Peter Axmann

2020 – Ein Jahr des Übergangs

2021 will die Hamburg Commercial Bank ihr Immobilienfinanzierungsgeschäft wieder deutlich ausbauen. Das vergangene Jahr habe die Bank genutzt, um ihre Bilanzsumme zu reduzieren und die Eigenkapitalquote zu erhöhen.

2020 – Ein Jahr des Übergangs

Von Thomas List, Frankfurt

2021 will die Hamburg Commercial Bank (früher HSH Nordbank) ihr Immobilienfinanzierungsgeschäft wieder deutlich ausbauen. Im Neugeschäft konzentriert sich das mehrheitlich Cerberus und J.C. Flowers gehörende Institut auf Büros, Wohnen und Logistik in Deutschland, den USA und den Niederlanden. 2020 war für das Immobilienfinanzierungsgeschäft der Hamburg Commercial Bank (HCOB) ein Jahr der Vorsicht. Das Neugeschäft wurde mit Blick auf eine drohende Rezession kräftig auf 800 Mill. Euro zurückgefahren. 2019 waren es noch 4 Mrd. Euro gewesen. Dazu kamen 2020 3 Mrd. Euro an Prolongationen. „In diesem Jahr wollen wir das Neugeschäft wieder sukzessive ausbauen“, sagt Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der HCOB, im Ge­spräch mit der Börsen-Zeitung. „Wir planen gut 2 Mrd. Euro und 2022, wenn dieses Jahr gut läuft und alle Parameter passen, noch rund 1 Mrd. Euro mehr.“

Basel III schlägt durch

Das vergangene Jahr habe die Bank genutzt, um ihre Bilanzsumme zu reduzieren und die Eigenkapitalquote zu erhöhen. Hintergrund sind unter anderem die erwarteten Eigenkapitalaufschläge durch die endgültige Umsetzung von Basel III. „Wir haben unseren Bestand in der Immobilienfinanzierung im Vergleich zu Ende 2019 um rund 2,5 Mrd. Euro auf etwa 10 Mrd. Euro reduziert, ohne dass wir Kredite verkauft hätten“, sagt Axmann. Die HCOB lag, auch durch ihre allgemeine Zurückhaltung im Kreditgeschäft, zum Halbjahr 2020 bei einer starken Eigenkapitalquote von 21,7%. Als zweiten Grund für den „strategischen Zwischenschritt“ im Vorjahr nennt Axmann die Reduktion des Immobilienanteils am Gesamtkreditportfolio der Bank. „Ende 2019 waren das etwa 40% und rund ein Drittel der Bilanzsumme. Um als Bank nicht zu immobilienlastig zu werden, haben wir den Anteil am Gesamtkreditbestand auf ein Drittel zurückgefahren.“

Axmann legt unverändert Wert auf ertragreiches Geschäft. „Unsere Neugeschäftsmarge hat sich von 2,13% im Jahr 2019 auf über 2,4% verbessert. Das gilt auch für unsere Prolongationen.“ Bei deutlich reduziertem Neugeschäft konnte die HCOB allerdings auch deutlich wählerischer sein. „Generell hat der Margendruck ein wenig nachgelassen. Der Markt hat seinen Boden gefunden. Außerdem sind wir in der Lage, auch komplexe und individuelle Finanzierungen zu strukturieren und können deshalb entsprechende Aufschläge durchsetzen.“ Dazu gehören auch Projektentwicklungen, die 20 bis 25% des Neugeschäfts ausmachen. Diese prozentuale Größenordnung ist auch für 2021 geplant, wobei Axmann betont, man lasse von spekulativen Developments die Finger.

Gut die Hälfte des Neugeschäfts entfiel 2020 auf Büros, jeweils 15% auf Wohnen und Logistik. „Wohnen hätten wir gerne mehr gemacht, aber dort ist der Preiswettbewerb sehr intensiv.“ Komplett abstinent zeigten sich die Hamburger bei Hotels, während im kleineren Umfang Fachmarktzentren und der lebenmittelbasierte Einzelhandel finanziert wurden. Diesen Neugeschäftsmix will Axmann 2021 beibehalten.

Etwa 20% des Neugeschäfts flossen 2020 in Finanzierungen in den Niederlanden und in ein Objekt in den USA. Auch dieser Auslandsanteil soll fortgeschrieben werden: „Engagements in den Niederlanden und den USA kann ich mir 2021 wieder gut vorstellen.“ Neue Kredite in Frankreich lassen sich hingegen momentan nicht ausreichend rentabel darstellen, belastend wirkt hier noch die Verlusthistorie im Zuge der Finanzkrise vor über zehn Jahren. „Großbritannien prüfen wir zwar, sind aber durch Brexit und Corona sehr vorsichtig.“ Der Finanzplatz London werde nach wie vor eine Rolle spielen. „London wird aus unserer Sicht mittelfristig ein interessanter und liquider Büromarkt bleiben.“ Auch Österreich könne ein interessanter Markt sein. „Da haben wir immer wieder Anfragen, aber bisher keinen Abschluss erzielt.“

Die Kredittickets liegen bei der HCOB zwischen 20 Mill. und 75 Mill. Euro, im Durchschnitt bei etwa 30 Mill. Euro. Bei Portfolien, insbesondere mit Wohnungen, könnten Einzelengagements aber auch größer sein. „Wir sind auch ansprechbar für dreistellige Mill.-Euro-Kredite, arbeiten dann aber in Konsortien mit anderen Banken oder auch Versicherern zusammen.“

Die durchschnittliche Kreditlaufzeit im Neugeschäft beträgt drei Jahre, vor zehn Jahren waren es noch fünf. Axmann: „Das haben wir bewusst gemacht, weil wir mit steigenden Eigenkapitalkosten rechnen, die wir bei einer kurzfristigeren Prolongation oder im Neugeschäft schneller einpreisen können.“ Der Beleihungsauslauf (Loan-to-Value, LTV) liegt im Bestand bei etwa 60% und im Neugeschäft bei maximal 70%. Der Manager berichtet von zwei kleineren Kreditausfällen 2020, die aber nicht unmittelbar auf die Corona-Pandemie zurückzuführen waren: „Bei unseren Engagements in den besonders von dem Shutdown betroffenen Hotels und Einkaufszentren gibt es zwar einige wenige Tilgungsstundungen, aber bisher keine Ausfälle. Ich kann mir aber vorstellen, dass auf die gesamte Bankenbranche, nach Auslauf der Unterstützungsprogramme und des Aussetzens der Insolvenzantragspflicht, noch etwas zukommt.“ Auf jeden Fall werde man weiter konservativ agieren und vorsorglich die Pauschalwertberichtigungen 2020 anheben.

Optimismus bei Wohnen

Bei der Einschätzung der Immobilienmärkte ist Axmann insbesondere für Wohnen sehr positiv gestimmt. „Wohnen ist durch die Krise gekommen, als hätte es keine Krise gegeben.“ In den Top-7-Städten und deren Umland sind Wohnungen weiter knapp. „Nach jeder Krise, sei es 9/11 oder der Finanzkrise, gibt es bei den Investoren zwei Entwicklungen: Sie gehen zum einen in das ‚langweilige‘ Wohnen, weil es granular ist und immer gewohnt werden muss, und zum anderen in Core-Immobilien. Da ist die Rendite fast zweitrangig.“ Bei Wohnen sieht Axmann teilweise steigende, zumindest aber stagnierende Preise. „Das wird mangels Anlagealternative auch so bleiben.“

Im Falle von Büros ist unklar, wie sich der Markt nach der Coronakrise bewegen werde. Axmann: „Die einen sagen, durch Homeoffice wird nicht mehr so viel Bürofläche gebraucht, während andere vermehrten Flächenbedarf durch mehr Gemeinschaftsräume und größere Abstände zwischen den Mitarbeitern ausmachen.“ Außerdem hänge die Nachfrage von der Konjunktur ab. „Wir erwarten in den kommenden zwei Jahren bei Büros insbesondere in Nebenlagen und Städten außerhalb der Top 7 einen Preisrückgang um etwa 10%.“ Dies gelte aber nicht für erstklassige Neubauten an Top-Standorten.

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