Medizintechnik

Zölle und starker Euro bremsen Healthineers

Siemens Healthineers traut sich im angelaufenen Geschäftsjahr 2025/26 trotz der angepeilten Umsatzsteigerung von 5 bis 6% bestenfalls einen stagnierenden Gewinn zu. Das Geschäft in China stagniert, Zölle und der starke Euro sind eine Belastung.

Zölle und starker Euro bremsen Healthineers

Zölle und starker Euro bremsen Healthineers

Siemens-Medizintechniktochter traut sich im neuen Geschäftsjahr bestenfalls einen unveränderten Gewinn zu – Umsatz in China stagniert – Aktienkurs sinkt

mic München

Die gute operative Entwicklung setze sich fort, sagte Siemens-Healthineers-Finanzvorstand Jochen Schmitz in der Jahrespressekonferenz: „Allerdings erwarten wir gleichzeitig, dass das Gewinnwachstum im Geschäftsjahr 2025/2026 durch die derzeitigen makroökonomischen Herausforderungen nivelliert wird.“ Unter Berücksichtigung des Gegenwinds erwarte er ein bereinigtes Ergebnis je Aktie zwischen 2,20 und 2,40 Euro je Aktie nach 2,39 Euro (plus 7%).

Zugleich betonte Schmitz: „Wir gehen davon aus, dass sich unser Wachstumskurs in diesem Jahr fortsetzen wird.“ Der Umsatz auf vergleichbarer Basis soll im laufenden Turnus zwischen 5 und 6% wachsen nach 5,9% im Vorjahr. Die mittelfristigen Prognosen werde Siemens Healthineers beim Kapitalmarkttag am 17. November vorlegen, kündigte Vorstandschef Bernd Montag an.

Hoffen auf Dekonsolidierung

Der Aktienkurs kam unter Druck. Zum Xetra-Handelsbeginn sackte er um 12,7% ab, um sich im weiteren Handel auf ein Minus von 7% einzupendeln. „Die Kursreaktion ist etwas stärker ausgefallen, als wir das erwartet hatten“, sagte Montag. Auch mit Blick auf die vergangenen Jahre gelte: „Wir sind nicht zufrieden mit der Entwicklung.“ Schmitz wies darauf hin, dass der Medizintechnik-Sektor an der Börse unter Druck stehe. Man wolle aber besser sein als der Branchenindex.

Zu einer positiven Entwicklung des Kurses könne eine Entscheidung der Siemens AG über ihre Healthineers-Beteiligung beitragen, meinte Montag. Siemens hält rund 70% an dem Konzern und will in der nächsten Woche bekanntgeben, ob man schrittweise Anteile verkauft bis hin zur Dekonsolidierung. „Es ist ein Vorteil, dass wir für neue Investoren attraktiv werden können“, sagte Montag. Er denke an langfristige Anleger mit großen Tickets.

Refinanzierung steht an

Ein Unternehmen wie Siemens Healthineers brauche auch in der Außenwahrnehmung möglichst Eigenständigkeit, fügte Montag hinzu. Man werde aber von der Siemens AG nicht in irgendwelchen Entscheidungen beeinträchtigt, betonte er. Schmitz sagte, dass Siemens Healthineers sich im Fall einer Dekonsolidierung schrittweise über Banken statt die Siemens AG finanzieren werde. Dies bereite ihm keine Sorgen. Im Gespräch mit Analysten wies er allerdings darauf hin, dass der Zukauf von Varian zu einem Zeitpunkt sehr geringer Zinssätze finanziert worden sei. Allein im laufenden und nächsten Geschäftsjahr müssen 3,4 Mrd. Euro refinanziert werden.

Schmitz begründete die Prognose, trotz erhöhter operativer Profitabilität allenfalls einen stabilen Gewinn zu erreichen, im wesentlichen mit zwei Effekten. Der starke Euro, vor allem in Relation zum Dollar, sorge für Einbußen von 0,15 Euro je Aktie. Noch stärker schlagen die Zölle ins Kontor, die das vergleichbare Nettoergebnis im vergangenen Jahr um 200 Mill. Euro senkten. Im laufenden Jahr seien es 400 Mill. Euro, sagte Schmitz. Die Erhöhung der Belastung um 200 Mill. Euro entspreche einer Senkung des vergleichbaren Ergebnisses je Aktie um weitere 0,15 Euro. Alle Zoll-Angaben verstehen sich als Nettoangaben, also nach bereits umgesetzten entlastenden Effekten beispielsweise aus Preiserhöhungen.

Die Auswirkungen der Zölle würden nach 2025/2026 kontinuierlich geringer, sagte Schmitz. Mittelfristig würden die Auswirkungen der Zölle vollständig abgemildert. Hierfür sehe er drei Ansätze: Preisgestaltung, Kostenkontrolle und eine Verlagerung von Wertschöpfung.

Verlagerung der Wertschöpfung

Die veränderte Preissetzung wirke sich nur mit Zeitverzögerung zur Umsatzentwicklung aus, sagte Schmitz in der Analystenkonferenz, in der die Kapitalmarktbeobachter auf eine Frage pro Person beschränkt wurden. Man werde die Preisänderungen auf kluge Art und Weise machen, weil man auch Marktanteilsgewinne im Blick habe. Wenn dies gemeinsam mit der Kostenkontrolle nicht ausreichend sei, dann blicke man auch auf eine Verlagerung der Wertschöpfung: „Wir prüfen die Optionen, die wir haben.“ Man werde entscheiden, wenn Siemens Healthineers unter anderem Planungssicherheit habe, sagte Schmitz mit Blick auf die sich wiederholt verändernden US-Zollsätze.

Schmitz verwies darauf, dass er mit einer Stagnation der Erlöse in China rechnet – dort halten sich die Kunden seit gut zwei Jahren aufgrund von Korruptionsermittlungen und einer Zentralisierung der Beschaffung mit Bestellungen zurück. Im abgelaufenen Turnus sanken die Erlöse in China auf vergleichbarer Basis um 1% auf 2,5 Mrd. Euro. Im vierten Quartal betrug der Rückgang sogar 3%.

Problemfall China

CEO Montag räumte in der Analystenkonferenz ein, dass Siemens Healthineers die Zeitdauer für die Neuordnung des chinesischen Marktes anfangs unterschätzt habe. Nun werde man erst dann von einem Wachstum in dem Land ausgehen, wenn man hierfür sichere Hinweise habe. Mittelfristig werde das Geschäft in dem Land wieder zu mittleren bis hohen einstelligen Wachstumsraten zurückkehren. Siemens Healthineers sei weiterhin der Marktführer, während internationale Wettbewerber Marktanteile verlören und heimische Wettbewerber – teils durch sehr preisaggressive Angebote – Anteile gewonnen hätten.

In der Segmentsicht erwartet Siemens Healthineers 2025/2026 die größte Dynamik von Varian. Der Umsatz solle im hohen einstelligen Bereich steigen, sagte Schmitz. Imaging und Advanced Therapies werden demnach im mittleren einstelligen Bereich zulegen, während Diagnostics stagniert. Dort soll allerdings die Marge geringfügig steigen, während die Marge von Imaging leicht zurückgeht und von Advanced Therapies um einige Prozentpunkte schrumpft. Schmitz begründete den Gewinnrückgang von Advanced Therapies damit, dass das Segment keine Produktion im Dollarraum habe. Die Varian-Marge soll unverändert bleiben.

Zufrieden mit Geschäftsjahr 2024/2025

Das vergangene Geschäftsjahr habe Siemens Healthineers in einem herausfordernden Umfeld erfolgreich abgeschlossen, betonte Montag. „Sehr zufrieden“ zeigte er sich auch mit der Profitabilität, die von den Zöllen mit 0,12 Euro je Aktie belastet worden seien. Die bereinigte Ebit-Marge erhöhte sich um rund 0,8 Prozentpunkte auf 16,5%. Die Zölle schlugen vor allem im Segment Imaging durch, dessen Marge um 0,4 Punkte auf 20,7% sank. Die Dividende soll von 0,95 auf 1,00 Euro je Aktie steigen. Das vergleichbare Umsatzwachstum sei mit 5,9% sehr stark gewesen, hieß es.

Für Rückenwind sorgte vor allem das Segment Imaging mit einem Plus von 8,5%, auch die Sparte Varian liegt mit 6,9% über dem Konzernschnitt. Die Sparte Diagnostics schnitt mit 0,4% am schwächsten ab.

Siemens Healthineers hatte sich für die „New Ambition“ Periode 2022/2023 bis zum abgelaufenen Geschäftsjahr ein durchschnittliches Umsatzplus von 6 bis 8% im Konzern vorgenommen. Anfangs waren 8,3% und anschließend 5,2% erreicht worden. Montag sagte, dies entspreche im Schnitt 6% in den drei Geschäftsjahren, die trotz erheblichem makroökonomischen Gegenwind erreicht worden seien. Schmitz strich heraus, dass der Auftragseingang im Verhältnis zum Umsatz im vergangenen Turnus einen Wert von 1,14 erreicht habe – also weiteres Wachstum zu erwarten ist.

Verhaltener Start im Quartal

Im angelaufenen ersten Quartal rechnet Schmitz mit einem verhaltenen Start. Das vergleichbare Erlöswachstum werde unterhalb des Jahresziels von 5 bis 6% landen. Die Segmente Imaging und Varian würden ihre Vorgaben in etwa treffen, aber Diagnostics und Advanced Therapies würden schwächer abschneiden. Die Margen im ersten Quartal würden aufgrund der Zoll- und Währungsbelastungen niedriger sein als im Vorjahresquartal.

Siemens Healthineers traut sich im angelaufenen Geschäftsjahr 2025/2026 trotz der angepeilten Umsatzsteigerung von 5 bis 6% bestenfalls einen stagnierenden Gewinn zu. Das Geschäft in China stagniert, Zölle und der starke Euro sind eine Belastung. Der Aktienkurs des Medizintechnikkonzerns brach ein.