Wenige Großpleiten im zweiten Lockdown
ab Düsseldorf
Der zweite Lockdown hat deutlich geringere Auswirkungen auf die Zahl der großen Firmenpleiten als der Shutdown im Frühjahr 2020. Das geht aus dem Insolvenzreport der Sanierungsberatung Falkensteg hervor. Zwar habe die Zahl der Großinsolvenzen, also Firmen mit einem Umsatz von 20 Mill. Euro und mehr, mit 36 Unternehmen im vierten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorquartal zugelegt, im Vergleich zum vierten Quartal 2019 war jedoch ein Rückgang zu verzeichnen.
Noch eindrücklicher ist die Entwicklung, führt man sich vor Augen, dass im zweiten Quartal des Vorjahres 61 Großunternehmen den Gang zum Amtsgericht antraten, darunter 20 Firmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 Mill. Euro. Im vierten Quartal habe sich die Zahl der Insolvenzen in dieser Umsatzklasse dagegen auf fünf verringert, darunter der Kranbauer Tadano Faun, der Einzelhändler Tally Weijl und die Joh. Friedrich Behrens AG. „Die Antragszahlen gehen bei kleinen wie auch bei großen Unternehmen zurück, obwohl wir die schwerste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten erleben. Das ist ein Insolvenz-Paradoxon“, sagte Johannes von Neumann-Cosel, Falkensteg-Partner und Studienautor.
Gleichwohl fällt die Bilanz für das erste Pandemiejahr ernüchternd aus. Während die Insolvenzzahl über alle Umsatzgrößen um 14% zurückging, zeigte der Trend bei Großinsolvenzen nach oben. Gezählt wurden 175 Großpleiten, ein Zuwachs um 43 %. Das spiegelt sich in den betroffenen Arbeitsplätzen. Deren Zahl stieg auf 332 000 Stellen nach 218 000 im Vorjahr. Zu berücksichtigen sei dabei aber auch, dass die Zahl der Großinsolvenzen bereits seit Herbst 2019 anstieg.
Nach Einschätzung von Falkensteg haben die staatlichen Hilfsmaßnahmen zur Entspannung der Situation wesentlich beigetragen. Laut Internationalem Währungsfonds wäre ohne die staatlichen Stützungsmaßnahmen hierzulande jedes neunte Unternehmen pleitegegangen. Nach den Angaben stellten Unternehmen zwischen März und Dezember Anträge auf Kredite, Bürgschaften, Kurzarbeitergeld und Zuschüsse von in Summe 118 Mrd. Euro, davon wurden bis Ende Januar gut 101 Mrd. Euro ausgezahlt. Es spreche vieles dafür, dass die Zahl der Insolvenzen 2021 steigen werde. Die Rekordwerte der Jahre 2003 und 2004, als jeweils 39 000 Unternehmensinsolvenzen gezählt wurden, dürften nach Einschätzung der Sanierungsberater jedoch Geschichte bleiben. Viele Unternehmen setzten auf die Strategie Abwarten, da sie dank der vorausgegangenen Boomjahre Reserven bilden konnten, die nun zur Finanzierung der Verluste dienten.
„Viele Unternehmen warteten auf das Ende des Lockdown, um die Entscheidung über einen Antrag zu treffen. „Die Finanzverantwortlichen sollten jedoch die Liquidität für den Wiederanlauf im Blick halten“, empfiehlt der Sanierungsexperte. Die Unternehmen müssten jetzt Liquidität aufbauen, um die Zukunft zu finanzieren. Im Einzelhandel, dem automobilnahen Bereich und der Touristik sei das die Herausforderung. Bundeskredite hülfen an dieser Stelle nicht weiter. „Es muss ein liquiditätsorientiertes Aufbauprogramm geschaffen werden“, fordert Neumann-Cosel und liefert mit den Stichworten steuerliche Erleichterungen und Verlustverrechnung auch gleich einen Lösungsansatz.