Konjunktur

Zombieunternehmen sind überschaubares Risiko

Mit steigenden Zinsen kann es eng werden für jene Firmen, die vor allem aufgrund staatlicher Unterstützungsmaßnahmen bisher überlebt haben. Dieses Phänomen mit entsprechenden Schneeballeffekten auf die Lieferanten dürfte allerdings nicht auf einen Schlag erfolgen, stellt Milo Bogaerts fest, der für den Kreditversicherer Allianz Trade die Region Deutschland, Österreich und der Schweiz leitet.

Zombieunternehmen sind überschaubares Risiko

Zombiefirmen sind überschaubares Risiko

Allianz-Trade-Vorstand Bogaerts erwartet keine Marktbereinigung auf einen Schlag – Deutschland-Geschäft soll wachsen

mic München

Zombieunternehmen stellen ein überschaubares Risiko für die kurz- und mittelfristige Wirtschaftsentwicklung in Deutschland dar. Dies sagte Milo Bogaerts, der für den Kreditversicherer Allianz Trade die Region Deutschland, Österreich und der Schweiz leitet, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Zwar könne es mit steigenden Zinsen eng werden für jene Firmen, die vor allem aufgrund staatlicher Unterstützungsmaßnahmen bisher überlebt hätten – mit entsprechenden Schneeballeffekten auf die Lieferanten. „Die Marktbereinigung dürfte allerdings nicht auf einen Schlag erfolgen, sondern nach und nach“, sagte Bogaerts.

“Keine Pleitewelle”

Die Auswirkungen sind Bogaerts zufolge im laufenden Jahr angesichts von insgesamt wahrscheinlich 17.800 Insolvenzen überschaubar: „Rund 2.600 Firmen wären ohne diese Transferzahlungen in der Corona-Pandemie zusätzlich pleitegegangen.“

Allianz Trade geht davon aus, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im laufenden Jahr um 22% steigt (vgl. BZ vom 12. März). „Das ist aber keine Pleitewelle“, relativierte Bogaerts. Er wies darauf hin, dass es dann immer noch 5% weniger Insolvenzen als im Jahr 2019 gebe – und die Zahl der Pleiten damals bereits sehr niedrig gelegen habe.

Der Allianz-Trade-Manager wollte sich zwar nicht auf eine Zahl von Pleiten festlegen, die künftig unter normalen Umständen zu erwarten sind – infolge der Finanzkrise 2009 war sie auf über 32.000 gestiegen. Bogaerts rechnet aber, wenn die geopolitischen Risiken nicht in Realität umschlagen, auch mittelfristig mit einer geringen Volatilität: „Die Zahl der Pleiten wird sich voraussichtlich ähnlich wie 2024 mit +6% in einer einstelligen Größenordnung jährlich nach oben oder unten entwickeln.”

Knackpunkt Kosten

Eine zentrale Aufgabe der deutschen Wirtschaft sei es, die durchschnittliche Lohnsteigerung von voraussichtlich 7% im laufenden Jahr abzufangen, sagte Bogaerts. Die höheren Löhne führten bei unveränderter Produktivität dazu, dass die Unternehmen auf dem Weltmarkt weniger wettbewerbsfähig würden: „Dieses Thema ist aus meiner Sicht sehr spannend.“ Die größten Risiken sieht Bogaerts unter anderem im Einzelhandel. Strukturell wirke sich der Trend zum Online-Handel aus, hinzu komme die Konsumzurückhaltung angesichts der Inflation: „Das merken wir weltweit.“

Beispielsweise sei in den Niederlanden das Insolvenzverfahren über die Modemarke Scotch & Soda eröffnet worden, in Brasilien habe es das Einzelhandelsunternehmen Americanas getroffen und in Deutschland den Schuhhändler Görtz. Darüber hinaus seien energieintensive Branchen wie die Chemie- oder Papierindustrie unter Druck. Jene kleineren Firmen, die die höheren Einkaufspreise nicht weitergeben könnten, hätten ein Thema.

Allianz Trade betreut mit gut 5.500 Mitarbeitern rund 70.000 Kunden weltweit. Vom Umsatz in Höhe von 3,4 Mrd. Euro würden rund ein Viertel in Deutschland erwirtschaftet, erklärte Bogaerts. Neben der klassischen Warenkreditversicherung biete Allianz Trade dort Bürgschaften, Aval-Kreditlinien und Vertrauensschadenversicherungen an.

„Mein Ziel ist Wachstum, aber immer als verlässlicher Partner“, erklärte er. Die Tatsache, dass das Umsatzplus im vergangenen Jahr im hohen einstelligen Prozentbereich und damit unter dem Niveau von 15,5% in der gesamten Allianz-Trade-Gruppe lag, erklärt Bogaerts mit Kunden-Verlusten in der Pandemie-Zeit und den bereits hohen Marktanteilen. In der Vertrauensschadenversicherung betrage der Anteil mehr als 50%, in der Warenkreditversicherung rund 37% und bei Bürgschaften 15%. Darüber hinaus fuße die Allianz-Trade-Umsatzlegung in Deutschland im Gegensatz zu anderen Weltregionen auf das Vorjahr – 2021 sei aber nicht so dynamisch wie 2022 gewesen. Die Profitabilität auf dem Heimatmarkt sei mit dem Schnitt der Gruppe vergleichbar. Die Combined Ratio der Gruppe betrug im vergangenen Jahr 75,3%. Bogaerts verwies darauf, dass der Kapitalbedarf angesichts versicherter weltweiter Geschäftstransaktionen von 1,1 Bill. Euro hoch sei.

Mit steigenden Zinsen kann es eng werden für jene Firmen, die vor allem aufgrund staatlicher Unterstützungsmaßnahmen bisher überlebt haben. Zombiefirmen sind dennoch ein überschaubares Risiko sagt Milo Bogaerts, der für den Kreditversicherer Allianz Trade die Region Deutschland, Österreich und der Schweiz leitet.