Ackermanns Blitzbesuch

Von Angela Wefers, Berlin Börsen-Zeitung, 13.9.2013 Von "Später Reue" - so der Titel des Buches von Stefan Baron über seinen und den früheren Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann - war wenig zu spüren. In das elegante Hotel Regent Berlin hatte...

Ackermanns Blitzbesuch

Von Angela Wefers, BerlinVon “Später Reue” – so der Titel des Buches von Stefan Baron über seinen und den früheren Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann – war wenig zu spüren. In das elegante Hotel Regent Berlin hatte der Econ Verlag am Donnerstagvormittag zur Buchvorstellung geladen, fast, aber auch nur fast vis-à-vis der Deutschen Bank in Berlin. Ackermanns Kommen zu Pressekonferenz und anschließendem Empfang war angekündigt: ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt nach den jüngsten Ereignissen, zu denen so mancher lieber nicht von bohrenden Journalistenfragen gequält worden wäre. Rätselraten zum RückzugNach dem Suizid von Pierre Wauthier, Finanzchef des Schweizer Versicherers Zurich, vor zwei Wochen hatte Ackermann umgehend seinen Rückzug als Verwaltungsratschef des Finanzkonzerns erklärt. Ganz frisch war noch die Nachricht, dass er sein Mandat im Siemens-Aufsichtsrat niederlegt. Beides kam gleichermaßen überraschend. Trotz ausführlicher Erklärung Ackermanns im Falle der Zurich hält das Rätselraten an, was womöglich noch Unangenehmes hinter seiner prompten Reaktion stecken könnte.Nicht zu kommen und sich zu entziehen hätte nicht Joe Ackermanns Stil entsprochen, nachdem er an der Spitze der Deutschen Bank harte Jahre der Finanzkrise durchstand und sich auch Anfeindungen ausgesetzt sah. So erschien er wie angekündigt, setzte für Fotografen und Kameras artig sein “berühmtes Joe-Lächeln” (Baron, Seite 9) auf. Was dann folgte, war die perfekte PR-Strategie: Ackermann trat noch vor der Buchvorstellung ans Pult, sagte nur Gutes über das Werk seines Kommunikationsberaters Baron, in dem er die Hauptrolle spielt und in das er nach eigenem Bekunden eingewilligt hatte, nicht inhaltlich einzugreifen. Journalisten und Öffentlichkeit gab er dann mit einer ausführlichen Erklärung noch etwas Stoff zu Zurich und Siemens – bevor er freundlich und bestimmt mit dem Hinweis verschwand, er, der Vielbeschäftigte, müsse nun weiter. Alle Fragen umschifft. Für die verblüfften Journalisten ging es auch gleich weiter im Programm mit der eigentlichen Buchvorstellung. Der Raum leerte sich merklich, denn Ackermann hatte genug geboten, dass die Nachrichtenjournalisten an ihre Computer eilten, um schnell ihrer Chronistenpflicht nachzukommen. “Sachlich und professionell”Im Falle der Zurich wies er jede “Verantwortlichkeit” für den Tod von Wauthier “mit Entschiedenheit” zurück. In der Tat, so klang es schon in seiner ersten offiziellen Erklärung an, hatte die Familie des verstorbenen Finanzchefs damit gedroht, an die Medien zu gehen. Wauthier habe sich indessen nie zuvor über ihn, Ackermann, auch nicht ansatzweise beklagt: nicht beim CEO der Zurich, dem er formal unterstellt war, und auch nicht in seinem engeren Arbeitsumfeld. Die Gesprächskultur bei den “wenigen Begegnungen” mit Wauthier sei “immer sachlich”, von “professionellem Austausch” geprägt und von “gegenseitigem Respekt” getragen gewesen. Allerdings hat Ackermann nach eigener Darstellung als Verwaltungsratschef auch keinen Zweifel daran gelassen, dass der Versicherungskonzern wirtschaftlich nicht gut genug aufgestellt ist. “Einiges muss besser werden”, lautet seine Kurzformel. Zudem habe er eine Korrektur im Aktionärsbrief verlangt, nämlich die, die “wahre Lage darzustellen”. So sei es geschehen. Als zentrales Motiv für seinen Rückzug nannte Ackermann seine absehbar eingeschränkte Handlungsmöglichkeit im Konzern. Es gebe “erheblichen Handlungsbedarf” bei der Zurich, auch wenn die Gruppe “sicherlich viel Potenzial” habe. Stil und Fairness vermisstKlargemacht hatte Ackermann zuvor, dass es seinem Führungsstil entspreche, Probleme klar zu benennen und offen zu bereden. Emotional sei er dann berührt, wenn “unfair mit Menschen umgegangen” werde. Dazu zählten auch Vorstandsvorsitzende. Sich selbst schloss er ausdrücklich aus, spannte aber damit den Bogen zu Siemens und den Gründen seines Rückzugs dort. Ohne dass der Name des abgelösten Peter Löscher fiel, sprach Ackermann von “Diskrepanzen in Stil und Fairnessfragen”. Nicht mehr und nicht weniger. Seine anderen Mandate etwa bei Royal Dutch Shell, der schwedischen Industrieholding Investor oder Belenos werde er behalten. Von der Buchvorstellung bleibt zu berichten, dass Ackermann darin weniger ein Werk über sich als über die Intensität der Phase sieht, die sein Kommunikationschef in der Finanzkrise hautnah mit ihm zusammen erlebt hat.—–Joe Ackermann kommt zur Buchvorstellung von Stefan Baron und stiehlt ihm faktisch die Show.—–