Wiener Gebrauchtgeräte-Händler Refurbed holt 50 Millionen Euro
Wiener Gebrauchtgeräte-Händler Refurbed holt 50 Millionen Euro
Secondhand-Elektronik aus Wien kommt an
Online-Marktplatz Refurbed sammelt 50 Mill. Euro – Markt wächst und ist umkämpft
kro Frankfurt
Im Rennen um den Markt für gebrauchte und wiederaufbereitete Elektronik erhält das österreichische Startup Refurbed neuen Schub: Das 2017 gegründete Unternehmen, das hierzulande mit Anbietern wie Rebuy aus Berlin oder Janado aus Düsseldorf konkurriert, hat in einer Finanzierungsrunde 50 Mill. Euro eingesammelt. Mit den Mitteln soll die Expansion in neue Märkte und neue Produktkategorien vorangetrieben werden, teilte Refurbed am Mittwoch mit. Zur erzielten Unternehmensbewertung machte die Firma keine Angaben.
Der Handel mit gebrauchten und wiederaufbereiteten Elektronikartikeln wie Smartphones, Computern oder Kopfhörern boomt schon seit Jahren. Denn Secondhand schont die Umwelt und den Geldbeutel – mit Blick auf die steigenden Lebenshaltungskosten rechnen Marktbeobachter daher auch in Zukunft mit Wachstum. Experten bei Global Market Insights gehen etwa davon aus, dass die Branche in Europa 2034 einen Umsatz von 93 Mrd. Dollar erzielen könnte. 2024 seien es 61 Mrd. Dollar gewesen.
Deutschland ist wichtigster Markt
Zuletzt war das Momentum bei Refurbed klar zu spüren: Den Angaben zufolge stieg der Umsatz bislang im Vergleich zum Vorjahr um 40%. Seit März sei man profitabel, wozu auch ein im Februar angekündigter Stellenabbau von rund 20% der Belegschaft beigetragen hat. Im Gesamtjahr wollen die Wiener beim Außenumsatz mit nun 250 Mitarbeitenden die Milliardenmarke knacken. Dabei setzen sie vornehmlich auf Deutschland, den wichtigsten Wachstumstreiber für Refurbed. Insgesamt ist das Startup derzeit in 11 EU-Ländern aktiv und will sich als nächstes Großbritannien vornehmen.
Mit den Plänen haben die Wiener in der jüngsten Finanzierungsrunde zwei neue Investoren überzeugt. Als Hauptgeldgeber ist Alex Zubillaga eingestiegen, ein US-Startup-Investor, der zu den frühen Geldgebern von Spotify zählt. Erstmals beteiligt hat sich zudem die Investmentfirma Orilla, ein Family Office der spanischen Unternehmerfamilie Riberas, die Eigentümerin des spanischen Autozulieferers Gestamp ist. Laut Refurbed steckt das Familienvermögen der Riberas auch im litauischen Online-Flohmarkt Vinted, der ebenfalls seit einigen Jahren vom Secondhand-Boom profitiert. Bestehende Refurbed-Anteilseigner, darunter die Wiener Wagniskapitalgesellschaft Speedinvest und der französische Startup-Investor C4 Ventures haben sich ebenfalls an der neuen Runde beteiligt.
Die Expansion in neue Märkte und Produktkategorien dürfte für Refurbed trotz des Secondhand-Booms kein Selbstläufer werden. Denn im Zuge dessen gibt es immer mehr Anbieter, von denen viele dieselbe Strategie fahren. Als Schwergewicht unter Europas Elektronik-Recommerce-Startups gilt das französische Unternehmen Back Market, das 2014 gegründet wurde und acht Jahre später mit 5,7 Mrd. Dollar bewertet wurde. 2023 lag der Umsatz der Franzosen bei 320 Mill. Euro. Aus Finnland mischt seit 2016 der Gebrauchtelektronik-Händler Swappie mit.
Zu den deutschen Playern zählen Rebuy aus Berlin und Janado aus Düsseldorf. Rebuy kam 2024 auf einen Umsatz von 222 Mill. Euro und rechnet für das laufende Jahr mit einem hoch einstelligen bis niedrig zweistelligen Wachstum.
Österreichs VC-Szene kämpft
Als wär das nicht genug, haben neben den Startups auch traditionelle E-Commerce-Riesen und Einzelhändler wie Media Markt und Saturn oder Amazon und Ebay das Geschäft mit gebrauchter Elektronik längst für sich entdeckt. Bei Amazon nennt sich die Plattform für generalüberholte Produkte beispielsweise „Renewed“, bei MediaMarkt „Refurbished“. Die anfangs rein auf Bekleidung spezialisierte Secondhand-Plattform Vinted aus Litauen, die vor einem Jahr mit 5 Mrd. Euro bewertet wurde, ist mittlerweile auch ins Elektronik-Segment eingestiegen.
Am Startup-Standort Österreich dürfte man sich trotzdem über den Refurbed-Deal freuen. Denn Jungfirmen tun sich in dem Land seit einiger Zeit ziemlich schwer mit der Kapitalsuche. Nachdem die Investitionen in österreichische Startups den vergangenen beiden Jahren teils stark gesunken sind, beliefen sie sich im ersten Halbjahr 2025 laut EY noch auf 110 Mill. Euro. Das entspricht einem Rückgang von 64% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das Land hat sich damit deutlich schlechter entwickelt als der Rest Europas.