Wealth Management

Vom Werben um vermögende Privatkunden

Globalisierung, Finanzkrise, Digitalisierung, neue Wettbewerber, Niedrigzinsen und Trends wie Sustainable and Green Finance haben der Branche – wie der Finanzwirtschaft insgesamt – ein neues Gesicht gegeben.

Vom Werben um vermögende Privatkunden

Vor 20 Jahren war Wealth Management in Deutschland noch die Domäne alteingesessener Privatbanken. Die Protagonisten waren nicht selten persönlich haftende Gesellschafter und nannten sich bevorzugt „Privatbankiers“, die ihre Kunden gerne in großen holzvertäfelten Büros empfingen. All das ist in den meisten Fällen Vergangenheit. Globalisierung, Finanzkrise, Digitalisierung, neue Wettbewerber, Niedrigzinsen und Trends wie Sustainable and Green Finance haben der Branche – wie der Finanzwirtschaft insgesamt – ein neues Gesicht gegeben. Zeit, einmal zurückzublicken: Welche Strategien für das Geschäft mit vermögenden Privatkunden haben sich in dieser Zeit als zukunftsweisend erwiesen?

Skepsis nicht gerade klein

Als die niederländische ABN Amro zu Beginn der 2000er Jahre kurz nacheinander zunächst das Kölner Privatbankhaus Delbrück & Co. und anschließend die bereits fusionierten Privatbanken Gebr. Bethmann und Maffei & Co. übernahm und sie mit ihrer eigenen Private-Banking-Einheit in Deutschland fusionierte, war die Skepsis in der Bankenwelt und am Finanzplatz Frankfurt nicht gerade klein. Ist das neue Gebilde mit dem leicht sperrigen Namen Delbrück Bethmann Maffei AG wirklich eine zu­kunftsträchtige Antwort auf die Herausforderungen der Branche? Kann das Experiment der Zusammenführung von drei so traditionsreichen Privatbanken mit unterschiedlichen Kulturen, deren Wurzeln bis ins Jahr 1712 zurückreichen, unter dem Dach eines ausländischen Gesellschafters ge­lingen?

Derlei Fragen sind, nicht nur am Finanzplatz Frankfurt, seit langem verstummt. Die heutige Bethmann Bank – so lautet der Name seit 2011 – gehört bereits seit Jahren zu den Top 3 unter den Wealth-Management-Anbietern in Deutschland mit einer hohen Reputation im Markt und bei ihren Kunden. Nun gibt es keinen strategischen Königsweg im Wealth Management, aber vielleicht kann die Entwicklung der Bethmann Bank ein paar Faktoren aufzeigen, die für eine aussichtsreiche Positionierung in der sich rasant wandelnden Finanzbranche wichtig oder zumindest nicht von Nachteil sind.

Fokussierung: Die Bethmann Bank hat allen – nicht selten vom Zeitgeist getragenen – Trends, über das angestammte Geschäft hinaus neue Betätigungsfelder und Zielgruppen zu erschließen, widerstanden. Bis heute macht die individuelle Betreuung großer Privatvermögen und ausgewählter institutioneller Vermögen wie zum Beispiel Stiftungen den Markenkern aus. Der Grundsatz, dass es oft besser ist, nicht auf jeden fahrenden Zug aufzuspringen, hat im Rückblick manche strategische Verzettelung erspart. Prinzipientreue steht der Ausweitung der Leistungspalette nicht entgegen, solange diese von den tatsächlichen Kundenbedürfnissen her gedacht und nicht als reine Vertriebsopportunität betrachtet wird. So stellt die Bethmann Bank zum Beispiel seit Ende 2021 Unternehmerkunden auch die Expertise im Corporate Banking der ABN Amro zur Verfügung, und zwar in neu geschaffenen inte­grierten Teams, so dass die Sphären des betrieblichen und des privaten Vermögens sinnvoll aufeinander abgestimmt sind.

Wachstum: Zunehmender Wettbewerb in einer unverändert zersplitterten Branche, Margendruck in Niedrigzinszeiten und nicht zuletzt stetig steigende Kosten für die Erfüllung regulatorischer Anforderungen machen im Wealth Management das Erreichen einer kritischen Größe als Basis für das Nutzen von Skaleneffekten unabdingbar. Beim Start der früheren Delbrück Bethmann Maffei im Jahre 2004 betrugen die Assets under Management (AuM) rund 10 Mrd. Euro; heute bringt die Bank AuM von deutlich mehr als 40 Mrd. Euro auf die Waage. Der Zuwachs gelang sowohl durch organisches Wachstum als auch durch die weitere Beteiligung an der Konsolidierung des deutschen Marktes mit dem Erwerb der LGT Bank Deutschland (2011) und des deutschen Geschäfts der Credit Suisse (2014).

Dezentralität: Die räumliche Nähe einer Bank zu ihren Kundinnen und Kunden ist auch im Zeitalter digitaler Prozesse und onlinegestützter Kommunikation ein unschätzbarer Vorteil. Dadurch, dass die drei Vorläuferinstitute mit Köln (Delbrück), Frankfurt/Main (Bethmann) und Maffei (München) unterschiedliche regionale Wurzeln und Schwerpunktregionen hatten, war die fusionierte Bank von Beginn an in allen Wirtschaftszentren Deutschlands präsent. Die Kenntnis lokaler Märkte und Besonderheiten und die Verwurzelung in den Regionen sind kein Widerspruch zu den Anforderungen an ein ganzheitliches Vermögensmanagement in einer globalisierten Finanzwelt. Im Gegenteil: Vertrauen, Nahbarkeit und fruchtbarer Austausch zwischen Kundenberater und Bank gelingen in einer dezentralen Aufstellung leichter und meist auch langfristiger.

Netzwerk: Die Komplexität in der Verwaltung großer Vermögen ist heute immer ein Gemeinschaftswerk von Spezialisten, die ihre jeweiligen Expertisen in ganzheitliche Lösungskonzepte einbringen. Die Einbindung einer Privatbank in das Kontakt- und Wissensnetz einer größeren Organisation ist dabei ein strategischer Vorteil, den kleinere Institute strukturell nicht bieten können. Die eigene Beratungskompetenz mit den Ressourcen und der Markt- und Produktexpertise einer international agierenden Großbank wie ABN Amro zu verbinden, führt da­gegen für die Kunden zu einem größeren Spek­trum an Lösungsoptionen. Dazu gehören im Fall Bethmann Bank auch der Wissenstransfer und die Zusammenarbeit mit Private-Banking-Schwesterbanken in den Niederlanden, Frankreich oder Belgien im Sinne eines Best-Practice-Ansatzes.

Digitalisierung: Vermögensberatung bleibt eine Vertrauenssache von Mensch zu Mensch. Allerdings wird das ergänzt um digitale Instrumente. Dahinter stehen regulatorische und gesellschaftliche Veränderungen und neue technologische Möglichkeiten. So sind in der Entwicklung natürlich auch die Erwartungen jüngerer Kundengenerationen im Wealth Management zu berücksichtigen. Entsprechend bietet die Bethmann Bank inzwischen digitale Reportings, verschiedene Online-Zugänge, E-Signing, Videobanking oder digitale Veranstaltungen an.

Allerdings wird die Bethmann Bank keine vollständig digitale Bank. Das Haus glaubt an persönliche Beratung, unterstützt durch digitale Werkzeuge. Es wird also auf ein hybrides Modell hinauslaufen. Effiziente IT-Systeme helfen den Beratern, die aufsichtsrechtlichen Vorgaben schneller und einfacher zu erfüllen und so wieder mehr Zeit für Kundengespräche zu haben, was im Mittelpunkt des Kundengeschäfts stehen muss. Und letztlich benötigen die Branche und die einzelnen Bankkonzerne natürlich Skalierbarkeit, wobei intelligente IT-Lösungen sehr helfen. Nur so kann der Bankensektor auch in Zukunft geschäftsfähig und erfolgreich sein.

Nachhaltigkeit: Immer mehr Menschen wollen mit ihrem Vermögen ein Zeichen setzen und durch das sogenannte Impact Investing ökologisch und sozial sinnvolle Ziele unterstützen. Vor ein paar Jahren waren es vor allem große institutionelle Investoren, mittlerweile sind es auch immer mehr Privatkunden. Nachhaltigkeit in der Vermögensverwaltung ist ein Trend, dem sich kein Institut mehr verschließen kann. Wie auf vielen anderen Feldern ist dabei Erfahrung nicht von Nachteil. Die Bethmann Bank ist einer der Pioniere nachhaltiger Geldanlage in Deutschland und hat bereits 2010 erste Produkte in ihr Angebot aufgenommen. Seit 2011 berät ein unabhängiger Nachhaltigkeitsbeirat mit hochkarätigen Persönlichkeiten die Bank bei Auswahl und Gewichtung der Nachhaltigkeitskriterien. Parallel wurde der nachhaltige Investmentprozess kontinuierlich ausgebaut und verfeinert, zum Beispiel um ein umfangreiches Reporting, das neben der wirtschaftlichen auch die soziale Rendite eines Portfolios anschaulich darstellt.

Diese und andere Grundsätze und Handlungsfaktoren im Private Banking sind allein kein Erfolgsgarant. Jede Bank muss ihre individuelle Strategie entwickeln, in Abhängigkeit von Kundenstruktur, regionaler Präsenz, Eigentümern und besonderen Stärken und Kompetenzen. Die Entwicklung der Bethmann Bank in den vergangenen 20 Jahren zeigt jedoch, dass die Fähigkeit zur Veränderung und zur frühzeitigen Anpassung an neue Marktgegebenheiten auf Basis eines festen Wertesystems eine gute Voraussetzung ist, um einen festen Platz in einer sich dynamisch verändernden Bankenlandschaft zu finden und zu festigen. Und am Ende ist es ohnehin – wer sonst? – der Kunde, der seine Wahl treffen muss.

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