Weinbranche

Wein- und Sektkonsum sinken auf Langzeittiefs

Der Konsum an Wein, vor allem aber an Sekt geht in Deutschland zurück. Im Weinwirtschaftsjahr 2021/22 (31. Juli) sank der Pro-Kopf-Verbrauch beider Getränkesorten auf langjährige Tiefs. Der Weinhändler Hawesko bezeichnet entalkoholisierte Weine als größtes Wachstumsfeld.

Wein- und Sektkonsum sinken auf Langzeittiefs

Weinkonsum sinkt auf tiefsten Stand seit 2003

Sektverbrauch im Abwärtstrend – Wachstum durch alkoholfreie Getränke – Verhaltener Ausblick des Weinhändlers Hawesko

md Frankfurt
Von Martin Dunzendorfer, Frankfurt

Der Pro-Kopf-Verbrauch an Wein ist in Deutschland im Wirtschaftsjahr 2021/22 (31. Juli) unter 20 Liter gesunken. Letztmalig war diese Marke 2004/05 unterschritten worden, wie aus Daten des Deutschen Weininstituts (DWI) hervorgeht. Zuletzt war 2002/03 weniger konsumiert worden als im vergangenen Weinwirtschaftsjahr. Von einem Abwärtstrend kann aber noch nicht gesprochen werden, da sich der Inlandsverbrauch seit vielen Jahren in der engen Spanne von 20 bis 21 Litern bewegte.

Im vergangenen Jahr seien hierzulande, über alle Einkaufsstätten gesehen, 10% weniger Wein eingekauft worden, was zu einem Umsatzrückgang von 6,5% geführt habe, teilte das DWI auf Basis einer Weinmarktanalyse, mit der NielsenIQ beauftragt worden war, jüngst mit. „Aufgrund der Kaufkraftverluste durch die gestiegenen Lebenshaltungskosten haben sich die Haushaltseinkäufe stark auf die unbedingt notwendigen Produkte konzentriert. Dadurch haben weniger Haushalte Wein eingekauft und dabei zudem auch stärker auf den Preis geachtet“, erläuterte DWI-Geschäftsführerin Monika Reule die Weinmarkt­entwicklung 2022.

Von der höheren Preissensibilität der Konsumenten haben insbesondere die preisgünstigeren Weine aus dem Ausland profitiert. Während der Durchschnittspreis eines internationalen Weins in Deutschland 3,64 Euro je Liter betrage, liege er bei heimischen Anbietern bei 4,18 Euro je Liter. Deutsche Winzer mussten den Angaben zufolge im abgelaufenen Jahr einen Mengenverlust von 14% und einen Erlösrückgang von 8% verkraften – das ist etwa doppelt so viel wie bei ausländischen Adressen. Infolgedessen sei der Marktanteil deutscher Weine an den eingekauften Mengen um einen Prozentpunkt auf 44% gesunken.

Die historischen Daten des DWI zeigen, dass es keinen durch die Corona-Pandemie hervorgerufenen Absatzboom gab. „Corona“ hatte nach Aussage eines DWI-Sprechers aber eine erhebliche Wirkung auf die Verteilung der Absatzkanäle: Der Umsatzanteil der übers Internet bestellten Weine stieg demnach von 3 bis 4% in den Vor-Corona-Jahren auf 13%. Wie der Sprecher sagte, habe der Pro-Kopf-Konsum in den Jahren der Pandemie nicht zugenommen, weil die Verbraucher zwar mehr Wein für den Genuss zu Hause kauften, aber durch die anhaltenden Zwangsschließungen in der Gastronomie in diesem Absatzkanal deutlich weniger Umsatz gemacht wurde.

Ein Problem für die Wein- und vor allem die Sektbranche ist die „Generation Z“ – also junge Menschen, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden. Diese Bevölkerungskohorte trinkt insgesamt deutlich weniger Alkohol als frühere Generationen, was sich in den künftigen Verbrauchszahlen noch deutlich stärker bemerkbar machen dürfte. Ein Nachteil für Sekt (Schaumwein) im Vergleich zu Perlwein ist zudem, dass pro 0,75-Liter-Flasche Sekt eine Steuer von 1,02 Euro gezahlt werden muss; auf Perlwein (z. B. Prosecco) aber nicht. Auch das führte dazu, dass der Sektverbrauch pro Kopf seit 2011/12 um ein Fünftel von 4,0 Litern auf zuletzt 3,2 Liter zurückging.

Marktanteil von 1 Prozent

Ein klarer Trend ist der zu entalkoholisierten Weinen, auch wenn der Anteil am gesamtdeutschen Konsum nach Schätzung des DWI noch unter 1% liegt. Der Absatzzuwachs bei entalkoholisierten Weinen im Lebensmittel-Einzelhandel habe sich 2022 auf etwa 18% belaufen. Der Marktanteil alkoholfreier Sekte dürfte im Vorjahr bei 7 bis 8% an den hierzulande insgesamt konsumierten Schaumweinen gelegen haben und der Umsatz bei 91 Mill. Euro. Thorsten Hermelink, Vorstandschef der Weinhandelsgruppe Hawesko, bestätigte den Trend vorige Woche auf der Bilanzpressekonferenz: „Alkoholfreie Weine sind unser größtes Wachstumsfeld.“ Allerdings werde der Marktanteil nicht sprunghaft steigen. Hermelink erinnerte an das Angebot alkoholfreier Biere – „da hat es auch lange gedauert, bis es sich durchgesetzt hat“.

Hawesko
Konzernzahlen nach IFRS in Mill. Euro20222021
Umsatz671,5680,5
Rohertrag293,7300,6
Ebitda61,875,2
Betriebsergebnis (Ebit)39,153,1
Ebit-Marge (%)5,87,8
Vorsteuerergebnis39,348,3
Nettogewinn25,633,6
Gewinn je Aktie (Euro)2,853,74
Dividende je Aktie (Euro)1,901,90*
Operativer Cashflow36,849,0
Freier Cashflow**16,637,3
Flüssige Mittel30,552,7
*) plus 0,60 Euro Sonderdividende
**) vor Akquisitionen
Die Weinhandelsgruppe Hawesko hat 2022 an Umsatz, vor allem aber an Ergebnis eingebüßt.

Der Ausblick von Hawesko auf 2023 fällt verhalten aus: Der Vorstand rechnet mit einer Umsatzentwicklung von minus 3% bis plus 2% nach 671,5 Mill. Euro (minus 1,3%) im Vorjahr und einem operativen Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 37 bis 42 Mill. Euro nach 39,1 Mill. Euro (minus 26,4%). Das erste Quartal habe die Erwartungen an das Gesamtjahr bestätigt. Gemäß CEO Hermelink wird derzeit an konkreten M&A-Projekten gearbeitet.