Anbang Insurance drängt mit aggressivem Expansionskurs ins Rampenlicht
Von Norbert Hellmann,SchanghaiDer chinesische Lebensversicherer und Vermögensverwalter Anbang Insurance Group macht in rascher Folge mit dem Erwerb eines koreanischen und eines niederländischen Versicherers auf sich aufmerksam. Am Dienstag wurde der Erwerb eines Mehrheitsanteils am koreanischen Lebensversicherer Tongyang Life Insurance festgezurrt. Anbang erwirbt für umgerechnet 1 Mrd. Dollar 63 % des Aktienkapitals der an Nummer 8 im koreanischen Lebensversicherungsmarkt stehenden Tongyang-Gruppe. Stolze PrämieDas Gros der Anteil wird vom koreanischen Beteiligungshaus Vogo Investment abgegeben. Anbang zahlt dabei eine stolze Prämie: Die Offerte bewertet Tongynag mit einem Aufschlag von 45 % auf die Schlussnotierung der Tongyang-Aktie vom Montag. Analysten gehen davon aus, dass die aggressiv expandierende Anbang-Gruppe mit Tongyang eine erste Plattform sichern will, auf deren Basis weitere Akquisitionen im koreanischen Finanzdienstleistungssektor anstehen. Im vergangenen Jahr war Anbang bereits als Bieter für den Erwerb einer 2,7 Mrd. Dollar schweren Mehrheitsbeteiligung an der südkoreanischen Woori Bank aufgetreten, doch scheiterte die Transaktion an einem kapitalmarktrechtlichen Hindernis. Vivat auf dem EinkaufszettelAnbang, die mit Aktiva von mehr als 800 Mrd. Yuan (115 Mrd. Euro) und einem Marktanteil von rund 4 % als Nummer 8 im chinesischen Lebensversicherungsgeschäft geführt wird, hat in den letzten Wochen ein regelrechtes Trommelfeuer an bunt gestreuten Engagements und Akquisitionen entfacht. Am Montag erst gab Anbang bekannt, dass sie den nach einer Auffangaktion verstaatlichten niederländischen Versicherer Vivat für eine Zahlung in Höhe 150 Mill. Euro aus dem Verwertungsbestand der Regierung herauslösen wird.Die Transaktion ist mit einer Zusicherung verbunden, das Kapital der Vivat mit einem Mitteleinschuss in Höhe von 770 Mill. bis zu 1 Mrd. Euro aufzufüllen. Unter Einrechnung der ausstehenden Schulden von Vivat von rund 550 Mrd. Euro, wird sich Anbangs Engagement also auf mindestens knapp 1,5 Mrd. Euro belaufen. Vivat ist eine Tochter des niederländischen Finanzdienstleisters SNS Reaal, der vor zwei Jahren im Rahmen einer 3,7 Mrd. Euro schweren Auffangaktion verstaatlicht worden war. Benelux als BrückenkopfIn einer kurzen Mitteilung der Gesellschaft heißt es, dass der Erwerb von Vivat zu einer Strategie der internationalen Diversifizierung und Expansion passe. Dabei könne man von der laufenden Konsolidierung im niederländischen Versicherungssektor profitieren. Mit dem Vivat-Deal unterstreicht Anbang das offensichtliche Interesse, eine europäische Präsenz mit Schwerpunkt im Benelux-Raum aufzubauen.Mitte Dezember kündigte Anbang an, Delta Lloyd Banking Belgium und damit das belgische Bankengeschäft des niederländischen Versicherers Delta Lloyd NV zu übernehmen. Hier soll der Kaufpreis bei 217 Mill. Euro liegen. Praktisch zeitgleich hatte Anbang eine Vereinbarung getroffen, die belgische Fidea NV für einen allerdings nicht genannten Betrag zu übernehmen.Anbang hatte sich bei dieser Gelegenheit zwar nicht explizit zu der Ratio der Zukäufe geäußert, aber durchblicken lassen, dass man auf globale Akquisitionssuche gehe, und Belgien im Herzen der Europäischen Union als einen Brückenkopf für europäisches Geschäft ansehe.Vor Anbangs Avancen hatte es bislang nur einmal einen chinesischen Vorstoß in den europäischen Versicherungsmarkt gegeben. Im Jahr 2007 kaufte Chinas zweitgrößter Lebensversicherer Ping An Insurance für 2,7 Mrd. Dollar 5 % der belgisch-niederländischen Fortis-Gruppe. Das Engagement musste allerdings fast vollständig abgeschrieben werden, als Fortis als ein prominentes Opfer der globalen Finanzkrise verstaatlicht und zerschlagen wurde. Einzug im Waldorf AstoriaChinesische Versicherer sehen sich allerdings verstärkt auf ausländischen Immobilienmärken um, nachdem Auflagen bezüglich des zulässigen Investmentspektrums gelockert wurden. Während sich Ping An mit dem Erwerb des Bürogebäudes des Versicherungsmarktes Lloyds of London im Herzen der Londoner City hervorgetan hat, ist Anbang seit vergangener Woche der offizielle Eigentümer des prestigereichen New Yorker Luxushotels Waldorf Astoria.Anbang erwies sich als der mit Abstand großzügigste Bieter für das im Sommer vergangenen Jahres von der Hotelgruppe Hilton zum Verkauf gestellte Prestigeobjekt und stemmt mit 1,95 Mrd. Dollar dabei einen sehr großen chinesischen Zukauf im US-Immobilienmarkt.Die nur spärliche Informationen nach außen lassende und auch in China als geheimnisumwittert geltende Anbang sorgt aber nicht nur mit Engagements in Amerika, Europa und Asien für Schlagzeilen. Minsheng Bank im VisierIm chinesischen Markt macht Anbang mit dem Aufbau einer rasch wachsenden Beteiligung an der China Minsheng Banking Corp. auf sich aufmerksam. Diese zählt zu den zehn größten Kreditinstituten im Reich der Mitte und ist die einzige nicht explizit staatskontrollierte chinesische Großbank. In den vergangenen Monaten baute Anbang sukzessive ihre Beteiligung an der börsennotierten Minsheng auf und ist nach dem letzten Stand der Dinge mit über 20 % zum größten Aktionär avanciert. Minsheng bringt eine Börsenkapitalisierung von 301 Mrd. Yuan (42 Mrd. Euro) auf die Waage.