Wachstum der Photovoltaik belastet die Stromnetze immer stärker
Wachstum der Photovoltaik belastet die Stromnetze immer stärker
Wachstum der Photovoltaik belastet die Stromnetze immer stärker
Investmentberater CAV: Kleine PV-Parks für viele Investoren uninteressant – Italien bietet großen Spielraum für Kapitalanlagen in Solar
md Verona/Mailand
Der Ausbau der Photovoltaikleistung in Deutschland ist so stark, dass die Netze das kaum noch verkraften können. Im vergangenen Jahr wurden 16 Gigawatt an neuer PV-Leistung installiert, berichtete Thomas Hartauer, Gründer und Vorstandschef von CAV Partners – ein Spezialist für Kapitalanlagen in Windenergie, Photovoltaik und Speicherprojekte. Insgesamt liege die Kapazität der PV-Anlagen hierzulande über 100 GW. Über 10% des Stromverbrauchs stammten inzwischen aus Sonnenenergie. „Doch unkontrollierte Einspeisung – besonders durch kleine Anlagen – belastet das Stromnetz, vor allem an sonnigen Tagen mit geringem Verbrauch“, so Hartauer vor Medienvertretern. Als Folge nähmen Netzabschaltungen (Redispatch-Maßnahmen) und Stromexporte stark zu. Zudem gerate die Netzfrequenzstabilität unter Druck. Der Bankbetriebswirt weist noch auf eine andere Besonderheit hin: „An sonnigen Tagen sind die Börsenstrompreise regelmäßig negativ.“
Negative Börsenstrompreise
Negative Börsenstrompreise ergeben sich, wenn mehr Strom erzeugt als verbraucht wird. Dies wird hauptsächlich durch hohe Einspeisung von erneuerbaren Energien (Sonne und Wind) ins Netz bei gleichzeitig niedriger Nachfrage verursacht. In dieser Situation müssen Stromerzeuger sogar dafür bezahlen, dass ihr Strom abgenommen wird, anstatt dadurch Einnahmen zu erzielen. Typische Phasen sind Feiertage wie Ostern und Pfingsten, an denen der industrielle Bedarf sehr gering, die Stromerzeugung durch Wind und/oder Sonne aber zuweilen hoch ist.

Foto: CAV Partners
Solarspitzengesetz soll Entlastung bringen
Nun soll das Solarspitzengesetz – ein Teil der im Februar in Kraft getretenen Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) – die Netzstabilität bei hoher Solarstromproduktion sichern und Überlastungen durch Einspeisespitzen verhindern. Danach wird dem Netzausbau Priorität eingeräumt und es gibt neue Anschlussregeln. Variable Netzentgelte sollen netzdienliches Verhalten – z.B. Laden von Elektroautos in Zeiten schwacher Stromnachfrage – fördern. Die Einspeisung wird auf 60% (ohne Direktvermarktung) begrenzt, und bei negativen Strompreisen gibt es keine Einspeisevergütung mehr, was den Eigenverbrauch und den Einsatz von Batteriespeichern attraktiver machen soll.
Entwicklung und Ausbau von Batteriespeichern kommen nur schleppend voran
Die Fortschritte in der Entwicklung und dem Ausbau von Batteriespeichern lassen allerdings noch zu wünschen übrig, etwa in der langfristigen Speicherung über mehrere Monate sowie der Lebensdauer. Diese ist in aller Regel deutlich kürzer als die der PV-Anlage selbst, was mehrere Austauschvorgänge über die Lebensdauer eines Solarparks – rund 30 bis 40 Jahre – erforderlich macht. Hartauer machte deutlich, dass das ein großes Manko ist, da ein Batteriespeicher überschüssigen Solarstrom in Zeiten aufnimmt, in denen mehr Strom produziert als gebraucht wird. Diese Energie könnte dann bei Dunkelheit oder geringer Sonneneinstrahlung oder gar bei Dunkelflaute – also zusätzlich auch noch Windstille, was die Stromerzeugung durch Windkraftwerke ebenfalls gegen null laufen lässt – genutzt werden.
Die mangelnden Fortschritte in der Entwicklung und der Anwendung kleinerer Batterien sind umso ärgerlicher, weil sie als Speichermedium die einzige Option seien, denn grundsätzlich seien in Deutschland größere Speichereinheiten – etwa Stauseen – nicht gewollt, sagte Hartauer.

Hartauer und Andreas Roth, Mitgründer und Vorstandsmitglied von CAV (Clean, Asset & Value), weisen noch auf eine andere Fehlentwicklung in Deutschland hin: Institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen sowie Family Offices sowie vermögende Privatanleger seien meist nur an größeren Projekten mit einem Volumen von mindestens 20 Mill. Euro oder besser 50 Mill. Euro interessiert. Dabei sei das Ziel der Förderung von Solarparks durch den Gesetzgeber gewesen, nicht möglichst große, sondern viele, relativ kleine PV-Anlagen entstehen zu lassen. Roth wies darauf hin, dass CAV mehrere, hohe Renditen versprechende Projekte nicht realisieren konnte, weil sich keine Investoren fanden, die sich an verhältnismäßig kleinen PV-Anlagen mit einem Gesamtvolumen bis zu 5 Mill. Euro beteiligen wollten, weil ihnen dafür der Aufwand (Due Diligence usw.) zu groß erschien.

Foto: CAV Partners
Bis zu 40 Prozent höhere Einstrahlungswerte als in Deutschland
Europaweit habe CAV über 350 Wind- und Solarprojekte betreut. Neben Deutschland ist Italien ein Schwerpunktland. Dort gebe es etwa 30 bis 40% höhere Einstrahlungswerte als in Deutschland. „Das sind nahezu ideale Bedingungen für Solarprojekte“, sagte Roth. Allerdings sei nicht jede Region für neue Solarparks geeignet. „Sizilien ist vollgebaut mit PV-Anlagen, aber es gibt dort eine zu geringe Stromnachfrage und zu geringe freie Kapazitäten in den Hochspannungsleitungen ans Festland“, so Roth. Die Projekte von CAV befänden sich daher in Norditalien und Apulien. Anders als in Deutschland kenne man in Italien bislang keine negativen Börsenstrompreise; dies dürfte nach Ansicht von CAV auch in den nächsten Jahren so bleiben.

Während in Deutschland der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch bis 2030 auf 80% steigen soll, hat sich Italien für das gleiche Jahr 60 bis 70% zum Ziel gesetzt. In Deutschland liegt der Fokus auf Wind und Photovoltaik, in Italien auf Photovoltaik und Wasserkraft. Um die EU-weiten Vorgaben – z.B. Klimaneutralität bis 2050 – einzuhalten, kann mit einem starken Zubau von PV-Anlagen gerechnet werden, prognostiziert CAV. In den vergangenen Jahren war die Summe der neu installierten PV-Leistung in Deutschland etwa dreimal so hoch wie in Italien. Das lasse großen Spielraum für weitere Investitionen mit hohen Stromerlösen. Derzeit beschleunigten Förderprogramme und das Dekret zur Vereinfachung von Genehmigungsverfahren diese Entwicklung.