Private Equity

Zinslast bringt Private Equity in die Bredouille

Moody´s erwartet, dass 2023 in Europa der Anteil der Kreditausfälle im spekulativen Rating-Segment von 2,7% auf 3,8% steigen wird. "Das ist weniger hoch als während der Finanzkrise oder zu Beginn der Pandemie, aber wir werden länger auf diesem Niveau verharren, bevor es wieder besser wird", sagte Managing Director Sandra Veseli der Börsen-Zeitung. Besonders ausfallgefährdet sind Firmen im Besitz von Finanzinvestoren.

Zinslast bringt Private Equity in die Bredouille

Im Gespräch: Sandra Veseli

Zinslast bringt Private Equity in die Bredouille

Moodys-Managerin: Unterhalb der Bonitätsnote „B3“ ist der Markt für neue Bondemissionen geschlossen – Refinanzierung wird schwierig

Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt

Trotz ihres sonst so ausgeklügelten Geschäftsgebarens werden selbst die Titanen der Private-Equity-Branche vom raschen Anstieg der Zinssätze überrollt, der die Unternehmen, die sie besitzen, Milliarden an zusätzlichen Zinsen kostet und zahlreiche von ihnen in die Zahlungsunfähigkeit zu treiben droht. Das zeigen die Daten der Bonitätswächter von Moodys.

„Was viele als normal erachtet haben in den vergangenen zehn Jahren – den Nullzins -, war nicht normal. Es gab relativ wenig Anreize für Unternehmen, bessere Ratings zu bekommen. Das ändert sich jetzt“, sagte Moodys-Managing-Partnerin Sandra Veseli der Börsen-Zeitung. Die Leiterin der Abteilung für Leveraged Finance bei der Ratingagentur in London hat eine starke Veränderung der Risikobereitschaft der Investoren beobachtet: „Für die erfolgreiche Platzierung einer Unternehmensanleihe braucht man jetzt ein Rating von „B3“ oder besser. Unterhalb dieser Bonitätsnote ist der Markt geschlossen.“

Ratings unterhalb von „B3“ bedeuten laut Moodys-Expertin Veseli: „Es muss nicht viel falsch laufen, damit das Unternehmen in Schieflage gerät.“ Oft bleibe Unternehmen mit schlechten Ratings nur noch Private Debt oder ein sehr teuer verzinster Bond. „Jetzt zeigt sich: Wir haben ein neues und höheres Zinsniveau erreicht – und das bleibt so für längere Zeit“, sagte Veseli.

In Deutschland sind die meisten Unternehmen mit einem spekulativen Rating unterhalb von „B3“ im Besitz von Finanzinvestoren. Zur Liste der Top 10 der ausfallgefährdeten deutschen Unternehmen zählen Firmen aus den Private-Equity-Portfolios wie der große Druckereizulieferer Flint Group (Goldman Sachs), die Modefirma Takko Fashion (Silver Point Capital) oder Aufzugszulieferer Wittur (Triton). Ebenfalls dazu gehört die Hotelkette A&O (TPG Real Estate) sowie die Industriegruppe Arvos Group aus Kassel (Triton) und der Pharma-Auftragsfertiger Aenova (BC Partners).

Als Kreditausfall werten Ratingagenturen wie Moodys, wenn Unternehmen entweder ihren Gläubigern einen Kapitalschnitt aufdrängen („distressed exchange offer“) oder Zins und Tilgung nicht wie vereinbart zahlen – oder wenn die Firmen Insolvenz anmelden.

Große Kreditausfälle im Leveraged-Finance-Sektor wird es nicht sofort geben. „Der Löwenanteil der Fälligkeiten steht ab dem Jahr 2026 an“, sagte Veseli. Aber die Unternehmen müssen schon 18 Monate vorher mit der Refinanzierung beginnen. Das wird jetzt schwierig: „Gläubiger warten ab, wo sich das Zinsniveau einpendelt, und auch Emittenten verhalten sich abwartend, solange sie noch nicht unter Zugzwang stehen. Wir gehen davon aus, dass 2023 der Anteil der Kreditausfälle im spekulativen Rating-Segment von 2,7% auf 3,8% in Europa steigen wird“, sagte Veseli. „Das ist weniger hoch als während der Finanzkrise oder zu Beginn der Pandemie, aber wir werden länger auf diesem Niveau verharren, bevor es wieder besser wird.“

Typisch für Private Equity in dieser Situation ist, dass es bei überschuldeten Unternehmen zu „distressed exchanges“ kommt: „Verbindlichkeiten werden mit deutlichem Abschlag vom Unternehmen zurückgekauft oder in Eigenkapital umgewandelt. Die Alternative hierzu wäre oft die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens“ gibt Veseli einen Ausblick auf die bevorstehenden Härten.

Der angeschlagene Druckfarbenhersteller Flint Group, der Goldman Sachs und Koch Equity gehört, hatte schon vor knapp drei Jahren seine Schulden nicht fristgerecht zurückzahlen können und teilte damals mit: Das Unternehmen „freut sich, den erfolgreichen Abschluss einer Verlängerung seiner Kreditfazilitäten mit Wirkung vom 7. August 2020 bestätigen zu können“. Und weiter: „Durch diese Transaktion wurden die Fälligkeitstermine der revolvierenden Kreditfazilität und der befristeten Kreditfazilität von Flint Group um etwa zwei Jahre verlängert (bis März 2023 für die revolvierende Kreditfazilität und bis September 2023/2024 für die befristete Kreditfazilität; die Red.) und wurden von den Kreditgebern der revolvierenden Kreditfazilität und den Kreditgebern des ersten und zweiten Pfandrechts von Flint Group sehr gut unterstützt.“ Flint Group sei „erfreut über die große Unterstützung der Transaktion durch seine Kreditgeber“ und dankte „allen Beteiligten für ihre Zusammenarbeit während dieses Prozesses“.

Trotz Inflation und steigender Zinsen hatte es 2022 nur einen Kreditausfall bei den gerateten Unternehmen in Deutschland gegeben. Dabei handelt es sich um die Safari Beteiligungs GmbH, der die Online-Spielothek Löwen Play gehört. Im Mai 2022 erhielt die Glücksspielfirma die gerichtliche Genehmigung für einen Umschuldungsplan, der aufgrund nachteiliger regulatorischer Änderungen und anhaltender Probleme durch die Pandemie erforderlich wurde.

Durch die steigenden Zinsen kommen hoch verschuldete Unternehmen jetzt unter Druck. Die meisten deutschen Firmen mit schlechtem Rating gehören Finanzinvestoren. „Für die erfolgreiche Platzierung einer Unternehmensanleihe braucht man jetzt ein Rating von ‚B3‘ oder besser“, sagt Moodys-Managerin Sandra Veseli.

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