Anlage von Reserveliquidität für Unternehmen
Ausnahmesituationen und extreme Krisenzeiten an den Kapitalmärkten sind gekennzeichnet von Herdenpanik, deren Auswirkung sich de facto keine bis ganz wenige Assets entziehen können. Einige Vermögenswerte verlieren in solchen Phasen ganz oder teilweise ihren Status als sicherer Hafen. Die Kapitulation an den Märkten, wie wir sie aktuell während der Coronakrise erleben, ist somit ein wesentlicher Unterschied zu einem herkömmlichen Abschwung oder einer stärkeren Korrektur. Denn der flächendeckende Shutdown legte einige Wirtschaftszweige binnen kürzester Zeit vollständig trocken und löste einen immensen Liquiditätsbedarf aus. Alle wollen durch dieselbe TürWenn nun aber der überwiegende Teil der Marktteilnehmer verkaufen beziehungsweise kurzfristig durch dieselbe Tür will, werden gewohnte Preisfindungsmechanismen außer Kraft gesetzt. Die Folge sind große Geld-Brief-Spannen und im Verkaufszwang die Realisierung erheblicher Preisabschläge. Gerade in diesen Krisenzeiten zeigt sich, dass die strategische Liquiditätsreserve vielleicht doch nicht so liquide ist wie einst angenommen. In dieser Marktphase ist Liquidität oftmals die wertvollste Assetklasse. Gut, wer davon aktuell ausreichend hat!Unternehmen agieren bei der Strukturierung der Liquiditätsanlage üblicherweise diversifiziert. Meist wird zwischen operativer und strategischer Liquidität unterschieden. Operative Liquidität, die die Aufrechterhaltung des operativen Geschäftsbetriebes sichert, muss kurzfristig – teilweise taggleich – zur Verfügung stehen. Aufgrund der kurzfristigen Verfügbarkeit sind aktuell Negativzinsen hier unumgänglich.Dient die vorgehaltene Liquidität hingegen strategischen Zielen, wie beispielsweise der Wachstumsfinanzierung, steht sie dem Unternehmen mehrere Jahre zur Verfügung. Diesen Spielraum können Unternehmen nutzen, um unter Berücksichtigung eines Risikobudgets zusätzliche Erträge über dosierte Aktien-, Credit- und Zinsprämien zu erwirtschaften.Doch infolge des flächendeckenden Einbruchs der Weltwirtschaft gaben auch die globalen Aktien- und Rentenmärkte massiv nach. Strategische Liquiditätsreserven werden üblicherweise mit einem Risikobudget versehen, um Verluste quantifizierbar zu machen. Auch wenn ein entsprechendes Risiko-Overlay in dieser Phase greift und Verluste auf ein vorab definiertes Risiko-Level reduziert werden können, so ist die strategische Liquiditätsreserve kurzfristig nur unter Inkaufnahme entsprechender Abschläge liquidierbar. Negativzinsen unumgänglichSoll die Liquiditätsreserve möglichst sicher angelegt werden, bleibt nur die Möglichkeit, in hochliquide, kurzlaufende Instrumente zu investieren, die im aktuellen Umfeld eine niedrige bzw. negative Rendite generieren. Der Fokus liegt hierbei auf Staatsanleihen und Papieren staatsnaher Emittenten bester Bonitäten. Durch den Einsatz von Einlagenzertifikaten (Certificate of Deposit) lässt sich aktuell nach Kosten eine Rendite von – 0,3% p. a. erzielen. Soll die Reserveliquidität also möglichst schnell verfügbar angelegt werden, sind Negativzinsen unumgänglich. Das mag in absoluter Höhe nicht erfreulich sein, im Vergleich zur negativen Verzinsung am Geldmarkt – der 3-Monats-Euribor liegt derzeit bei – 0,45 % – ist dieses Investment jedoch vorteilhaft.Wir im Hause der Helaba Invest beobachten, dass Unternehmen vielfach dazu übergehen, die Kapitalanlagestruktur feingliedriger zu segmentieren. Zwischen der kurzfristigen und der strategischen Liquidität etabliert sich hier nunmehr die mittelfristige Liquiditätsreserve, die Reserveliquidität. Bei einem mittelfristigen Anlagehorizont von bis zu 6 Monaten soll die Reserveliquidität eine vergleichsweise hohe Fungibilität gewährleisten. Gleichzeitig gilt es, Erträge oberhalb des Geldmarktniveaus zu erzielen.Um dieses Anlageziel zu erreichen, muss die Liquiditätsanlage zwischen dem Renditeanspruch und einer schnellen Liquidierbarkeit austariert werden. Denn es gilt nach wie vor, dass die Rendite eine Funktion des Risikos ist: Je schlechter die Bonität eines Schuldners, desto höher die Rendite und umgekehrt. Um mit der Reserveliquidität einen Ertrag oberhalb der Nulllinie zu erwirtschaften, müssen Investoren also bereit sein, im geldmarktnahen Bereich größtenteils kalkulierbare Risiken einzugehen. Dies gelingt durch Corporate Bonds mit kurzer Laufzeit oder variabler Zinsbindung.Die Helaba Invest bietet ihren Unternehmenskunden ein Kurzläufer-Konzept, das genau diesem Anspruch gerecht wird. Die Strategie zeichnet sich durch kurze Laufzeiten, gute Bonitäten, eine breite Diversifikation und eine gute Liquidität aus. Bei einem Durchschnittsrating von “A+” wird das Portfolio im Wesentlichen in Unternehmensanleihen und Geldmarktinstrumente mit sehr kurzer Laufzeit investiert. Der dahinterstehende Investmentprozess ist am ehesten als “Buy and Maintain”-Ansatz zu klassifizieren, denn aktive Trading-Strategien und damit verbundene Transaktionskosten stehen konträr zu einem kosteneffizienten Aufsatz des Liquiditätsportfolios. “Buy and Maintain” bedeutet dabei keinesfalls, dass die Kurzläufer bis zur Endfälligkeit gehalten werden müssen. Ergibt sich für das Unternehmen ein Liquiditätsbedarf, kann das Portfolio in der Regel zeitnah liquidiert werden. Risiken früh identifizierenUmso bedeutsamer wird dadurch allerdings auch ein stringentes und vorausschauendes Risikomanagement. Denn um eingegangene Investments über die komplette – wenn auch kurze – Restlaufzeit im Portfolio halten zu können, müssen mögliche Risikoquellen frühzeitig identifiziert werden. Hierfür nutzt die Helaba Invest seit 2002 einen quantitativen Bewertungsmechanismus namens Hi-Score, der es ermöglicht, losgelöst von externem Research und Ratings eine fundierte Bewertung und Risikoeinschätzung vorzunehmen. Potenzielle Bonitätsrisiken lassen sich mit diesem Approach vielfach bereits identifizieren, bevor sie sich in Form von Downgrades in der Bewertung niederschlagen.In der Coronakrise zeigt sich einmal mehr, dass die Liquiditätslage von überragender Bedeutung ist. Bevor eine Investition getätigt wird, werden daher Emittenten identifiziert, deren Liquiditätsausstattung schwach ist oder die einen sehr hohen Fixkostenblock tragen, den sie mit der vorhandenen Liquidität decken müssen. Titel, die in diesem Screening auffallen, werden anschließend einer genaueren qualitativen Analyse unterzogen. Dabei wird geprüft, ob und inwieweit die Möglichkeit besteht, Liquidität sicherzustellen oder zu beschaffen. Brechen diese Möglichkeiten weg, sehen wir von einem Investment ab.Auch nach der Investition erfolgt ein permanentes Risiko-Monitoring. Hier zeigt sich auch der Unterschied zum “Buy and Hold”-Portfolio. Sollten die potenziellen Portfoliorisiken zunehmen, wird das Portfolio unmittelbar defensiver aufgestellt. Andere Risikofaktoren werden hingegen von vornherein eliminiert. So wird zum einen eine ausgeglichene Sektorallokation verfolgt, zum anderen werden Währungsrisiken konsequent ausgeschlossen.Dennoch lässt der Investmentansatz dem Fondsmanagement ausreichende Freiheitsgrade, um Chancen, die sich aus den aktuellen Marktverwerfungen ergeben, für einen Rendite-Pickup zu nutzen. So lassen sich auch im ultrakurzen Ende des Laufzeitbandes vergleichsweise attraktive Renditen darstellen. Selbst im derzeitigen Marktumfeld ist die “schwarze Null” durchaus realisierbar. Werkzeug für das TreasuryMit diesem Ansatz lässt sich ein Portfolio mit solider Liquiditäts- und Risikostruktur darstellen. Eine jederzeitige, möglichst taggleiche Fungibilität, wie bei Geldmarktfonds, wird mit dem Konzept für Reserveliquidität naturgemäß nicht erreicht. Der Ansatz für die Anlage von Reserveliquidität ist also kein Allheilmittel zur Vermeidung von Negativzinsen. Vielmehr ist es ein sinnvolles Werkzeug für das Treasury, um die Liquiditätsanlage breiter aufzustellen. Cash is KingLetzen Endes verfolgt das Cash-Management im Unternehmen weiterhin die drei Ziele Kapitalerhalt, Ertrag und Liquidität. Mit einer Investmentlösung für Reserveliquidität gelingt hier der Brückenschlag zwischen operativer und strategischer Liquidität. Die Coronakrise hat uns aktuell aber auch noch einmal transparent vor Augen geführt, insbesondere den Faktor Liquidität nicht zu vernachlässigen. Denn in dieser Marktphase gilt mehr denn je: Cash is King! Jens Bies, Abteilungsleiter Asset Management Renten & FX, Helaba Invest und Markus Rauch, Direktor, Produktspezialist, Helaba Invest