Marika Lulay

„Wir schauen uns aktiv nach Zukäufen um“

Der Softwarekonzern GFT Technologies wird derzeit von der Nachfrage überrollt. Die Jahresprognose wird zum zweiten Mal angehoben. Vorstandschefin Marika Lulay stellt eine höhere Dividende in Aussicht.

„Wir schauen uns aktiv nach Zukäufen um“

Von Heidi Rohde, Frankfurt

Der Softwarekonzern GFT Technologies wird derzeit von der Kundennachfrage förmlich überrollt. Die Pandemie habe nicht nur die Bereitschaft verstärkt, die Digitalisierung voranzutreiben, sondern „wir regi­strieren bei unseren Kunden auch eine ganz neue Umsetzungsdisziplin“, erklärt Vorstandschefin Marika Lulay im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Während die Projekt-Pipeline vom Jahresbeginn zuvor mit schöner Regelmäßigkeit einem ­Realitätscheck unterzogen werden musste, „weil Projekte dann noch nicht umgesetzt wurden, zeigen die Kunden nun eine neue Entschlossenheit.

Dies hat bei dem Stuttgarter Unternehmen dazu geführt, dass die Prognose im ersten Halbjahr schon zum zweiten Mal angehoben wurde. GFT geht nun von einem Umsatzschub um rund ein Viertel auf 550 Mill. Euro aus, während zuletzt 520 Mill. Euro avisiert wurden. Ursprünglich lag das Ziel bei 480 Mill. Euro. Das bereinigte operative Ergebnis (bereinigtes Ebit) soll mit +46% auf 62 Mill. Euro noch deutlich stärker zulegen. Bisher wurden 56 Mill. Euro erwartet. Vor Steuern will GFT das Ergebnis auf 36 Mill. Euro gegenüber Vorjahr mehr als verdreifachen. Lulay stellt den Aktionären daher auch eine höhere Dividende in Aussicht. „Wir schütten 20 bis 50% vom Nettoergebnis aus, meist gehen wir dabei ans obere Ende der Spanne“.

Dass der deutlich gestiegene Auftragseingang nicht nur in einen satten Umsatzanstieg mündet, sondern im Ergebnis noch deutlich stärker durchschlägt, begründete Lulay zum einen mit Skaleneffekten: „Gewisse Fixkosten bleiben eben gleich.“ Zum anderen wirken sich auch pandemiebedingte Ersparnisse aus. „Von den 6 Mill. Euro, die wir im Ergebnis gegenüber unserer ersten Prognoseanhebung nochmals drauflegen, stammen etwa 1,5 Mill. Euro aus gesparten Reisekosten“, schätzt die Unternehmenslenkerin. Allerdings sei dies in der Größenordnung wohl doch ein einmaliger Effekt. Lulay geht davon aus, dass GFT-Mitarbeiter ihre Kundenbesuche und damit das Reisen wieder aufnehmen. „Allerdings haben wir alle gelernt, wie gut auch Videokonferenzen funktionieren können.“ Deshalb werde das alte Vorkrisenniveau wohl nicht mehr erreicht.

Umbau geht voran

Auswirkungen der jüngsten Hackerattacken, die besonders IT-Dienstleister getroffen hatten, beobachtet das Unternehmen im operativen Geschäft nicht. GFT treibt den Abbau von Ungleichgewichten im Kundenportfolio weiter voran. „Von Klumpenrisiken, wie wir sie in Gestalt der Großkunden Barclays und Deutsche Bank hatten, kann heute nicht mehr die Rede sein“, betont Lulay. Die beiden Institute stehen heute noch für 16 bis 18% vom Umsatz. Dem Ziel, den Umsatz zu 60% auf Banken, 20% auf Versicherer und 20% auf Industriekunden zu verteilen, kommt GFT ebenfalls näher. „Bei den Versicherern wachsen wir weiter überproportional, so dass der Anteil am Gesamtumsatz weiter wachsen wird, und wir erwarten auch, dass wir das Umsatzziel für den Sektor im laufenden Jahr erreichen werden“, sagt die Managerin. Bei Industriekunden, die zuletzt auf einen Anteil von 10% kamen, dürfte es noch etwas dauern.

Die Vorstandschefin will den Kraftakt auch mit Hilfe von Übernahmen angehen. „Wir schauen uns aktiv nach Zukäufen um“, betont sie. Dabei gehe es „immer darum, Kompetenzen oder Marktanteile zu erwerben“. Meist setzt der Vorstand dabei auf kleinere Unternehmen, denen GFT aus dem Stand ein Sprungbrett ins internationale Geschäft verschaffen kann. „Akquisitionen im Bereich von 40 bis 50 Mill. Euro stellen überhaupt kein Problem für uns dar“, so Lulay.

Pulver trocken gehalten

Aber angesichts einer kaum noch nennenswerten Nettoverschuldung sei GFT auch für größere Transaktionen bilanziell gut gerüstet. „Wir haben unser Pulver trocken gehalten. Wenn alles passt, ist auch eine Übernahme in dreistelliger Millionenhöhe denkbar.“ Die gestiegenen Bewertungen für junge Technologieunternehmen machen der Vorstandschefin im Grundsatz keine Bauchschmerzen. „Im Einzelfall verwundern üppige Multiples für Unternehmen, die noch fast keinen Umsatz haben, allerdings schon.“