Meldepflichten

Anti-Geldwäsche-Einheit FIU soll nicht mehr jeden Verdacht prüfen

Mit einer Flut von Verdachtsmeldungen ist die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU konfrontiert. Eine Gesetzesnovelle soll Erleichterung schaffen. Der Bund der Kriminalbeamten ist besorgt. Für die Kreditwirtschaft verkennt die Novelle die Ursachen.

Anti-Geldwäsche-Einheit FIU soll nicht mehr jeden Verdacht prüfen

Anti-Geldwäsche-Einheit FIU soll nicht mehr jeden Verdacht prüfen

Kabinett billigt Regierungsentwurf – Hilfe gegen die Flut von Meldungen – Kritik von Kriminalbeamten und aus der Kreditwirtschaft

wf Berlin

Die Verfolgung von Geldwäsche soll in Deutschland künftig effektiver werden und auf rechtsicheren Füßen stehen. Das Bundeskabinett hat in Berlin den Regierungsentwurf zur Stärkung der Arbeit der Anti-Geldwäsche-Einheit FIU (Financial Intelligence Unit/Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen) beschlossen. Mit dem Entwurf wird der risikobasierte Ansatz der FIU zur Untersuchung von Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz künftig auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Dazu solle der gesetzliche Kernauftrag der FIU nachgeschärft werden, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit vor der Presse in Berlin. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr in Kraft treten.

Die FIU kämpft mit einer Flut von Verdachtsmeldungen. Ihre Arbeit stand wiederholt in der Kritik. Die Einheit ist 2016 beim Zoll als Meldestelle für Verdachtsfälle von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung eingerichtet worden. Faktisch arbeitet die FIU bereits seit Anfang 2020 mit einem risikobasierten Ansatz gegen die explodierte Zahl von Verdachtsmeldungen. Seit Gründung der Einheit 2016 war sie deutlich nach oben geschnellt und hatte sich 2021 auf knapp 300.000 Meldungen mehr als verdoppelt.

Flut von Verdachtsmeldungen

Ursache dafür waren unter anderem wiederholte Novellen des Geldwäschegesetzes, die den Kreis der Meldepflichtigen und die meldepflichtigen Geschäfte erweitert hatten. Im Februar war bekannt geworden, dass zwischen Januar 2020 und September 2022 rund 100.000 Geldwäsche-Verdachtsmeldungen bei der FIU liegen geblieben waren. Im Mai meldete das Bundesfinanzministerium die Nachholarbeit als erledigt. Derzeit beschäftigt die FIU rund 670 Mitarbeiter, bis 2026 sollen es mehr als 800 sein.

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Mit dem risikobasierten Ansatz soll die FIU Meldungen mit automatisierten Verfahren effizient filtern sowie vertieft analysieren, heißt es im Regierungsentwurf. Zudem will der Entwurf die Analyse auf Geldwäsche, damit zusammenhängende Vortaten und Terrorismusfinanzierung beschränken. Damit muss die FIU nicht mehr jegliche Hinweise auf Straftaten an die Strafverfolgungsbehörden weiterleiten. Dies sei Kernauftrag der FIU und stehe im Einklang mit EU-Recht, heißt es im Regierungsentwurf. Beim Bund Deutscher Kriminalbeamter stößt dies auf starke Kritik. Die Flut von Meldepflichten soll zudem eine Bagatellregelung eindämmen. Bisher kann die FIU im Benehmen mit den Aufsichtsbehörden typisierte Transaktionen als meldepflichtig bestimmen. Künftig soll sie auch nicht meldepflichtige Transaktionen typisieren können. Die Geldwäscheverfolgung in Deutschland hatte bei einer turnusgemäßen Prüfung 2022 durch die internationale Anti-Geldwäsche-Organisation FATF schlecht abgeschnitten. Polizei und Kriminalbeamte lehnen den risikobasierten Ansatz ab.

“Hausgemachte Probleme”

Für den Bund Deutscher Kriminalbeamter sind die Probleme hausgemacht und beruhen von Beginn an “allein auf einzigartigem Behördenversagen der FIU selbst”. Die Filter der IT-Systeme seien unwirksam, kritisierte er schon den Referentenentwurf. Es werde mit Schlagworten gesucht – nur nach bekannten Kriminalitätsphänomen. Neue Phänomene ließen sich durch die selektierte Suche nicht erkennen. Werthaltige Meldungen seien nicht von geringfügigen zu unterscheiden. Personalien der Verdächtigen gebe die FIU ohne Verifizierung ein. Bei Schreibfehlern oder Zahlendrehern würde falsche Personalien mit den Datenbeständen abgeglichen. Mangels kriminalistischer Expertise könne die FIU auch nicht eingehend analysieren. Aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei birgt der risikobasierte Ansatz mehr Risiken als Nutzen für die effektive Geldwäschebekämpfung. Bestenfalls schütze er die FIU-Beschäftigten vor dem Vorwurf einer möglichen Strafvereitelung. Die Deutsche Kreditwirtschaft hielt dem Referentenentwurf entgegen, die Ursachen der hohen Zahl der Verdachtsmeldungen zu verkennen. Schon der FATF-Bericht verweise auf den starken Anstieg der Verdachtsmeldungen im Bankensektor und mahne an, “defensive Verdachtsmeldungen” auszuschließen. Dazu ist aus DK-Sicht mehr Rechtssicherheit bei den bußgeldbewehrten Meldepflichten nötig. Auch für Verdachtsmeldungen bei Bagatelltransaktionen dringt die DK auf eine Korrektur des Gesetzes.

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