IM GESPRÄCH: KARL IM BRAHM UND MINHO ROTH

Avaloq setzt in Deutschland auf Privatbanken

CEO der Avaloq Sourcing (Europe) erwartet auch in Großbritannien Wachstum - VC-Chef peilt Investitionen in Kryptofirmen an

Avaloq setzt in Deutschland auf Privatbanken

Die Schweizer Softwareschmiede Avaloq will in Deutschland Boden gutmachen. Als Ziel nimmt sich Landeschef Karl im Brahm vor, jedes Jahr zumindest einen größeren Kunden unter den Privatbanken zu gewinnen. Das Wachstum der Gruppe soll unter anderem das Kryptogeschäft beflügeln, hofft Minho Roth, der den Risikokapital-Arm führt. Von Tobias Fischer, FrankfurtDer Schweizer IT-Dienstleister Avaloq möchte sein Deutschland-Geschäft mit der Fokussierung auf Privatbanken ausweiten. “Jedes Jahr wollen wir einen weiteren mittelgroßen oder großen Kunden hinzugewinnen”, sagt Karl im Brahm, der seit Mitte vergangenen Jahres Vorstandschef der Avaloq Sourcing (Europe) AG und damit auch für das Deutschland-Geschäft verantwortlich ist, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Weil Sparkassen und Kreditgenossen von ihren eigenen Dienstleistern Finanz Informatik und Fiducia & GAD weitgehend abgedeckt würden, verblieben als potenzielle Klientel 200 bis 300 Privatbanken, so im Brahm. Kaum Chancen in Verbünden”Wir zielen insbesondere auf den Privatbankensektor. Ich glaube, dass wir einzelne Volksbanken und Sparkassen nicht als Kunden gewinnen können”, auch wenn den Schweizern ein prestigeträchtiger Coup gelang, als ihnen die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apo-Bank) 2017 den Zuschlag für ein neues IT-System erteilte. Das Kernbankensystem der Apo-Bank als größtem Primärinstitut des genossenschaftlichen Finanzverbundes, das zudem von der EZB direkt beaufsichtigt wird, unterliegt freilich besonderen Anforderungen. Zu den weltweit derzeit insgesamt 158 Bank- und Vermögensverwaltungskunden zählen in Deutschland sechs: neben der Apo-Bank die Quirin Privatbank, Vontobel Europe, V-Bank, Tradegate Wertpapierhandelsbank und Isbank. Weiterer Stellenaufbau Dem hiesigen Markt bescheinigt im Brahm Potenzial, das für Avaloq schließlich in Wachstum münden werde. “Wir investieren in Leute: Im vergangenen Jahr haben wir mehr als 50 neue Mitarbeiter in Deutschland eingestellt, vorwiegend in Produktentwicklung und Sales.” Damit sind in Summe 180 der global mehr als 2 000 Avaloq-Mitarbeiter in Deutschland tätig – 140 in Berlin, wo Avaloq ein Outsourcing-Zentrum betreibt, und je 20 in Leipzig und Düsseldorf. Der Standort in der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens soll ausgebaut werden, kündigt im Brahm an. Aber nicht nur dort: “Deutschland und Großbritannien zählen in Europa zu den Märkten, in denen wir die stärkste Nachfrage und das stärkste Wachstum sehen.” Der bevorstehende Austritt der Briten stehe nicht im Widerspruch dazu. “Im Gegenteil, denn zusätzliche Regulatorik ist typischerweise gut fürs Geschäft.” Der Anteil des Umsatzes, den Avaloq im Heimatmarkt verbucht, sinkt. Die Gewichte verschieben sich gen Wirtschaftsraum EMEA, also Europa, Naher Osten und Afrika, sowie Asien-Pazifik (s. Grafik).In Deutschland müht sich der Dienstleister schon seit Längerem voranzukommen. Das Volumen der Assets der Banken, die Avaloq im Outsourcing-Zentrum in Berlin betreut, hat sich seit der Übernahme des Centers von der Quirin Bank im Jahr 2016 nicht geändert. Nach wie vor sind es 30 Mrd. Euro. Seitdem mussten die Schweizer einen herben Rückschlag bei ihren Expansionsbestrebungen hinnehmen, weil die BHF-Bank im Oktober 2016 von ihrer ursprünglichen Entscheidung Abstand nahm, die Avaloq-Bankensoftware einzuführen. Als offizielle Begründung hielt die Übernahme der BHF durch Oddo und eine strategische Neuausrichtung her. Auch bei den Sparda-Banken kam Avaloq nicht zum Zug. Im vergangenen Dezember hatten sich sieben Institute, die auf der Suche nach einem IT-Partner waren, schließlich für die französische Sopra Steria entschieden. Dass Avaloq neben Fiducia & GAD zumindest mit im Rennen war, verbucht im Brahm als Anerkennung. Und nicht nur mit der Apo-Bank, sondern auch mit Raiffeisen in der Schweiz habe man die eigenen Fähigkeiten unter Beweis gestellt. Ende Januar vermeldete Avaloq, dass 253 Institute der drittgrößten Bankengruppe der Schweiz auf die Plattform des IT-Dienstleisters migriert sind. “Was wir in der Schweiz können, können wir auch in Deutschland”, sagt im Brahm, der einst der erweiterten Geschäftsleitung der Postbank und dem Vorstand von S Broker sowie der Deutschen Wertpapierservice Bank angehörte.Die Schweizer stellen auf Basis ihrer selbst entwickelten Gesamtbanklösung Avaloq Banking Suite eine cloudbasierte Plattform zur Verfügung, die sich per offenen Programmierschnittstellen (API) nach Gutdünken um Angebote externer Anbieter erweitern lässt, mit denen Avaloq zusammenarbeitet. “Perspektivisch wird es sich so entwickeln, dass wir eine Art Appstore für Banken zur Verfügung stellen”, berichtet im Brahm. Mehr als 70 Software-Module deckten im “Software as a Service”-Geschäft (SaaS) sämtliche Aspekte des Private und Retail Banking sowie der Vermögensverwaltung ab, heißt es.Seit Neuestem wird zusätzlich eine PSD2-Lösung geliefert. Die ab 14. September vollumfänglich umzusetzende EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 betrachtet im Brahm als Chance, werde die Öffnung der Konten für autorisierte Drittanbieter doch das Plattformgeschäft befeuern. SaaS-Anbieter wie Avaloq halten für ihre Kunden nicht nur Software über das Internet bereit, sondern übernehmen gleich auch Wartung und Administration. Statt stets gleich hoher Softwarelizenzen fallen Gebühren nach Nutzung an. Darüber hinaus können Kunden beispielsweise ihre Back-Office-Prozesse outsourcen (Business Process as a Service/BPaaS). Avaloq übernimmt die Automatisierung in ihren Outsourcing-Zentren. Die Cost-Income-Ratio einer Bank lasse sich so im Schnitt um bis zu 6 Basispunkte verbessern, sagt im Brahm. Basierend auf dem SaaS-Modell hat das Unternehmen eine Digitalbank für die auf den Britischen Jungferninseln zugelassene Bank of Asia aufgebaut. Unter der Maßgabe niedriger Betriebskosten stellt Avaloq die digitale Infrastruktur über ihr Servicecenter in Singapur zur Verfügung, in die Angebote von Drittanbietern integriert werden. Innerhalb von sechs Monaten sei es möglich, solche Greenfield-Banken von null an zu errichten, berichtet im Brahm.Um hoffnungsvolle Fintechs zu finden, die zum Avaloq-Universum passen, also konkrete Lösungen für Kundennachfrage bieten und Avaloq zur Talentfindung dienen, wurde Ende 2018 die Tochtergesellschaft Avaloq Ventures gegründet. Sie bietet den Fintechs, die ihre Produkte und Dienstleistungen über die Banking-Plattform anbieten, Zugang zu Risikokapital und Kunden.Den Venture-Capital-Fonds befüllt die Avaloq-Gruppe, flankiert von Co-Investoren. Wie viel Geld sie zur Verfügung gestellt haben, will Ventures-CEO Minho Roth nicht sagen. Der einstige Börsenhändler bei der Baader Bank erachtet Firmen mit Bezug zu Blockchain, Token und Kryptowährungen als besonders interessant. “Viele Unternehmen in der Finanzbranche, die sich nicht auf die Blockchain und die Tokenisierung einlassen, wird es in 20 Jahren nicht mehr in dieser Form geben”, sagt er.Daneben seien etwa Lösungen im Wealth Management vielversprechend, so in der Portfoliooptimierung. An der Schnittstelle von Krypto und Private Banking ist die Avaloq-Gruppe eine zehnprozentige Beteiligung an Metaco eingegangen, einem Fintech aus Lausanne, das eine Art digitaler Safes zur Aufbewahrung von Krypto-Vermögenswerten für institutionelle Kunden anbietet. Dem Engagement im Frühjahr vergangenen Jahres folgte im Dezember die Ankündigung, dem Avaloq-Kunden Gazprombank (Switzerland) bis Mitte 2019 gemeinsam die Verwaltung seiner Kundenportfolios in allen Anlageklassen, inklusive Kryptowährungen, zu ermöglichen.Das direkte Engagement des Venture-Arms an Fintechs soll sich auf Minderheitsanteile beschränken. “Wir streben keine Mehrheitsbeteiligungen an Fintechs an. Die Anteile bewegen sich voraussichtlich zwischen 5 und 30 %”, sagt Roth. Weitere Beteiligungen stünden kurz bevor: “Wir werden in den kommenden Monaten etwas sehen, dann werden zwei, drei Investments folgen.”