Abbau statt Abwicklung
Die Nord/LB hat mit dem zwischen den Trägern vereinbarten Geschäftsmodell eine Perspektive erhalten. Die viertgrößte Landesbank, deren überwiegend rentable Geschäftsfelder nicht ausreichten, um die Lasten einer langen Schifffahrtskrise auf Dauer aus eigener Kraft tragen zu können, soll nach einem Rekordverlust von 2,4 Mrd. Euro risikoärmer, regionaler, vor allem aber noch kleiner werden. Damit die öffentlich-rechtliche Auffanglösung keine wettbewerbswidrige Beihilfe darstellt, haben alte und neue Träger ein Paket von Maßnahmen geschnürt, das mittel- bis langfristig die Ertragskraft stärken und die Wahrscheinlichkeit untragbarer Wertberichtigungen mindern soll. Kurzfristig lautet das Ziel, mit den Plänen zur Schrumpfung und Neuausrichtung zusätzliche Auflagen der EU-Kommission im Zusammenhang mit der Kapitalstärkung um 3,6 Mrd. Euro zu vermeiden.Wie die Kartellwächter die Hilfsmaßnahmen einstufen werden, ist noch offen. Im Fall der ebenfalls von der Schifffahrtskrise schwer getroffenen HSH Nordbank kam die Kommission am Ende eines Beihilfeverfahrens 2016 zu dem Ergebnis, dass die Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein veräußert oder abgewickelt werden müsse. So weit dürfte es bei der Nord/LB nicht kommen. Die Träger, die eine Abwicklung vermeiden wollten und das öffentlich-rechtliche Konzept dem Beteiligungsangebot von Finanzinvestoren vorzogen, haben bei der Ausgestaltung von Kapitalzufuhr und Geschäftsmodell Aufseher und Wettbewerbshüter einbezogen. Die Finanzgruppe mit dem roten S musste solidarisches Handeln beweisen, um nicht das sogenannte Verbundprivileg mit den damit verbundenen regulatorischen Vorteilen zu riskieren. Eine Barkapitalzufuhr von 2,8 Mrd. Euro durch Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und die Sparkassen-Finanzgruppe sowie von Niedersachsen getragene kapitalentlastende Maßnahmen von 800 Mill. Euro etwa in Form einer Garantie für eine bankinterne Einheit zum Abbau des Schiffskreditportfolios sollen die Kernkapitalquote, die derzeit aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen nicht erfüllt, bis Jahresende auf über 14 % heben.Abgesehen davon, dass vor allem die Bewertung der kapitalentlastenden Maßnahmen schwierig sein dürfte: Luxuriös ist auch dieses Kapitalniveau nicht. Doch läuft die “neue” Nord/LB, die sich anders als die 2018 privatisierte HSH aus der Schiffsfinanzierung komplett zurückzieht, absehbar weniger Gefahr, dass hohe Kreditwertberichtigungen mehrere Jahre in Folge das Eigenkapital absorbieren. Die rigorose Abkehr aus dem bestandsgefährdenden Schiffskundengeschäft sowie mehr oder weniger große Rück- und Umbauten in allen weiteren Segmenten sollen die Bilanzsumme der Landesbank bis 2024 um rund 40 % auf 95 Mrd. Euro sinken lassen. Damit verschwinden Risiken. Gemessen am Höchststand Ende 2008 von gut 244 Mrd. Euro wird die Nord/LB um mehr als 60 % schrumpfen. Das ist nicht trivial, zumal der weitere Abbau mit dem Wegfall von mehr als 2 000 Arbeitsplätzen einhergehen wird. Mit den übrig bleibenden Geschäften, zu denen auch der 2017 noch auf dem Verkaufsprüfstand stehende Gewerbeimmobilienfinanzierer Deutsche Hypo sowie bis auf Weiteres die allein nicht lebensfähige Braunschweigische Landessparkasse gehören, soll die Bank – so denn die EU-Kommission grünes Licht gibt – bis 2024 eine Eigenkapitalrendite von 8% erreichen. Ob sie aber tatsächlich in der Lage sein wird, auf Dauer ihre Kapitalkosten zu verdienen? Das ist in Anbetracht von Null- und Negativzinsen, beinhartem Wettbewerb und zunehmenden regulatorischen Anforderungen schon fraglich. Und das neue Geschäftsmodell, das politische Interessen wie die Sicherung möglichst vieler Arbeitsplätze mit den Bestrebungen der Sparkassen, möglichst viele Risiken zu vermeiden, austarieren soll, muss sich erst noch bewähren.Eine Verbindung aus Überzeugung gehen die Sparkassen mit ihrer Kapitalbeteiligung bei der Nord/LB nicht ein. Gerade die Institute in Niedersachsen hatten sich als Träger der Bank nach einer milliardenschweren Kapitalstärkung vor 15 Jahren vorgenommen, keine weiteren Kapitalbeiträge mehr zu leisten. In den vergangenen Jahren mussten sie Abschreibungen von 1,2 Mrd. Euro auf ihre Beteiligung verdauen. Einer Teilnahme der Nord/LB an einer weiteren Bereinigung im Landesbankenlager würden sie sich kaum verweigern. Doch ein Sanierungsfall wird für eine solche Konsolidierung nicht in Betracht kommen. —–Von Carsten SteevensDie Nord/LB steht vor einer Neuausrichtung. Für eine Konsolidierung im Landesbankenlager scheidet der Sanierungsfall aus.—–