Allianz nutzt Digitalisierung als Hebel

Vorstandschef Bäte will in stagnierenden Märkten wachsen - Kein Programm zum Stellenabbau - Kapitalmarkttag des Versicherers

Allianz nutzt Digitalisierung als Hebel

Die Allianz will die Digitalisierung als Hebel einsetzen, um in stagnierenden Märkten zu wachsen. Vorstandschef Oliver Bäte erklärte, vom Jahr 2018 an würden die Früchte der Investitionen geerntet. Die Allianz wolle ihre Produktivität steigern, aber es werde keine Stellenabbau-Programme geben. Bäte erinnerte an die gesellschaftliche Verantwortung von Konzernen.mic München – “Das Problem unserer Branche ist: Sie wächst nicht”, sagte Allianz-Vorstandsvorsitzender Oliver Bäte auf dem Kapitalmarktag des Versicherers zum Thema Digitalisierung. Daher verlangten die Investoren immer höhere Dividenden, denn sie wollten ihr Geld anderswo investieren. Dies drohe eine sich selbst erfüllende Prophezeiung zu werden, warnte Bäte während des siebenstündigen Analystentreffens.Bäte stimmte die Aktionäre auf einen erhöhten Investitionsbedarf ein. Die mangelnde Bereitschaft, auch Durststrecken zu überwinden, sei einer der Gründe, warum die Allianz in der Vergangenheit im Direktgeschäft nicht genug gewachsen sei: “Es dauert eine Dekade, um einen führenden Player aufzubauen.” So habe die italienische Allianz-Gesellschaft Genialloyd sieben Jahre gebraucht, um die Gewinnschwelle zu erreichen. Nach zehn Jahren sei das investierte Kapital zurückverdient worden.Aber auch in sehr profitablen Märkten müsse die Allianz ihre Gewinne teils zur Erhöhung der Marktanteile nutzen, forderte Bäte. Dies illustriert der Blick auf den Heimatmarkt Deutschland. Dort hat die Allianz auch in jüngerer Zeit nur in der Lebensversicherung Marktanteile gewonnen (siehe Grafik). In der Sachversicherung, die im Jahr 2005 noch 17 % des Marktes auf sich vereinte, sank der Anteil auf zuletzt 14,8 % (siehe Grafik). Die Krankenversicherung weist noch 8,8 % aus nach 11,1 % im Jahr 2005 bei allerdings zuletzt steigendem Neugeschäft.Die Assekuranz sei bisher nicht, wie andere Branchen, mit voller Wucht von der Digitalisierung getroffen worden, sagte Bäte: “Regulation und Kundenverhalten haben die Branche geschützt.” Aber dies ändere sich Tag für Tag. Die Allianz wolle mit Hilfe der Digitalisierung Mehrwert für die Kunden schaffen, die Margen auch über zusätzliche Service-Komponenten verteidigen und beginnen, das Geschäft wieder wachsen zu lassen. Dafür könne die Allianz nicht mehr nur national oder spartenspezifisch arbeiten, sondern müsse besser werden in der länderübergreifenden Kooperation. Großer Datenbestand”Vertrauen Sie mir: Das ist kein Biotop”, sagte Bäte an die Adresse der versammelten Analysten mit Blick auf das Thema Digitalisierung. Es mache seinen Weg in das Herz des Unternehmens: “Es ist der Anfang der Reise.” Die Allianz lege die Fundamente für die Digitalisierung in diesem Jahr, sagte Bäte. 2017 werde sie den Einfluss auf das Geschäft beschleunigen. Für das darauffolgende Jahr gelte: “Wir wollen ernten.” Das Wachstum erwarte er über alle Geschäftssegmente, sagte COO Christof Mascher. Es gebe aber auch Schwerpunkte wie Asien, weil man dort direkt digitale Geschäftsmodelle umsetzen wolle.Der Allianz-Chef wies den Eindruck zurück, dass der Versicherer gegenüber Facebook & Co. im Nachteil sei. “Wir haben bereits mehr Daten als irgendjemand anders”, betonte Bäte. Allerdings sieht er auch Nachholbedarf: “Unser Thema ist, dass wir die Daten nicht angemessen hebeln.” Im Vergleich zur Branchenkonkurrenz verfüge die Allianz über zwei Vorteile: Ihre finanzielle Kraft und die Markenbekanntheit.Bäte betonte, er werde kein Stellenstreichprogramm infolge der Digitalisierung ankündigen. Es sei ein Management-Versagen, wenn man nach fünf Jahren an die Öffentlichkeit gehe und das Feuern von 1 000 Leuten ankündige. “Wir haben eine Verpflichtung als Mitglied der Gesellschaft.” Die Bürger wählten jene Leute, die sie aktuell wählen, weil: “Sie sind krank und müde von den großen Unternehmen, die keine soziale Verantwortung übernehmen.”Dies bedeute aber nicht, dass man die Produktivität nicht erhöhen wolle, erläuterte Bäte: “Die Allianz kommt von einer Historie hoher Qualität und guten Services, aber auch hoher Kosten.” Die Steigerung der Produktivität müsse für das Management tägliche Aufgabe sein.Die Allianz hatte bereits vor zwölf Monaten angekündigt, vom Jahr 2018 an jährlich 1 Mrd. Euro einzusparen. Hiervon seien 800 Mill. Euro bereits in Projekten fest verankert, sagte nun Mascher. Weitere 400 Mill. Euro seien in der konkreten Diskussion mit den Einheiten. Produktivitätsgewinne würden erwartet in der Schadenautomatisierung, im Underwriting und beim Vermeiden von Betrügereien. Bäte sprach auch davon, dass man Produktivitätsgewinne beispielsweise in der Finanz- oder Personalabteilung besser nutzen müsse, indem man die Beschäftigten fit mache für das Geschäft. Bäte erhofft sich darüber hinaus Produktivitätsgewinne durch eine Verkürzung der Wertschöpfungskette. “Wir zahlen den Vermittlern viel Geld, um Geschäft zu uns zu bringen”, sagte er. Dafür flössen etwa in der Lebensversicherung zwei Drittel der Abschlusskosten. Dagegen werde nur ein Drittel dafür ausgegeben, um Kunden zu beraten und an Bord zu halten: “Dies ist nicht nachhaltig.” Daher wolle die Allianz erreichen, dass die Konsumenten von sich aus zur Allianz kämen. Während Handy-Hersteller hohe Margen einstreichen könnten, weil die Kunden ihre Geräte unbedingt kaufen wollten, wache morgens kaum jemand auf und sage, wenn ich eine Versicherung kaufe, möchte ich unbedingt dieses Produkt. Aber, so die Forderung von Bäte: “Dahin müssen wir kommen.” 430 Mill. Euro für InsurtechAllianz-Digitalchef Solmaz Altin kündigte an, dass die Einheit Allianz X – die die Wachstumsmöglichkeiten im Bereich Insurtech erschließen soll – vom 1. Januar als Fonds aufgesetzt wird, der innerhalb von vier Jahren mit 430 Mill. Euro ausgestattet werde. Zusätzlich könnten Ländergesellschaften Kapital einzahlen. Allianz X solle eigene Start-ups aufbauen. Alternativ investiere die Einheit in andere Start-ups oder in internationale Venture-Fonds.In der Krankenversicherung setze die Allianz künstliche Intelligenz zur Schadenbearbeitung ein, erläuterte die Vorstandschefin der Allianz Private Krankenversicherung, Birgit König. Die künstliche Intelligenz könne auf jedes andere Gesundheitssystem in der Welt trainiert werden oder auch bei Schäden infolge von Autounfällen zum Einsatz kommen. Im deutschen Sachgeschäft habe die Allianz die Agenturen digital aufgerüstet, sagte Spartenchef Joachim Müller: “Wir sind ziemlich optimistisch, dass dies der Weg ist, um auch im Vertreter-Kanal zu wachsen.”—– Wertberichtigt Seite 8