Aufsichtspraxis verteuert Immobilienkredite
Regulierung treibt Margen hoch
Banken verlieren bei Finanzierungen an Kreditfonds
tl Frankfurt
Die Margen deutscher Banken bei Immobilienkrediten haben in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt. Das ergab eine Befragung von Finanzierern durch den Kreditservicer BF.direkt. Nach den Daten des BF.Quartalsbarometers bewegten sich die durchschnittlichen Margen bei Bestandsimmobilien von 2015 bis Anfang 2022 zwischen 120 und 170 Basispunkten. Dann stiegen sie deutlich über 200 Basispunkte und pendeln seit etwa zwei Jahren zwischen 220 und 240 Basispunkten.
Zinswende als Auslöser
„Wenn man die Margen über einen längeren Zeitraum betrachtet, springt ins Auge, dass der große Anstieg vor allem im Zuge der Zinswende 2022 und 2023 erfolgte“, sagt BF.direkt CEO Francesco Fedele. Das habe zwei Gründe. „Erstens stufen die Banken Immobilienfinanzierungen im neuen Marktumfeld als riskanter ein und lassen sich diese Risiken vergüten. Zweitens spielt aber auch die zunehmende Regulierung in der letzten Dekade eine wichtige Rolle. Die Banken müssen mehr Eigenkapital hinterlegen. Das wiederum ist knapp und das spiegelt sich auch in den Margen wider.“
Das sieht auch Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Pfandbriefbankenverbands VDP so. Die höheren Kreditkosten ließen sich „vor allem auf die zunehmenden Regulierungsanforderungen zurückführen. Regulatorisch bedingte Kosten im Zusammenhang mit der deutlich gestiegenen Eigenkapital-Unterlegung machen heute einen nicht zu unterschätzenden Anteil der Kreditkosten aus.“
Refinanzierung kann teurer werden
Fabio Carrozza von BF.real estate finance verweist noch auf die Refinanzierungskosten. „Je höher die Bonität einer Bank und umso mehr Finanzierungsquellen sie hat, desto niedriger sind die eigenen Refinanzierungskosten. Gerade wer sich im Interbankenmarkt refinanzieren muss, hat höhere Kosten, die er an seine eigenen Kreditnehmer weitergeben muss.“
Die deutlich verlängerten Kreditvergabeprozesse der Banken sind für Tolckmitt „unmittelbare Folge der heutigen Aufsichtspraxis: Zahlreiche überbordende Prüfungen binden erhebliche Ressourcen in den Instituten, die für die Bearbeitung des Neugeschäfts nicht zur Verfügung stehen.“ Das Fazit ist für Tolckmitt damit klar: „Es wird überreguliert.“ Es werde aber auch „überbeaufsichtigt“. Der Umgang mit der aktuellen Regulatorik in der Aufsichtspraxis sei mindestens so problematisch wie die Fülle an Vorgaben selbst und deren Ausgestaltung.
Zweifelhafte Konsequenz
Die Konsequenz, dass viele Finanzierungen heute aus dem nicht regulierten Bereich wie Kreditfonds kommen, stellt Tolckmitt infrage: „Ist das von den Regulierern und Politikern wirklich gewollt? Im KWG steht zu Recht: Kreditgeschäft ist Bankgeschäft. Leider geht dieser Grundsatz zunehmend verloren.“
Artikel Seite 5