Fintech

Allianz trennt sich unter Abschlag von Anteilen an N26

Die Allianz will wohl bei N26 aussteigen – und nimmt dafür einen signifikanten Abschlag hin.

Allianz trennt sich unter Abschlag von Anteilen an N26

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Allianz verkauft N26-Anteile

Neobank-Beteiligung könnte mit hohem Bewertungsabschlag weitergereicht werden – Böses Omen für den Fintech-Sektor

Von Björn Godenrath, Frankfurt
bg Frankfurt

Die Venture-Capital-Tochter der Allianz hat Berater mandatiert, ihre N26-Beteiligung zu verkaufen. Der „Financial Times“ zufolge hält Allianz X knapp 5% an der Neobank. Dieser Block soll einen Erlös von mehr als 150 Mill. Dollar einspielen, was einer N26-Bewertung von rund 3 Mrd. Dollar entsprechen würde. Das ist bemerkenswert niedrig, hatte N26 doch bei der letzten Finanzierungsrunde 2021 eine Bewertung von 9 Mrd. Dollar erzielt. N26 gibt an, keine Kenntnis über einen Verkaufsprozess zu haben, Allianz X kommentiert den Vorgang nicht.

Der Hype ist vorbei

Dass es zu einem Abschlag kommt, ist nicht verwunderlich, waren die Fintech-Bewertungen im Hype von 2021 doch arg nach oben getrieben worden. Die VC-Fonds wollten bei Sektoren wie Neobanken um jeden Preis dabei sein – mitunter werden Bewertungen auch mit gewissen Kniffen nach oben getrieben. N26 hatte seinerzeit 900 Mill. Dollar an zusätzlichem Eigenkapital eingenommen, was ein guter Puffer ist, bis die Neobank nachhaltig profitabel ist und den angestrebten Börsengang angeht.

Bei Neukunden gedeckelt

Zudem müssen Banken immer mehr regulatorisches Eigenkapital vorhalten. Bei Fintechs will die Finanzaufsicht BaFin häufig zusätzliche Eigenkapitalpuffer sehen. Da N26 derzeit einen Sonderbeauftragten der Aufsicht im Haus hat und zu einer Deckelung der Neukunden pro Monat verdonnert wurde, ist davon auszugehen, dass Holding und Banktochter zusätzliche Eigenmittel vorhalten müssen.

Nichtsdestotrotz dürfte N26 auskömmlich kapitalisiert sein. Co-Chef Valentin Stalf hatte angekündigt, dass man bis Mitte 2024 operativ profitabel sein will, wozu dann auch neue Kategorien wie der (immer noch nicht umgesetzte Aktienhandel) beitragen sollen – in Berlin ist zu hören, dass das auch bis zur Jahresmitte noch nicht passieren soll. Allianz-X-Chef Nazim Cetin hatte vor gut einem Jahr eine kritische Sicht („Die Wachstumsschmerzen sind nicht gut“) auf die aktuellen Probleme (BaFin, Wechsel im Top-Management) bei N26 offenbart, was selten ist in der auf Diskretion bedachten Venture-Capital-Branche. Damals zeigte er sich aber noch überzeugt, dass das Management Lösungen für die Probleme finden werde.

Die Allianz ist seit 2018 bei N26 investiert, die seitdem mehre Finanzierungsrunden durchgeführt hat. In einem VC-Portfolio werden Beteiligungen in der Regel sieben bis acht Jahre gehalten. Ein Börsengang von N26 könnte frühestens 2024 erfolgen, wenn die Neobank profitabel ist – bis dahin will die Allianz aber offenbar nicht warten. Im Bereich Zahlungsverkehr und Kontodienste dürften die Einnahmen bei N26 gut laufen, auch die Zinswende stützt das Ergebnis. Gegenwind gibt es durch erhöhte regulatorische Kosten für Compliance sowie den Neukundendeckel.

Man wird abwarten müssen, ob sich der Anteilsverkauf tatsächlich zu der sich konturierenden Bewertung materialisiert. Der Discount erscheint doch heftig – und wäre ein böses Omen für den gesamten Sektor sowie speziell für Konkurrenten wie Revolut, sollten die noch einmal Mittel aufnehmen wollen. Revolut war zuletzt mit 33 Mrd. Dollar bewertet worden, hat aber immer noch keine Banklizenz für Großbritannien. Außerdem gab es Probleme, beim 2021er Abschluss alle Umsätze nachvollziehbar nach IFRS zu verbuchen.

Gute Zeiten, schlechte Zeiten: Nachdem N26 2021 vom Bewertungshype profitierte, können Anteile in Sekundärmarkt-Transaktionen nun nur noch mit großem Discount platziert werden. Die Stunde der Wahrheit für die Neobank schlägt dann beim Börsengang, der ab 2024 stattfinden könnte.

Valentin Stalf
Nazim Cetin
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Valentin Stalf