Immobilien

Investmentmarkt Berlin – Quo vadis?

Trotz fortwährender Pandemieauswirkungen hat sich das Interesse und Vertrauen der Investoren in den Berliner Markt als unerschütterlich erwiesen.

Investmentmarkt Berlin – Quo vadis?

Der Berliner Investmentmarkt scheint sich seit einigen Jahren von den übrigen Immobilienhochburgen Deutschlands abzukoppeln. Die deutsche Hauptstadt spielt mittlerweile in einer investiven Weltliga gemeinsam mit Metropolen wie London, Paris oder New York. Auch wenn eine seriöse Einschätzung der Auswirkungen derzeit noch nicht möglich ist: An dieser generellen Entwicklung der Berliner Sonderrolle wird auch der Ukraine-Krieg und seine Folgen nichts ändern, trotz der zu Recht reklamierten Zeitenwende in unserem politischen, wirtschaftlichen und sozialen Leben.

Die Corona-Pandemie hat die Dynamik auf dem Berliner Immobilien-Investmentmarkt für gewerbliche Immobilien nur phasenweise ausbremsen können. Der Berliner Investmentmarkt bewies und beweist in der Pandemie seine Stärke als sicherer Hafen mit hervorragenden Wachstumsperspektiven. Eine Jahresendrally an Großabschlüssen bescherte mit fast 3,6 Mrd. Euro das stärkste jemals registrierte vierte Quartal. 2021 bilanziert denn auch ein Transaktionsvolumen von mehr als 11 Mrd. Euro, das nach 2019 mit über 12 Mrd. Euro historisch zweitbeste Ergebnis überhaupt. Damit liegt das Transaktionsvolumen im zurückliegenden Jahr 22% über dem Vorjahr und satte 69% über dem Zehnjahresdurchschnitt.

Trotz fortwährender Pandemieauswirkungen erwies sich das Interesse und Vertrauen der Investoren in den Berliner Markt als unerschütterlich. Und die Perspektiven sind, dem Ukraine-Krieg zum Trotz, auch im laufenden Jahr mehr als vielsprechend. Bereits in den ersten beiden Monaten 2022 befanden sich rund 4 Mrd. Euro in der Investment-Pipeline, mögliche Off-Market-Transaktionen nicht einkalkuliert. Klar ist: Wie immer in Krisenzeiten flüchten Menschen in Sachwerte, und von dieser Flucht dürften Immobilien überdurchschnittlich profitieren.

Klar ist aber auch: Alles wird teurer. Zu den Preissteigerungen sowohl auf dem Vermietungs- als auch auf dem Investmentmarkt gesellen sich erhöhte Energiepreise, Zusatzkosten durch die in der EU-Taxonomie festgeschriebenen ESG-Umlagen (ESG steht für Environment, Social, Governance) und last but not least – derzeit noch moderat – steigende Zinsen am Finanzierungsmarkt. Dennoch übertrifft die Nachfrage nach geeigneten Objekten in fast allen Immobiliensegmenten bei weitem das Angebot. Kapitalstarke Investoren aus dem In- und Ausland prägen das Marktgeschehen.

Wie überall in Wirtschaft und Gesellschaft hat der Angriff der russischen Armee auf die Ukraine auch in der Immobilienwelt Berlins thematisch neue Schwerpunkte gesetzt. Kiew ist eben mal zwei Flugstunden von Berlin entfernt, ein brutaler Krieg ist vor der deutschen Haustür und damit auch in unserem sozialen Nahbereich angelangt. Pandemie, ESG und Klimawandel finden deswegen aktuell allenfalls noch peripher Eingang in Gesprächsrunden. Und das sind in Anbetracht alarmierender Statistiken des Weltklimarats (IPCC) und dessen jüngstem Sachstandsbericht zu den Auswirkungen des Klimawandels keine ermutigenden Aussichten.

Der Ukraine-Krieg hat insofern auch diesbezüglich für eine Wende gesorgt, als nun dringend erforderliche Gelder für den Klimaschutz in militärische Aufrüstung fließen werden. In Deutschland und namentlich in Berlin wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch der soziale Wohnungsbau von dieser Neuallokation von Steuergeldern in Mitleidenschaft gezogen werden.

Der Markt im Rückblick

Besonders widerstandsfähig erwies sich wider Erwarten das Bürosegment. Sowohl stabilisierte Core-Assets mit bonitätsstarken Mietern als auch Value-Add-Produkte waren gleichermaßen stark nachgefragt. Büroimmobilien erfreuten sich mit einem Marktanteil von zwei Dritteln sowie einem Volumen von fast 7 Mrd. Euro anhaltend großer Beliebtheit. Die Bruttoanfangsrendite für Core-Bürogebäude fällt in der Spitze auf ein Niveau von 2,60% und gibt damit binnen Jahresfrist um 20 Basispunkte nach. Vollvermietete Projektentwicklungen mit bonitätsstarken Mietern in guten Lagen werden zum 35- bis 39-Fachen der Jahresnettokaltmiete verkauft. Der Trend zu B-Lagen und Entwicklungslagen in der Peripherie ließ auch in diesen Teilmärkten die Renditen um 20 Basispunkte auf 2,90% beziehungsweise 3,40% abschmelzen.

Projektentwickler haben ihre Pipelines im vergangenen Jahr besonders gut gefüllt – Grundstücksverkäufe zogen erstmalig am Einzelhandel vorbei und summierten sich auf über 1,2 Mrd. Euro und einen Anteil von 12%. Die Nachfrage bei Handelsimmobilien ist pandemiebedingt weiter zurückhaltend und reichte mit 970 Mill. Euro für Platz 3. Objekte mit Lebensmittelanker und Core-Objekte in 1-a-Lagen mit Nutzungsdurchmischung wie das Gloria Berlin stehen allerdings weiterhin hoch im Kurs.

Abwartend verhalten sich zudem die meisten Hotelinvestoren. Hier sind zunehmend Konversionen zu Büro-, Healthcare- und Mixed-Use-Objekten zu beobachten – ein Trend, der auch 2022 anhalten wird. Reine Hoteltransaktionen schlugen mit 615 Mill. Euro zu Buche. Der Berliner Hotelmarkt war 2021 von größeren Einzelassets geprägt.

Logistikimmobilien bilanzierten mit 1,1 Mrd. Euro 2021 – ein Rekordjahr, Berliner Umland inklusive. Wegen zunehmender Produktknappheit dürfte 2022 mit nur noch 600 Mill. Euro deutlich schwächer ausfallen. Retailinvestments verbuchten 970 Mill. Euro und performten damit besser als erwartet. Vor allem Fachmärkte und Objekte mit Lebensmittelanker gehen gut.

Das Angebot an Portfolien bleibt äußerst begrenzt, Paketverkäufe erfreuen sich aber weiter großer Beliebtheit. Größtes Portfolio war das aus 30 Objekten bestehende Optimum-Portfolio, das an Black­stone verkauft wurde. Des Weiteren trennte sich die CPI Property Group von sechs Gewerbehöfen aus dem Bestand der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft (GSG) sowie Patrizia von zwei Bürogebäuden. Großvolumige Landmark-Deals erwiesen sich einmal mehr als Markttreiber: 28 Transaktionen überschritten die Marke von 100 Mill. Euro. Neben dem erneuten Verkauf des Fürst am Berliner Kudamm zählten unter anderem die Victoriastadt Lofts, das Zalando Headquarter, die Friedrichstraße 108 und das Weidt Park Corner zu den herausragenden Einzeltransaktionen.

Dank zahlreicher Großtransaktionen konnten sich die Asset- und Investmentmanager sowohl auf Käufer- als auch auf Verkäuferseite ganz vorne platzieren. Mit über 4,7 Mrd. Euro Ankaufsvolumen und einem Verkaufsvolumen von über 4,3 Mrd. Euro vereinten sie jeweils beinahe die Hälfte des Transaktionsvolumens auf sich. Projekt­entwickler füllten ihre Pipeline mit Ankäufen in Höhe von 1,3 Mrd. Euro und verkauften Objekte in Höhe von 2,4 Mrd. Euro, was in beiden Fällen den 2. Platz be­­deu­tete.

Auf Käuferseite zeigten sich die offenen Immobilienfonds und Spezialfonds als aktivste Akteure, während auf Verkäuferseite die privaten Investoren und Family Offices besonders viele Marktchancen ergriffen und die Top 3 komplettieren. Internationale Investoren kehrten im Jahresverlauf zunehmend zurück auf den Markt. Der Anteil ausländischer Käufer erreichte auf das Gesamtjahr gesehen 43%. Nationales Kapital dominierte aber über weite Strecken das Marktgeschehen und kam insbesondere in den Toplagen und bei Core-Assets zum Zug. Interessant ist auch, dass neue internationale Marktteilnehmer im Jahr 2021 die Gelegenheit genutzt haben, in den deutschen beziehungsweise Berliner Markt einzutreten.

Attraktives Investmentziel

Der überaus stabile Bürovermietungsmarkt macht Berlin weiterhin zu einem der attraktivsten Investmentziele in Europa. Die niedrige Leerstandsquote, die konstante Flächenabsorption vom Bund und Land als Mieter und die diversifizierte Wirtschaft der Hauptstadt gepaart mit dem hohen Liquiditätsdruck der Investoren werden auch im Jahr 2022 für ein sehr lebhaftes Marktgeschehen sorgen. Daran dürfte auch der Ukraine-Krieg nichts ändern, wenn der Konflikt lokal beschränkt bleibt. Die Marke von 10 Mrd. Euro sollte unter fast allen Umständen zum dritten Mal überschritten und das Jahresergebnis von 2021 übertroffen werden können. Je nach Produktangebot könnte sogar ein Resultat in Richtung des Rekordjahres 2019 mit 12,2 Mrd. Euro möglich sein.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.