Mehr als 700 Mill. Euro für ein auf die Energiebranche spezialisiertes Softwarehaus

Warburg Pincus greift nach PSI Software

PSI Software soll vom Technologie-Investor Warburg Pincus für mehr als 700 Mill. Euro übernommen werden. Einer der größten Anteilseigner ist Eon – und der will nicht verkaufen.

Warburg Pincus greift nach PSI Software

PSI Software steht vor dem Verkauf an den Technologie-Investor Warburg Pincus. Das auf die Energiebranche spezialisierte Softwarehaus wird dabei mit mehr als 700 Mill. Euro bewertet. Warburg Pincus setzte sich in einem Bieterstreit mit einem Gebot von 45 Euro je Aktie gegen die Beteiligungsgesellschaften Thoma Bravo und Hg Capital durch, wie PSI und der Investor am Montag mitteilten. Der Kaufpreis liegt 84% über dem PSI-Kurs vom Donnerstag, bevor Reuters über den laufenden Bieterprozess berichtet hatte. Der Kurs von PSI stieg am Montag in der Spitze auf 44,70 Euro; ein Plus von 35%.

Der künftige Eigentümer will das Unternehmen, das 2.350 Mitarbeiter beschäftigt, beim Umbau zu einem Cloud-basierten Abo-Modell für seine Software unterstützen. „Die Partnerschaft mit Warburg Pincus bietet uns die erforderliche Erfahrung, finanzielle Stärke und den operativen Rückhalt, um die Umsetzung unserer Wachstumsstrategie zu beschleunigen“, sagte Vorstandschef Robert Klaffus.

Größter Aktionär ist bisher der Medienunternehmer und Investor Norman Rentrop mit einem Anteil von 23,1%; er wolle nun verkaufen, heißt es. Warburg Pincus erklärte, man habe bereits 28,5% der Anteile sicher. Ziel sei eine Beteiligung von mehr als 50%.

Eon will nicht verkaufen

Der zweitgrößte Aktionär, der Energieversorger Eon, will sein Aktienpaket von 17,8% behalten, auch wenn PSI wie geplant nach der Übernahme von der Börse genommen werden sollte. Eon ist zugleich einer der wichtigsten Kunden von PSI und habe sich Mitspracherechte unter dem neuen Eigentümer einräumen lassen.

Die Software von PSI wird u.a. zur Steuerung von Stromübertragungsnetzen verwendet, ist aber auch in der Logistik und der Produktion im Einsatz. Warburg Pincus hat sich in einer Vereinbarung mit PSI verpflichtet, „die internationale Expansion zu fördern sowie interne Effizienzprogramme durch Prozessstandardisierung und konsequente Digitalisierung voranzutreiben“, wie es in der Mitteilung heißt. Dazu gehöre auch frisches Kapital, „damit PSI eine führende Rolle bei der Konsolidierung des Marktes für Energie- und Industriesoftware einnehmen kann“. Der Vorstand soll an Bord bleiben, der Unternehmenssitz bleibe in Berlin.

Cyberangriff mit großem Schaden

Im vergangenen Jahr setzte PSI Software 260,8 Mill. Euro um. Ein Cyberangriff hatte das Unternehmen wochenlang lahmgelegt; die daraus resultierenden Belastungen drückten PSI in die roten Zahlen: Vor Zinsen und Steuern (Ebit) lag der Verlust bei 15,2 Mill. Euro. Für das laufende Jahr hat der Vorstand ein Umsatzplus von 10% und eine Rückkehr in die Gewinnzone mit einer Ebit-Marge von 4% in Aussicht gestellt. Ein laufendes Kostensenkungsprogramm soll erst 2026 seine Wirkung entfalten.

Von über 100 Euro auf unter 1 Euro und wieder hoch auf knapp 50 Euro

Langfristig betrachtet gehört der Wert zu den volatilsten am deutschen Aktienmarkt: Nach dem Börsengang vor der Jahrtausendwende war die Aktie, damals im Neuen Markt gelistet, Anfang 1999 auf über 100 Euro gestiegen. Dann kam es zu einer scharfen Korrektur, die durch die Marktentwicklung verstärkt wurde – die TMT-Rally (Technologie, Medien, Telekommunikation) jener Tage implodierte und die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA verschlechterten das Sentiment dramatisch. Nach dem Absturz bis auf unter 1 Euro im Jahr 2002 wurde erst 2011 ein Zwischenhoch von knapp 25 Euro und dann Ende 2021 ein zyklisches Hoch von 48,60 Euro erreicht.

Warburg Pincus greift nach PSI Software

Technologie-Investor zahlt mehr als 700 Mill. Euro für das auf die Energiebranche spezialisierte Softwarehaus

md/Reuters Frankfurt/Berlin