IM INTERVIEW: MANFRED BENDER

"Wir haben viele Jahre Entwicklungsvorsprung"

Der Pfeiffer-Vacuum-Chef über die Integration von Adixen, die Abhängigkeit vom Halbleitermarkt und den Standort in China

"Wir haben viele Jahre Entwicklungsvorsprung"

Pfeifer Vacuum hat gegenüber chinesischen Vakuumpumpenherstellern einen Vorsprung von vielen Jahren. An eine Produktion in der Volksrepublik denkt der hessische Maschinenbauer nicht. – Herr Bender, wie läuft die Integration der im vergangenen Jahr von Alcatel-Lucent erworbenen Adixen?Mit dem Integrationsprozess sind wir gut anderthalb Jahre nach dem Kauf absolut zufrieden. Alles verläuft plangemäß. Wir haben die Vertriebstöchter weltweit verschmolzen und treten bereits überall einheitlich im Vertrieb als Pfeiffer Vacuum auf. Jetzt sind wir schon beim Feintuning der Integration. Wir machen ein internes Benchmarking, um Verbesserungspotenzial intern aufzudecken. Die Vertriebsmannschaften gehen nun mit einem kombinierten Produktportfolio an den Markt. Abwicklung und Service müssen noch standardisiert werden. Daran arbeiten wir derzeit.- Adixen ist gemessen am Umsatz größer als Pfeiffer selbst. Was ist die größte Herausforderung bei der Integration des französischen Unternehmens?Dass Adixen etwas größer ist als Pfeiffer Vacuum, spielt bei der Integration keine Rolle. Die große Herausforderung ist, dass zwei Unternehmen zusammengekommen sind, deren Strategie in der Vergangenheit nicht identisch war. Pfeiffer Vacuum ist ein Nischenanbieter im hochpreisigen High-End-Markt, Adixen war sehr stark auf Volumenwachstum ausgerichtet und war damit in stärker umkämpften Märkten tätig, etwa im Halbleitermarkt. Das zusammenzubringen auf einen Weg, der natürlich mehr der Pfeiffer-Weg ist als der frühere Adixen-Weg, ist die Herausforderung. Jeder am Adixen-Sitz in Annecy und weltweit muss diese Veränderung verstehen und auch mittragen.- Wie oft sind Sie am Firmensitz in Annecy präsent?Etwa ein-, zweimal im Monat. Ich nehme an Meetings teil und sehe mir auch die Dinge vor Ort an. Ich laufe auch durch die Fertigung und lasse mir Details erklären. In Annecy sind die Leute ja froh darüber, dass sich jemand aus dem Top-Management der Muttergesellschaft dafür interessiert, was sie tun.- Wieso?Als Adixen noch Teil des Telekommunikationskonzerns Alcatel-Lucent war, war diese Einheit nicht Teildes Kerngeschäfts. Fachlich sprechen die Leute bei Pfeiffer Vacuum und bei Adixen die gleiche Sprache. Der Fertigungsleiter zeigt uns natürlich gern, wo er Dinge verbessert, und das sehen wir uns natürlich an.- Adixen hat im Vergleich zu Pfeiffer eine niedrigere Ebit-Marge. Wie bringen Sie die Profitabilität voran?Wir gehen alle Prozesse durch, aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Wir diskutieren alles mit dem Président von Adixen in Frankreich und seinem Team.- Suchen Sie weiter nach Akquisitionszielen?Wir präparieren uns dafür, in der Lage zu sein, eine Akquisition tätigen zu können, wenn es wieder eine ähnliche Gelegenheit gäbe. Aber wir suchen nicht aktiv.- Wie viel Geld könnten Sie für Akquisitionen noch lockermachen?Wir sind anderthalb Jahre nach der Akquisition wieder netto schuldenfrei und haben eine Nettofinanzposition von 30 Mill. Euro. Wir haben eine absolut stabile Bilanz. Für Adixen haben wir 200 Mill. Euro bezahlt. Eine ähnlich große Akquisition könnten wir auch heute wieder stemmen. Ich glaube aber nicht, dass ein Zukauf in dieser Größenordnung aktuell realistisch ist. Da kämen wir auch leicht an kartellrechtliche Grenzen. Hinter der britischen Edwards sind wir weltweit die Nummer 2 im Markt für Vakuumpumpen.- Wann kommen für den Gesamtkonzern operative Gewinnmargen von über 20 %, wie man sie lange von Pfeiffer Vacuum gewohnt war, wieder in Reichweite?In die Größenordnung von 20 % Ebit-Marge wollen wir wieder im Jahr 2014 kommen.- Die im ersten Halbjahr erreichten Geschäftsergebnisse haben enttäuscht. Zur Halbzeit stand bei den Erlösen ein Minus von 15 % und beim Betriebsergebnis (Ebit) von 2 % zu Buche. Was tun Sie, um das Ruder herumzureißen?Ich will das Ruder gar nicht herumreißen, denn wir fahren schon in die richtige Richtung. Wir haben mit dem Solarmarkt einen Markt, der nicht stabil ist, und dazu den zyklischen Halbleitermarkt. Das erste Halbjahr 2011 war extrem gut gelaufen. Ich war von den Halbjahreszahlen 2012 nicht enttäuscht. Sie liegen absolut im Zielkorridor.- Wie läuft das Geschäft mit Kunden aus der Solarindustrie?Im Moment bewegt sich in dem Markt nichts. Er hat sich von Deutschland nach Asien wegbewegt. Und weder in Deutschland noch in Asien werden derzeit Kapazitäten aufgebaut. Ich sehe momentan überhaupt keine nennenswerten Solarprojekte. In Spitzenzeiten stand die Solarindustrie für 10 % unserer Erlöse.- Sehen Sie wenigstens Solaraufträge am Horizont?Nein.- Im Verbund mit Adixen sind Sie wieder besonders stark abhängig vom volatilen Halbleitermarkt, auf den rund ein Drittel der Erlöse entfällt. Was tun Sie, um diese hohe Abhängigkeit vom Halbleitermarkt wieder zu verringern?Die Halbleiterindustrie steht für 39 % unserer Erlöse. Wir verkaufen Pumpen an unsere Kunden in allen Marktsegmenten. Es ist nicht unser strategisches Ziel, die Abhängigkeit von der Halbleiterindustrie zu verringern.- Wie läuft das Geschäft bislang im dritten Quartal?Das dritte Quartal läuft bislang erwartungsgemäß. Wir liegen im Plan. Das dritte Quartal wird voraussichtlich nicht besser verlaufen als das zweite Quartal. Wir sehen eher gegen Ende des Jahres eine Verbesserung.- Bleibt es bei der Prognose fürs Gesamtjahr, dass die Erlöse zwischen 470 Mill. und 500 Mill. Euro landen und die Ebit-Marge bei etwa 15 % liegen soll?Ja, dabei bleibt es.- Denken Sie über eine Fertigung in China nach?Nein, aktuell nicht.- Wieso nicht?Es ist wichtiger für uns, dass wir uns fokussieren. Wir haben zwei Produktionsstandorte in Aßlar und Annecy sowie einen Standort in Korea. Wir haben in China aber schon in der Nähe von Schanghai eine Servicegesellschaft mit 140 Mitarbeitern. Über 100 davon sind Servicetechniker. Was die tun, unterscheidet sich nur geringfügig von der Fertigung, die wir in Aßlar oder Annecy haben.- Haben Sie nennenswerte Konkurrenten in China?Nein. Wir sind im High-End-Bereich tätig und haben gegenüber chinesischen Vakuumpumpenherstellern einen Entwicklungsvorsprung von vielen Jahren.—-Das Interview führte Daniel Schauber.