Stahlindustrie

Wertkorrektur drückt Thyssenkrupp in rote Zahlen

Diesmal sind es Wertkorrekturen, die Thyssenkrupp rote Zahlen im Quartal bescherten. Dennoch strotzt der Traditionskonzern vor Optimismus.

Wertkorrektur drückt Thyssenkrupp in rote Zahlen

Impairments brocken Thyssenkrupp Verlust ein

Hohe Energiekosten belasten die Stahlsparte – Energiepartnerschaften – Cashflow-Prognose leicht erhöht

ab Düsseldorf

Thyssenkrupp ist im zweiten Quartal in die roten Zahlen gerutscht. Ursache dafür waren Impairments auf das Stahlgeschäft infolge der Zinswende und des damit gestiegenen Kapitalkostensatzes, wie der Traditionskonzern bei der Vorlage des Zwischenberichts erläuterte. Gleichwohl hält Thyssenkrupp an der Zielsetzung fest, im Gesamtjahr ein mindestens ausgeglichenes Ergebnis unter dem Strich zu erwirtschaften.

Etwas zuversichtlicher ist der Konzern mit Blick auf die Cashflow-Prognose. Im Gesamtjahr wird nun vor M&A ein „leicht positiver“ Mittelzufluss angestrebt. Bislang sollte zumindest ein weiterer Mittelabfluss verhindert werden. Allerdings flossen im zweiten Quartal abermals 216 Mill. Euro ab.

Die Ende Mai scheidende Vorstandschefin Martina Merz ließ es sich nicht nehmen, bei der Präsentation der Quartalszahlen – eine Aufgabe, die normalerweise Finanzchef Klaus Keysberg allein wahrnimmt – dabei zu sein. Ihr in zeitlicher Hinsicht überraschender Abgang sei keineswegs dahingehend zu interpretieren, dass sie nicht an die Chancen des Unternehmens glaube, stellte Merz klar. Das Unternehmen sei ihr „sehr ans Herz gewachsen“. „Ich gehe in den Fanclub von Thyssenkrupp“, sagte die 60-Jährige, die ihren Abgang mit ihrer persönlichen Lebensplanung begründete.

Widerstandsfähigkeit

„Thyssenkrupp hat ein robustes zweites Quartal hingelegt. Die Ergebnisse zeigen, dass wir inzwischen sehr viel stärker und widerstandsfähiger aufgestellt sind“, sagte Merz. Der Wechsel an der Vorstandsspitze werde das Unternehmen „in dieser Phase nicht bremsen“, betonte die Managerin. Die strategischen Initiativen würden konsequent weiterverfolgt.

Im Fokus steht dabei die Stahlsparte, die bekanntermaßen verselbständigt werden soll. Mit der Auftragsvergabe für die erste wasserstofffähige Direktreduktionsanlage sei im März der Einstieg in die grüne Transformation auf den Weg gebracht worden. Als weitere Voraussetzung für die eigenständige Aufstellung würden „mögliche sektoren- und länderübergreifende Partnerschaften“ geprüft, so Merz. Denkbar seien beispielsweise Energiepartnerschaften, um dem Stahlgeschäft sicheren Zugang zu wettbewerbsfähigen Energiekosten zu verschaffen. „Hier haben wir vielversprechende Gespräche mit möglichen Partnern aufgenommen.“

Da die Energiekosten, allen voran von Wasserstoff, in der grünen Stahlwelt den größten Kostenblock darstellten, seien entsprechende Partnerschaften eine „unternehmerisch verantwortungsbewusste Maßnahme“, begründete Merz. Mit wem Gespräche geführt werden, verriet die Thyssen-Chefin nicht. Das war aber auch nicht nötig. Denn RWE verkündete beinahe zeitgleich, sich mit mehreren potenziellen Partnern in Gesprächen über Wasserstoffprojekte zu befinden. Darunter sei auch Thyssenkrupp. Dabei gehe es aber um reine Lieferpartnerschaften und nicht um eine Beteiligung am Stahlgeschäft, stellte RWE-Finanzchef Michael Müller klar.

Mit dem Zahlenwerk ließ sich der betonte Optimismus jedoch nicht belegen, wenngleich die Normalisierung der Stahlpreise, die insbesondere den Margen im Werkstoffhandel (Material Science) zusetzten, keineswegs überraschend kam. Während sich der Margenverfall im Werkstoffhandel aufgrund der Normalisierung der Stahlpreise im Berichtsquartal fortsetzte – die bereinigte operative Umsatzrendite schnurrte auf 2,2 (i.V. 7,6)% zusammen –, machten im Stahlgeschäft vor allem die hohen Rohstoff- und Energiekosten zu schaffen. Letztlich drehte das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern von Steel Europe mit 14 Mill. Euro in negatives Terrain. Im Vorjahr war noch ein operativer Gewinn von 479 Mill. Euro eingefahren worden. Die Kostenbasis habe sich seit Ende des Quartals aber deutlich verbessert, sagte Keysberg.

Hedge-Accounting ade

In der bereinigten Zahl sind die Wertkorrekturen ebenso wenig enthalten wie die Effekte aus der Aufgabe des Hedge-Accountings für CO2-Termingeschäfte. Zwar hat Thyssenkrupp die Bilanzierung dahingehend umgestellt, dass die Marktwertschwankungen nun durch die Gewinn-und-Verlust-Rechnung gezogen werden. Allerdings werden sie mit Beginn des zweiten Quartals als Sondereffekte ausgewiesen. Im zweiten Quartal konnten in diesem Zusammenhang Erträge von 33 Mill. Euro verbucht werden. Dem gegenüber standen Wertkorrekturen von 346 Mill. Euro.

Wertberichtigungen haben Thyssenkrupp im zweiten Quartal einen Verlust beschert. Hinzu kommen hohe Rohstoff- und Energiepreise, die das operative Ergebnis belasten und in der Stahlsparte rote Zahlen versursachten. Die scheidende Vorstandschefin spricht dennoch optimistisch über die Zukunft von Thyssenkrupp.

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