Zukunftsthema gilt Siliziumcarbid, das sich durch eine höhere Wärmerobustheit auszeichnet. “Überall dort, wo hohe Spannungen fließen, wird ein Halbleiterteil schon mal wärmer. Während normales Silizium nur bis zu Temperaturen von 70, 80 Grad funktioniert, erreicht man mit Siliziumcarbid bis 130, 140 Grad”, erläutert Schopf. Siliziumcarbid werde eine große Zukunft vorausgesagt, “aber wir befinden uns erst in der Startphase”. PVA Tepla arbeite derzeit massiv an Maßnahmen zur Produktivitätsverbesserung. Denn bisher sei die Kristallzucht bei Siliziumcarbid aufgrund der physikalischen Gegebenheiten deutlich langsamer als im normalen Silizium.”Wir sind zusammen mit den vier bis fünf anderen Siliziumcarbid-Herstellern in der Entwicklung und im Bau von solch komplexen Anlagen Pioniere”, betont Schopf. PVA befinde sich bei einigen potenziellen Großkunden in der Erprobungsphase. Ein Abnehmer beispielsweise habe im Moment drei Anlagen, rede aber jetzt davon, eine deutlich zweistellige Anzahl von Produktionsanlagen abzunehmen. “Und das ist nur einer von vielen potenziellen Kunden, die vor der Tür stehen”, so Schopf.Die Durchlaufzeiten bei PVA sind mit acht bis 18 Monaten relativ lang. Deshalb sind die Wettenberger darauf aus, zu Jahresbeginn möglichst 70 % des Jahresumsatzes als Auftragsbestand in den Büchern zu haben. Die Umsetzung der jüngsten Auftragseingänge ragt sogar bis in das Jahr 2020 hinein. Die Kapitalbindung durch das steigende Geschäftsvolumen ist nach Meinung Schopfs zu bewältigen. “Wir bekommen in der Regel gute Anzahlungen. Wir brauchen zwar Avale für die Wachstumsfinanzierung, aber der Rahmen dafür ist komfortabel abgesteckt”, versichert der Manager, der seit Juni 2017 an der Firmenspitze steht und von 2010 bis 2015 den Kamerahersteller Leica leitete. Die Nettocashposition habe sich im Vergleich zum Vorjahr um 18 Mill. Euro verbessert.Der Analyst Tim Wunderlich von Hauck & Aufhäuser sieht PVA am Beginn eines dynamischen vieljährigen Wachstumszyklus. Doch die Frage bleibt, ob die Waferindustrie, die in der Vergangenheit extreme Konjunkturzyklen durchlebt hat, den Kapazitätsausbau womöglich übertreibt. Schopf sieht die weitere Entwicklung über 2020 hinaus “durchaus positiv, wenn auch mit geringerem Wachstum”. Seine Zuversicht gründet darauf, dass Halbleiterprodukte in immer mehr Branchen zum Einsatz kommen. Fertigung in DeutschlandWurden Chips einst vorwiegend in Computern und Laptops verbaut, kamen später die Smartphones hinzu und heute sorgen Themen wie das Internet der Dinge, Industrie 4.0 oder autonomes Fahren für immer neue Anwendungen. “Durch diese Verbreiterung wird die Maschinennachfrage kontinuierlicher”, ist Schopf überzeugt.Der Firmenchef räumt ein, dass die für 2017 angekündigte Ebitda-Marge von 6 % alles andere als üppig ist: “Mittelfristig muss da eine zweistellige Zahl stehen.” Das Unternehmen komme aus einer tiefgreifenden Restrukturierung. In dieser Phase habe man den ein oder anderen margenschwachen Auftrag hereingenommen, um die Auslastung zu gewährleisten. “Jetzt wachsen die Bäume noch nicht in den Himmel. Zumal wir mit relativ niedrigem Auftragsbestand in das Jahr 2017 gestartet sind”, sagt Schopf. PVA fertigt zu 95 % in Deutschland. “Wir bewegen uns technologisch auf sehr anspruchsvollem Terrain. Daher halten wir das Know-how lieber hier”, erläutert Schopf. Hinzu komme, dass Lieferanten aus Asien meist teurer seien als die lokalen Angebote: “Die Chinesen haben Angst vor deutschen Spezifikationen. Sie bauen große Sicherheitspuffer ein – und sind dann in der Regel nicht mehr wettbewerbsfähig.”Derweil hat der Großaktionär, die PA Beteiligungsgesellschaft, den Kursaufschwung genutzt, Aktien im Wert von rund einer halben Million Euro zu verkaufen. Hinter der Gesellschaft steht der frühere Vorstandschef und heutige Berater Peter Abel. Der Beteiligung wurde zuletzt mit 29 % des Grundkapitals angegeben.