Acht Schritte auf der "Straße der Nachhaltigkeit"

Implementierung der Sustainable Development Goals in der Unternehmensstrategie

Acht Schritte auf der "Straße der Nachhaltigkeit"

Nachhaltigkeitsstreben durchdringt zunehmend die Wirtschaftswelt. Insbesondere große Unternehmen haben schon seit Jahren den Anspruch, sich möglichst nachhaltig auszurichten - was wiederum seitens der Politik, der Investorinnen und Investoren, aber auch der Kundinnen und Kunden zunehmend gefordert wird. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) benötigen dazu ressourcenbedingt andere Ansätze als Großunternehmen, um Nachhaltigkeit konsistent in ihrem Geschäftsmodell abzubilden.Mit den Sustainable Development Goals (SDGs) entstand 2015 ein Nachhaltigkeitsverständnis, auf das sich weltweit rund 200 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen geeinigt haben. Davon profitieren auch KMU, die ihre Unternehmensstrategie nachhaltig ausrichten wollen. Einen KMU-orientierten Leitfaden für die Implementierung der SDGs bietet die sogenannte "Straße der Nachhaltigkeit". Der Prozess führt in acht Schritten zu einer eigenen Nachhaltigkeitsstrategie und unterstützt Unternehmen bei der Entwicklung entsprechender Maßnahmen und Ziele. Die UmweltBank AG hat die "Straße der Nachhaltigkeit" genutzt, um ihre bestehende Nachhaltigkeitsstrategie auf die SDGs neu auszurichten. Ehrlichkeit essenziellWenn sich Unternehmen auf die "Straße der Nachhaltigkeit" begeben, liegt der erste Schritt in der kritischen Selbstreflexion. Welche Werte bestimmen das unternehmerische Handeln? Wo kommt das Unternehmen her, wo steht es aktuell? Wo will es hin? Insbesondere die Geschäftsleitung muss sich ernsthaft und kritisch mit dem eigenen Unternehmen auseinandersetzen und entsprechende Ressourcen für Nachhaltigkeitsentwicklung einplanen.Auch müssen sich alle Beteiligten vor Beginn der Reise bewusst sein, dass im Prozess auch Fragestellungen fernab des Kerngeschäfts geklärt werden müssen. Denn ohne kritische und umfassende Analyse des eigenen Nachhaltigkeitspotenzials ist eine glaubwürdige Darstellung des Engagements nach innen und außen nicht möglich. Der Preis, der auf der Zielgeraden der Straße winkt, ist eine gestärkte Innovationskraft sowie eine belastbare Daseinsberechtigung in Zeiten von Green Deal und Fridays for Future.Sind die ersten Weichen für eine nachhaltige Unternehmensstrategie gestellt, geht es in einem zweiten Schritt darum, die entsprechenden Kompetenzen im ganzen Unternehmen auf- beziehungsweise auszubauen. Nur wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verinnerlicht haben, warum eine Auseinandersetzung mit den SDGs aus unternehmerischer Sicht angezeigt ist, aber auch die SDGs selbst sinnvoll sind, kann der angestrebte Veränderungsprozess seine bestmögliche Wirkung entfalten. Analyse und PriorisierungAusgestattet mit den entsprechenden Kompetenzen erfolgt im dritten Schritt eine Analyse des Kerngeschäfts auf Nachhaltigkeitspotenziale unter Einbezug der Belegschaft, relevanter Stakeholder und externer Expertinnen und Experten. Folgende Frage muss dabei beantwortet werden: Wie kann das Unternehmen zur Realisierung eines jeweiligen konkreten SDGs einen wesentlichen Beitrag leisten? Der Fokus liegt darauf, diejenigen Aktivitäten zu identifizieren, welche gleichzeitig Wertbeiträge und Ertragspotenziale beinhalten.Sind diese erkannt, müssen im vierten Schritt die richtigen Prioritäten gesetzt werden, indem ein geschäftsmodellbezogenes sinnvolles Zielbündel von SDGs ausgewählt wird. Ein Optimum dieses Bündels stellt sich ein, wenn sowohl Unternehmenspolitik als auch ökonomische Fakten Berücksichtigung finden. Die hieraus resultierenden Prioritäten sollten so gestaltet sein, dass die Aktivitäten auf einzelne SDGs einzahlen, ohne einen Widerspruch zu anderen Nachhaltigkeitszielen hervorzurufen.An diesem Punkt hat die UmweltBank Nachhaltigkeitsziele identifiziert, zu denen sie mit rentablen Geschäftsbereichen besonders hohe Beiträge leisten kann. Beispielhaft zahlt das große Kreditportfolio aus erneuerbaren Energien eindeutig auf SDG 7, bezahlbare und saubere Energie, ein. Mit nachhaltiger Beschaffung und Lieferketten-Screening sowie der Förderung nachhaltiger Wirtschaftsweisen trägt jeder einzelne Beschäftigte zur Erreichung des SDG 12, nachhaltige/r Konsum und Produktion, bei. Der Fokus auf bestimmte Nachhaltigkeitsziele soll dabei sicherstellen, dass die Kompetenz in diesen Umfeldern aufbauend auf vorhandenen Erfolgen dauerhaft ausgebaut wird.Ohne Zielgrößenentwicklung und eindeutig messbare Formulierungen kann kein Controlling und Reporting stattfinden. Deshalb werden im fünften Schritt Indikatoren ausgewählt, fixiert und schlussendlich Zielgrößen zur Messung festgelegt. Ansonsten würden die Nachhaltigkeitsmaßnahmen ins Leere laufen und die Legitimation beispielsweise innerhalb der Belegschaft verloren gehen. Für diese ist es in der UmweltBank eine große Motivation, beispielsweise den geschaffenen bezahlbaren Wohnraum und die Anzahl der darin lebenden Menschen zu erheben und zu erhöhen, um Beiträge zu SDG 11, nachhaltige Städte und Siedlungen, zu leisten. Anhand dieser Fixierung wird allen Beteiligten die Möglichkeit gegeben, sich den eigenen SDG-Beitrag zu vergegenwärtigen und wiederum über Zielsetzungen neue Potenziale zu erkennen.Mit dem sechsten Schritt beginnt die anwendungsbezogene Implementierung der vorher gesteckten Ziele in die Organisationsstruktur und -kultur. In der UmweltBank entstand an diesem Punkt beispielsweise ein in seiner Detailschärfe einzigartiges Nachhaltigkeitsrating für Baufinanzierungen. Auch neue Managementregeln für das Treasury wurden entwickelt, die mit geschärften Positiv- und Ausschlusskriterien und einem permanenten Echtzeit-Screening neue Standards setzen.Im siebten Schritt werden Berichtsstandards definiert. Der Nachhaltigkeitsbericht ist hierbei das wichtigste Kommunikationsinstrument und ein wesentlicher Glaubwürdigkeitsfaktor für die Unternehmenspolitik.Durch Kommunikation der neuen Strategie sowie der Einzelmaßnahmen nach innen und außen schließt der Schritt acht die "Straße der Nachhaltigkeit" ab. Bei allen Schritten ist zu bedenken, dass beispielsweise bereits nachhaltige Kommunikation betrieben wird, wenn Kunden oder Lieferanten um etwaige, auf verantwortungsbewusstes Handeln zielende Selbstauskünfte gebeten werden. Die Kommunikation wird, sofern sie von einem echten im Unternehmen angestoßenen kulturellen Wandel ausgeht, authentisch erfolgen und braucht nicht künstlich erzeugt zu werden.Um sinnbildlich auf dieser Straße nicht in einen Stau zu geraten, empfiehlt es sich, eine ganzheitliche, mindestens alle zwei Jahre stattfindende Prüfung der nachhaltigkeitsbezogenen Ausrichtung durchzuführen. Am Ende geht es bei diesem Ansatz um die ernsthafte und offene Auseinandersetzung mit der eigenen Nachhaltigkeitsleistung in Bezug auf die SDGs und deren Einbindung in das unternehmerische Handeln. Sie führt zur Stärkung der eigenen Innovationskraft und einer differenzierten Position am Markt.Im Zuge der kritischen Auseinandersetzung wurden auch in der UmweltBank manche Stellschrauben neu entdeckt. Für die UmweltBank war die Reise entlang der "Straße der Nachhaltigkeit" ein echter Gewinn. Damit auch andere diesen Weg einschlagen können, haben wir diesen hier dokumentiert: www.wirtschaftsethik.biz/umweltbank. Goran Bašic, Vorstandsmitglied der UmweltBank AG und Harald J. Bolsinger, Wirtschaftsethiker der Fakultät Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt