ETFs

Only the Sky is the Limit

2021 stellt ein Rekordjahr für die börsennotierten Indexfonds mit extrem hohen Zuflüssen vor allem bei Aktienprodukten dar. Das Wachstum der ETFs wird sich 2022 und in den kommenden Jahren fortsetzen.

Only the Sky is the Limit

In den vergangenen Jahren sind die in Exchange Traded Funds (ETFs) angelegten Gelder bereits massiv gewachsen, doch hat das zu Ende gehende Jahr noch einmal alle Prognosen deutlich übertroffen. Die passive Revolution hat eine ungeheuere Wucht mit gewaltigen Zuflüssen entfaltet, die preisgünstigen börsennotierten Indexfonds waren gefragt wie nie zuvor. 2021 war somit das Jahr der ETFs. Und, die Prognose gleich vorweg: Auch wenn natürlich auch einmal ein etwas schwächeres Jahr anstehen könnte, so dürften ETFs weiterhin überdurchschnittlich zulegen. Da scheint, wie es im Englischen schon schön heißt, „only the sky the limit“ zu sein, sprich nur der Himmel die Grenzen zu setzen. Alle Experten gehen davon aus, und etliche Argumente sprechen dafür, dass der Siegeszug der ETFs anhält und vielleicht noch an Fahrt gewinnt.

Doch der Reihe nach. In diesem Jahr flossen bis einschließlich November weltweit rekordhohe neue Mittel über 1,14 Bill. Dollar in ETFs sowie börsennotierte Produkte (ETPs), berichtet das unabhängige Analysehaus ETFGI. Dies stellt eine markante Steigerung gegenüber dem Vorjahr dar, als die Zuflüsse zu demselben Zeitpunkt 670 Mrd. Dollar betrugen. Der November war bereits der 30. Monat in Folge mit Nettomittelzuflüssen für die ETF-Industrie. Erneut waren im November weltweit vor allem Aktien-ETFs mit Mittelzuflüssen von 72 Mrd. Dollar gefragt, so dass sich ihre Zuflüsse im bisherigen Jahresverlauf auf satte 789 Mrd. Dollar summierten; dies liegt deutlich höher als im entsprechenden Vorjahreszeitraum mit 303 Mrd. Dollar. Anleihe-ETFs waren hingegen weniger gefragt und verzeichneten im November Zuflüsse über 16 Mrd. Dollar, so dass ihre Mittelzuflüsse im Jahresverlauf 211 Mrd. Dollar betragen.

Insgesamt waren laut ETFGI per Ende November weltweit 9,7 Bill. Dollar in ETFs angelegt sowie 9,9 Bill. Dollar in ETFs und ETPs. Dass inzwischen weltweit knapp 10 Bill. Dollar in ETFs investiert sind, unterstreicht die deutlich gewachsene Bedeutung der börsennotierten Indexfonds für die Kapitalanlage und ist das Ergebnis eines phänomenalen Wachstums in den vergangenen Jahren. Laut ETFGI waren Ende 2011, also vor zehn Jahren, weltweit gerade einmal 1,4 Bill. Dollar in ETFs angelegt, Ende 2016 waren es bereits 3,4 Bill. Dollar, Ende 2019 schon 6,2 Bill. Dollar und Ende 2020 dann 7,7 Bill. Dollar. Zugenommen hat auch die Anzahl der ETFs, und zwar von rund 3000 Ende 2011 über 4500 Ende 2016 bis auf aktuell gut 8400.

Das rapide Wachstum der ETFs ist ein globales Phänomen, das von Amerika ausgeht. So sind die börsennotierten Indexfonds in den vergangenen Jahren und insbesondere 2021 auch in Deutschland und in Europa kräftig gewachsen. Laut ETFGI betrugen die Zuflüsse in europäische ETFs und ETPs 2021 bis Ende Oktober satte 167 Mrd. Dollar, und das Volumen der ETFs in Europa lag per Ende Oktober bei knapp 1,5 Bill. Dollar.

Jahr der Aktien-ETFs

Doch was sind die Gründe für den enormen Erfolg der ETFs in den vergangenen Jahren? Dafür gibt es mehrere. Der gewaltige Zuwachs im abgelaufenen Jahr ist sicherlich mit wesentlich auf die Hinwendung zur Aktienanlage in 2021 zurückzuführen. In einem Umfeld, in dem die großen Notenbanken die Zinsen zum Teil bis auf null heruntergeschleust haben, verlieren festverzinsliche Wertpapiere an Attraktivität. Hingegen hat am Aktienmarkt, beflügelt durch steigende Unternehmensgewinne, Partystimmung geherrscht. Um bei dieser Party dabei zu sein, hat es für Anleger einen einfachen und preisgünstigen Weg gegeben: Mit ETFs auf marktbreite Aktienindizes setzen, die nicht zuletzt auch meist ein relativ breit gestreutes Investment darstellen.

Für Deutschland kommt hinzu, dass immer mehr Banken für Einlagen Negativzinsen, Verwahrentgelte genannt, eingeführt haben. Da entpuppen sich Aktien-ETFs mitunter als attraktive Anlagealternative. „Zum einen werden ETFs mittlerweile auch von professionellen Kunden wie Vermögensverwaltern akzeptiert“, führt André Voinea, Head der deutsch sprechenden Regionen bei HAN-ETF, als ein Grund für das rasante Wachstum der ETFs hierzulande an. „Auf der anderen Seite hat die Nachfrage nach ETFs stark zugenommen. Dies ist dem in Deutschland einzigartigen Modell der ETF-Sparpläne zu verdanken.“ Eine wachsende Zahl von Brokern habe sich entschlossen, ETF-Sparpläne für alle ETFs anzubieten, die auf ihren Plattformen handelbar seien. Voinea wörtlich: „Diese Sparpläne sind für die Anleger kostengünstig oder manchmal sogar kostenlos, was sie für wiederkehrende langfristige Investitionen attraktiv macht.“

Die meisten Vorzüge von ETFs sind inzwischen wohl bekannt, und sie aufzuzählen, mag manch einem wie Eulen nach Athen tragen vorkommen. Gleichwohl seien sie kurz genannt. ETFs sind transparente und kostengünstige Produkte mit im Vergleich zu aktiven Fonds sehr niedrigen laufenden Kosten pro Jahr. Zudem sorgt der Fondsmantel für ein hohes Maß an Sicherheit für den Anleger, ein Emittentenrisiko wie bei Zertifikaten existiert nicht. Hinzu kommt, dass ETFs durch die direkte Replikation von Assets, die sich in den vergangenen Jahren als größte Abbildungsmethode durchgesetzt hat, an Akzeptanz gewonnen haben. Zudem hat die ETF-Industrie sich in den vergangenen Jahren neben den großen Aktienindizes immer mehr Assetklassen erschlossen wie Themen-ETFs, Anleihe-ETFs und aktive ETFs. Es ist eine bunte Vielfalt von ETFs entstanden, die etliche Anlagethemen abdeckt. Nicht zuletzt bieten Börsen wie das XTP-Segment der Deutschen Börse auf Xetra meist enge Spreads und liquide Kurse. Übrigens ist es für institutionelle Investoren inzwischen mitunter leichter, über ETFs in ein spezielles Anleihesegment einzusteigen, als direkt über den Erwerb von Anleihen.

Anhaltend hohe Nachfrage

Fast alle Experten gehen davon aus, dass sich das Wachstum der „Aldi-Fonds“, die inzwischen auch einfach über Apps geordert werden können, in den kommenden Jahren fortsetzt. Schließlich haben die Vorzüge der ETFs unverändert Bestand, und es dürfte auch die Wertpapieranlage insgesamt zulegen. „Die stetig wachsende ETF-Nachfrage wird auch 2022 nicht abbrechen“, erklärt Sebastian Külps, Leiter Business Development für Deutschland und Österreich bei Vanguard. „Denn wir haben gesehen, dass ETFs sich sogar in der volatilen Marktphase im vergangenen Frühjahr sehr gut behaupten konnten und die Zuflüsse in ETFs in Deutschland sogar während der Corona-Pandemie kontinuierlich gestiegen sind.“

Külps geht davon aus, dass der ETF-Markt auch im kommenden Jahr von Preissenkungsdruck geprägt sein wird: „Technologie und Skaleneffekte lassen die Kosten für Anleger immer weiter sinken.“ Den sogenannten Preiskrieg stuft er als „Preis-Sieg“ für den Anleger ein. Praktisch alle Marktteilnehmer und auch Küpls gehen davon aus, dass die Zahl der ETF-Produkte und Indizes in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird.

Eines soll an dieser Stelle aber nicht verschwiegen werden. Bestimmte ETFs, wie manche aktive Fonds auch, bergen durchaus hohe Risiken. So mahnt Külps: „Zum Beispiel drängen immer mehr Trendprodukte wie Bitcoin-ETFs auf den Markt und das Angebot wird sich 2022 sicherlich noch ausweiten. Doch derartige Nischenprodukte haben nichts im Portfolio langfristiger Anleger verloren.“ Auch Themen-ETFs seien gerade in Deutschland sehr beliebt. Wer aber mit langem Zeithorizont für das Alter anlege, sollte nicht allein auf solche Trendprodukte setzen, sondern sich auf breit diversifizierte, kostengünstige ETFs fokussieren.

Aber das ist ja gerade der Vorteil der börsennotierten Indexfonds: Dass sie einen ausgesprochen günstigen und zudem breit gestreuten Zugang zum lukrativen Kapitalmarkt bieten.

Von Werner Rüppel, Frankfurt

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