Gespräch Vorstände von Innoscripta

„Wir wollen uns das Vertrauen der Börse erarbeiten“

Der Umsatz des Münchner Softwareunternehmens Innoscripta steigt um 80%, der Gewinn sogar noch stärker. Das Wachstum spiegelt sich aber nicht im Aktienkurs wider: Er liegt unter dem Emissionspreis. Die Vorstände Sebastian Schwertlein und Alexander Meyer lassen sich trotzdem nicht von ihrer Strategie abbringen.

„Wir wollen uns das Vertrauen der Börse erarbeiten“

Im Gespräch: Sebastian Schwertlein und Alexander Meyer

„Wir wollen uns das Vertrauen der Börse erarbeiten“

Die Vorstände des Münchner Softwareunternehmens Innoscripta erklären den Kursverlust seit dem Börsengang im Mai und erläutern ihre Wachstumspläne

Von Joachim Herr, München

Der Umsatz von Innoscripta steigt um 80%, der Gewinn sogar noch stärker. Dieses Wachstum spiegelt sich aber nicht im Aktienkurs wider: Er liegt unter dem Emissionspreis. Die Vorstände Sebastian Schwertlein und Alexander Meyer lassen sich trotzdem nicht von ihrer Strategie abbringen.

Seit Mai dieses Jahres ist Innoscripta im Freiverkehr (Scale-Segment) der Frankfurter Börse notiert. Der Kurs des Münchner Softwareunternehmens hat seit der Veröffentlichung der Geschäftszahlen für die ersten neun Monate kräftig nachgegeben. Auf dem aktuellen Niveau von 88 Euro liegt er klar unter dem Emissionspreis von 120 Euro. Aus Sicht von Finanzvorstand und Co-Vorstandschef Alexander Meyer lässt sich das nicht mit den Geschäftszahlen erklären: „Von den Investoren bekommen wir das Feedback, dass sie zufrieden sind“, sagt er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Die Entwicklung entspreche den Erwartungen: Der Umsatz stieg von Januar bis September 2025 um gut 80% auf 70,7 Mill. Euro, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern sogar um 96%. Der Überschuss hat sich auf 27,9 Mill. Euro ebenfalls fast verdoppelt.

„Mit weiterhin guten Ergebnissen wollen wir uns das Vertrauen der Börse erarbeiten“, sagt Meyer. Dass es daran anscheinend mangelt, erklärt der Finanzchef mit der noch fehlenden Reputation des 2012 gegründeten Unternehmens. Eine sehr lange Erfolgsbilanz gibt es deshalb nicht – und bisher auch keinen Ausblick. 2026 will der Vorstand erstmals eine Prognose fürs Geschäftsjahr abgeben. „Wir sehen uns auf einer längeren Reise“, fügt der für die operative Steuerung verantwortliche Vorstand Sebastian Schwertlein hinzu.

Seit Beginn profitabel

Innoscripta hält sich zugute, seit Beginn aus eigener Kraft zu wachsen und profitabel zu sein. Bis zum Börsengang sei dies zudem ohne Finanzinvestoren gelungen. Mit der Software von Innoscripta können Unternehmen alle Schritte ihrer Forschung und Entwicklung (F&E) managen: etwa die Planung von Projekten sowie die interne Dokumentation, um damit auch regulatorische Anforderungen zu erfüllen.

Dabei geht es vor allem darum, den Einsatz von staatlichen Fördermitteln für F&E zu belegen. „Zum Teil müssen Unternehmen Geld zurückzahlen, weil sie Nachweise nicht erbringen können“, berichtet Schwertlein. Nach solchen misslichen Erfahrungen mit Betriebsprüfungen erkennten Unternehmen den Bedarf. „Soviel wir wissen, sind wir der einzige Anbieter mit einem softwarebasierten Ansatz“, sagt Schwertlein. Die noch dominierende Alternative sei das Eintragen in Excel-Tabellen. Der Vorteil der Lösung von Innoscripta: „Alles aus einem Guss in einem System, in dem alle Daten der verschiedenen Standorte eines Unternehmens zusammengebracht werden.“

Nur 16 Prozent im Streubesitz

Innoscripta beschäftigt inzwischen rund 400 Mitarbeiter und betreut nach eigenen Angaben etwa 2.100 Kunden in mehr als 20 Branchen. Ein Viertel davon machten multinationale Konzerne mit einem Sitz außerhalb Deutschlands aus. Jeden Monat kämen mehr als 50 Kunden hinzu.

Dass es an der Börse bisher nicht rund läuft, könnte auch an der relativ geringen Liquidität der Aktie liegen. Nur 16% sind im Streubesitz. 55% aller Anteile hält der 42 Jahre alte Gründer und Vorstandsvorsitzende Michael Hohenester, 13% der 39 Jahre alte Meyer. 15% der Aktien gehören der Innoscripta Beteiligungsgesellschaft, in die die Mitarbeiter investieren können.

„Kein Anreiz zum Verkaufen“

Meyer nimmt an, dass mehr als die Hälfte des Streubesitzes Aktionären im Ausland zuzuordnen ist. „Unsere Investoren wünschen sich eine höhere Liquidität, um ihre Positionen auszubauen,“ berichtet der Finanzchef. „Der niedrige Aktienpreis ist für uns Vorstände aber kein Anreiz zum Verkaufen.“ Er zeigt sich zuversichtlich, dass der Kurs dank der Wachstumsfantasie steigen wird.

Unterstützung erhofft er sich von einem „regulatorischen Rückenwind im Kernmarkt Deutschland“. Die Kriterien für die Forschungszulage werden 2026 erweitert: eine höhere Kostengrenze für die Förderung und einen Aufschlag auf die Kosten. „Das ist positiv für unser Geschäft.“ Denn hierzulande erkennt Meyer das größte Wachstumspotenzial: „Der Markt ist zum Beispiel im Vergleich mit Frankreich und Großbritannien noch unterentwickelt.“ Die Mehrheit der Firmen in Deutschland beantrage Forschungszulagen noch nicht.

„Eine Chance zum Reinwachsen“

Für Frankreich und Großbritannien kündigt der Vorstand erste Kunden in absehbarer Zeit an. In Großbritannien gebe es nun strengere gesetzliche Anforderungen an die Forschungsförderung und an die Dokumentation in den Unternehmen. „Das bietet uns eine Chance zum Reinwachsen“, betont Meyer. Schwertlein ergänzt, die Plattform von Innoscripta sei für einen internationalen Einsatz bereit: „Unsere Software lässt sich sehr variabel für länderspezifische Gegebenheiten wie etwa die Förderquote oder Kostenarten anpassen.“ Das lasse sich in ein bis zwei Wochen erledigen.