Weniger Berichtspflichten in Sicht
Weniger Berichtspflichten in Sicht
Reduzierung nachhaltiger Berichtspflichten rückt näher
EU-Ausschuss stimmt für Vereinfachung des nicht-finanziellen Reportings – Schlussverhandlungen für „Omnibus I“ starten
fed Brüssel
Der erste Omnibus nimmt Fahrt auf: Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments hat sich auf eine gemeinsame Position zur Änderung von nachhaltigen Berichtsanforderungen und Sorgfaltspflichten in der Lieferkette verständigt. Damit kommt der „Omnibus I“, also das Gesetzesverfahren, mit dem die EU-Kommission vor allem Mittelständler entlasten möchte, einen großen Schritt voran. Denn da die Entscheidung im Ausschuss deutlich ausfiel (17 Ja gegenüber 6 Nein bei 2 Enthaltungen), gilt die Bestätigung nächste Woche im Plenum des EU-Parlaments als quasi sicher. Dann können die Schlussverhandlungen mit dem Rat beginnen, der sich bereits auf eine Haltung geeinigt hat. In anderen Worten: Ein Abschluss des Gesetzesverfahrens noch 2025 ist nicht völlig ausgeschlossen.
Umfangreiche Ausnahmen
Mit dem „Omnibus I“ soll ein Großteil der Firmen, die umfassend über ihre nicht-finanziellen Kennziffern (zum Beispiel Schadstoffausstoß) berichten und ihre Lieferkette systematisch unter ESG-Kriterien durchleuchten müssen, vom Geltungsbereich dieser EU-Vorgaben ausgenommen werden. Denn die Schwellenwerte in den Regelwerken, die im Brüsseler Kauderwelsch CSRD und CSDDD heißen, sollen spürbar angehoben werden.
Nach dem Willen des EU-Parlaments sollen künftig nur noch Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als 450 Mill. Euro die EU-Vorgaben für die Nachhaltigkeitsberichterstattung erfüllen müssen. Im Falle des EU-Lieferkettengesetzes ist eine noch höhere Schwelle von 5000 Beschäftigten und 1,5 Mrd. Euro Umsatz vorgesehen. Und selbst diese großen Konzerne sollen entlastet werden, indem sie nicht mehr anlassfrei Lieferketten analysieren müssen, sondern nach einem risikobasierten Ansatz nur dann, wenn es die Vermutung gibt, dass nachteilige Folgen für Umwelt oder Menschenrechte vorliegen. Auf Ebene der EU sollen sie keiner zivilrechtlichen Haftung unterworfen werden.
CDU lobt „wichtiges Signal“
Die Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Angelika Niebler, lobte das Ergebnis des Votums im Rechtsausschuss als „ein wichtiges Signal für wirtschaftliche Vernunft“. Damit würden Unternehmen spürbar von bürokratischem Aufwand entlastet und „Ökologie und Ökonomie wieder in ein ausgewogenes Verhältnis” gebracht. Zurückhaltender argumentierten die Sozialdemokraten, die dem Kompromiss zwar ebenfalls zugestimmt hatten, das aber nur mit dem Hinweis begründeten, wichtige Korrekturen durchsetzen zu können. „Da wir keine Unsicherheit für diejenigen Unternehmen schaffen wollten, die bereits hart daran arbeiten, die EU-Vorschriften einzuhalten, indem wir die Verhandlungen blockieren, haben wir uns entschlossen, verantwortungsbewusst zu handeln“, rechtfertigte die sozialdemokratische Abgeordnete Catarina Mendes die Zustimmung.
Banken warnen vor Diskrepanz
Für die deutsche Kreditwirtschaft begrüßte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Heiner Herkenhoff, den Brüsseler Zwischenschritt auf dem Weg zu Änderungen an den EU-Regeln. Allerdings verband er dieses Lob mit der Forderung, das Tempo im Trilog hochzuhalten. Auch dürften die Banken nicht unberücksichtigt bleiben. Seit längerem gibt es eine Debatte darüber, dass die Kreditinstitute in ihrer Sandwich-Position zwischen ambitionierten Anforderungen der Bankenaufsicht einerseits und reduzierten Berichtspflichten der Unternehmens-Kreditkunden andererseits in die Bredouille geraten könnten. Auch Herkenhoff verwies mahnend auf „die Diskrepanz zwischen der Verfügbarkeit belastbarer ESG-Daten und den Datenbedarfen der Banken und Sparkassen, um rechtliche und aufsichtliche Pflichten erfüllen zu können.“ Er appellierte, entsprechend auch aufsichtliche Vorgaben, etwa im Rahmen von Basel, zurückzuschrauben.
Mittelstandsverband zufrieden
Voll des Lobes zeigte sich der Mittelstandsverbund, der sich selbst als Interessensvertreter von 230.000 Firmen versteht. Der Brüsseler Ausschuss-Kompromiss zeuge „von dem Willen der Abgeordneten, Unternehmen endlich spürbar zu entlasten.“ Die neuen Schwellenwerte schafften „dringend benötigte Freiräume“.
Aktivisten äußern sich gallig
Erwartungsgemäß enttäuscht zeigten sich Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten. Die Nichtregierungsorganisation Global Witness spricht von einem „schwarzen Tag für Europa.“ Die EU-Abgeordneten hätten Großunternehmen einen Freifahrtschein ausgestellt. „Der neue Vorschlag ist wie der Bau eines Damms aus Papier – er sieht nach einer Maßnahme aus, wird aber nichts aufhalten.“