Risikobericht vorgestellt

BaFin sieht mehr Gefahren an breiter Front

Während die Finanzbranche die Zinswende aus Sicht der BaFin verdaut hat, wächst das Risiko von System- und Kreditausfällen. Vor allem Hackerangriffe und die IT-Auslagerung treiben die Finanzaufsicht um. Immobilienrisiken nähmen zwar zu, seien aber verkraftbar, wie BaFin-Chef Mark Branson deutlich macht.

BaFin sieht mehr Gefahren an breiter Front

BaFin sieht mehr Gefahren an breiter Front

Während die Finanzbranche die Zinswende verdaut hat, wächst laut Aufsicht das Risiko von System- und Kreditausfällen

jsc Frankfurt

Nicht nur finanzielle, auch operationelle Risiken verdienen nach Auffassung der deutschen Finanzaufsicht einen kritischen Blick. Vor allem Hackerangriffe und die IT-Auslagerung treiben die BaFin um. Immobilienrisiken nähmen zwar zu, seien aber verkraftbar, wie BaFin-Präsident Mark Branson deutlich macht.

Die deutsche Finanzaufsicht sieht eine ganze Reihe Risiken auf die Banken zukommen – sowohl in den Immobilien- und Firmenkundenmärkten als auch im operativen Betrieb. Die Gefahr von Schadprogrammen sei für den Finanzsektor so hoch wie nie und zugleich mache die Verflechtung zwischen Branche und externen IT-Dienstleistern das System womöglich verwundbarer, wie die BaFin in ihrem Ausblick „Risiken im Fokus“ am Dienstag festhielt. Darüber hinaus gehe die schwierige weltpolitische Lage mit der Gefahr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einher.

„Das Nervensystem der modernen Finanzwelt ist weit verästelt und hat in den vergangenen Jahren zahlreiche zusätzliche Synapsen gebildet“, sagte BaFin-Präsident Mark Branson am Nachmittag auf einer Pressekonferenz. „Damit ist es auch empfindlicher geworden.“ Nicht nur Pannen bei Banken, sondern auch bei Dienstleistern können demnach zu Störungen führen, wie er warnte. Finanzunternehmen müssten stärker in die Stabilität ihrer Systeme investieren.

Hacker-Industrie greift an

Die Gefahr von Hackerangriffen steige: Dazu zählten die Verschlüsselung von Daten, um Lösegeld zu erpressen (Ransomware), aber auch eine gezielte Flut an Datenabfragen, um Server lahmzulegen (Distributed Denial of Service, DDoS). Mittlerweile sei eine Art Industrie für verbotene Attacken entstanden, warnte Branson. Die Angriffe näherten sich dem „Herzen der Finanzindustrie“.

Auch führt die BaFin die Auslagerung von IT-Dienstleistungen als wesentliches Risiko auf. Finanzunternehmen könnten so Skaleneffekte erzielen, Kosten sparen und Erträge steigern. Zugleich nähmen Vernetzung und Konzentration damit zu. So bediene eine kleine Zahl spezialisierter IT-Firmen weite Teile der Kreditwirtschaft, etwa in der Zahlungsabwicklung. Einen genauen Blick will die BaFin aber auch auf Cloud-Konzerne werfen, etwa auf Microsoft, Amazon und Google.

Immobilienrisiken verkraftbar

Die Gefahr von Kreditausfällen im Zuge der Immobilienkrise nimmt zwar laut BaFin ebenfalls zu. Allerdings komme das Finanzsystem dadurch insgesamt wohl eher nicht ins Wanken, betonte Branson. Betroffen seien jedoch einzelne Adressen. So fielen in der gewerblichen Immobilienfinanzierung größere Einzelrisiken an. Auch spezialisierten sich einige Banken auf dieses Segment und seien somit verwundbar.

Offene Immobilienfonds wiederum profitierten von der Einführung von Mindesthalte- und Kündigungsfristen im Jahr 2013, wie Branson argumentierte. Die bisher überschaubaren Abflüsse seien verkraftbar. Gleichwohl könne Liquidität im Ernstfall knapp werden.

Nicht steigend, aber weiterhin hoch bleibe das Risiko von Wertverlusten an den internationalen Kapitalmärkten. „Die Märkte erwarten, dass der Zinsgipfel erreicht ist und in absehbarer Zeit bereits erste Zinssenkungen eintreten“, schreibt die Aufsicht im Ausblick. „Adverse Schocks“ könnten aber „abrupte Korrekturen“ nach sich ziehen.

Wertverluste verkraftet

Die Risiken aus einer Zinswende sinken nach Einschätzung der Aufsicht derweil: Zwar mache die Kluft aus kurzfristiger Refinanzierung und langfristigen Ausreichungen – die Fristentransformation – die Kreditwirtschaft verwundbar. Zugleich erkennt die BaFin aber bereits Änderungen in der Bilanzstruktur.

Wertverluste aus dem Zinsanstieg 2022 seien weitgehend realisiert. „Die deutschen Banken und Versicherer haben die abrupten Zinsanstiege verdaut und sich insgesamt als widerstandsfähig erwiesen“, schreibt die Aufsicht. „Im Laufe des Jahres 2023 ist die Wahrscheinlichkeit weiterer signifikanter Zinsanstiege gesunken – und damit auch das Zinsrisiko insgesamt.“

Die hohen Gewinne der Banken und Sparkassen im vergangenen Jahr, die sich aus gestiegenen Zinserträgen speisten, geben im laufenden Turnus nach Erwartung der BaFin nach. Branson rief die Branche dazu auf, die zuletzt gute Finanzlage zu nutzen, um die Risikovorsorge aufzustocken. Das niedrige Niveau leistungsgestörter Kredite werde vermutlich steigen. Insgesamt zeigte sich der BaFin-Präsident eher pessimistisch. „Es wird künftig eher schwerer für die Institute, als es 2023 war.“