Banken müssen sich sputen für Instant-Payment-Umsetzung
Anfang November überraschten das Europaparlament und der EU-Rat mit der Mitteilung, dass man eine vorläufige Einigung zur Verordnung über Instant Payments (IP) erzielt habe. Diese seien dann verpflichtend für die Institute einzuführen und Zahlungen müssen binnen zehn Sekunden ausgeführt sein und zum gleichen Preis wie gängige SEPA-Überweisungen stattfinden.
Thomas WalknerIn dem Entwurf sind nur neun Monate Übergangsfrist zur Erfüllung der Vorgaben auf der Empfängerseite sowie 18 Monate auf Seite der Sender vorgesehen.
Banken und Payment Service Provider (PSPs) stellt das nun vor Probleme, da für die Implementierung recht kurze Übergangsfristen vorgesehen sind. Die beiden Capco-Experten Thomas Walkner und Wesselin Kruschev gehen davon aus, dass die Verordnung noch vor der Europawahl im Juni verabschiedet wird. „Die Umsetzung muss dann sehr schnell gehen. So sind in dem Entwurf nur neun Monate Übergangsfrist zur Erfüllung der Vorgaben auf der Empfängerseite sowie 18 Monate auf Seite der Sender vorgesehen“, erläutert Walkner im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Viele Banken hätten wohl gehofft, die Verordnung würde im Sande verlaufen. Nun müssten sie sich sputen, um Infrastruktur und Compliance darstellen zu können, ergänzt Kruschev.
Saftiger Strafenkatalog
Um den Banken Beine zu machen, ist in der Verordnung ein saftiger Strafenkatalog verankert. „Das können bis zu 10% vom Nettoumsatz oder 5 Mill. Euro bei natürlichen Personen sein“ sagt Kruschev. Solch hohe Strafen sind eher ungewöhnlich im Euro-Raum, aber sie unterstreichen, dass Brüssel bei den Sofortüberweisungen eine geringe Toleranz für Nachzügler hat, ist Instant Payments doch Teil des Projektes zur Kapitalmarktunion. Die beiden Experten gehen davon aus, dass die Zahlungsdienstleister dann eine Parallelinfrastruktur von bisherigen SEPA-Diensten und dem System der Sofortüberweisung haben werden, die alten SEPA-Verfahren also bleiben.
Das Problem: Die Instant-Payment-Infrastruktur muss das ganze Jahr rund um die Uhr und auch am Wochenende laufen. „Das gibt die bisherige IT-Landschaft der Banken inklusive der Kernbankensysteme in der Regel nicht her, womit es sehr herausfordernd ist, die Anforderungen fristgerecht umzusetzen. Wer bereits auf einem modernen Cloud Computing System arbeitet, hat durch einfachere Skalierbarkeit bessere Chancen“, erklärt Walkner. „Ansonsten bleiben nur Workarounds.“
Wesselin KruschevWenn das ein Massenmarkt wird, dann müssten die Systeme für Konto- und Identitätsabgleiche erheblich ausgebaut werden.
Knackig wird es auch bei den Compliance-Checks, die nun innerhalb der kurzen Ausführungszeit abgeschlossen sein müssen. „Im ersten Quartal dieses Jahres liefen gerade einmal 11% aller Euro-Überweisungen innerhalb der EU über Instant Payments. Aber wenn das ein Massenmarkt wird mit vielen tausend Transaktionen pro Sekunde, dann müssten die Systeme für Konto- und Identitätsabgleiche sowohl auf der Sende- wie auch auf der Empfängerseite erheblich ausgebaut werden, um die Ablehnung von Transaktionen, was auch nicht im Sinne des Gesetzgebers ist, zu vermeiden“, erläutert Kruschev.
Zwar ist in der Regulierung eine Möglichkeit vorgesehen, die Compliance-Kontrollen auch außerhalb der einzelnen Transaktionen durch täglichen Abgleich der entsprechenden Sanktions- und Embargolisten mit dem Kundenbestand durchzuführen. Dies erfordert aber neue Prozesse in den Banken und steigert somit noch einmal die operative Komplexität. Für das Monitoring des Umsetzungsfortschrittes sieht die Regulierung neue Berichtspflichten für die Banken. Die nationalen Regulatoren werden in die Pflicht genommen, auch der EU-Kommission zu berichten.
Optionen für Bepreisung
Und was ist mit der Vergütung von Sofortüberweisungen? Da zeigen sich die beiden Experten entspannt. Zwar sei die Bepreisung der Ausführung auf das Niveau gängiger SEPA-Transaktionen begrenzt, aber man könne an dem Schräubchen „Vergütung von Zusatzdiensten“ drehen. Instant Payments ergebe nur Sinn, wenn der Empfänger einer Zahlung über den Geldeingang informiert werde, da könnte man beispielsweise für die Benachrichtigung über eine Zahlung Gebühren verlangen.
Neue Kontenmodelle, die ein Kontingent für kostenfreie Instant-Payment-Überweisungen in das Kontomodell inkludieren, seien ebenso wie weitere Mehrwertdienste denkbar, um Instant Payments zu monetarisieren. Erste Banken haben dafür auch schon Projekte aufgesetzt. Der EU-Gesetzgeber verspricht, es würden sich „Chancen für innovative Dienste mit Zusatznutzen eröffnen“.
Aufmerksam verfolgt wird bei Capco, wie die verschiedenen Regulierungsstränge im Zahlungsverkehr miteinander abgestimmt werden. Das gelte perspektivisch auch für den digitalen Euro, bei dem die beiden Experten davon ausgehen, dass sich eine gute Passung mit Instant Payments ergeben wird – was der European Payment Initiative (EPI) entgegenkäme, die genau an der Schnittstelle punkten will.
Regelwerk folgt auf Regelwerk
Neue Regelwerke halten die Capco-Experten auf Trab. Dazu zählen stetig hereintröpfelnde Neuregelungen wie das Rulebook des European Payment Council (EPC) zu grenzüberschreitenden Echtzeitzahlungen. Auch da müsse man schauen, wie sich das mit den aktuellen Aktivitäten zu Instant Payments verbinden lasse. Europäischer Rat und Parlament hatten wissen lassen, dass die vorläufige Einigung auch „den Besonderheiten von Unternehmen außerhalb des Euro-Währungsgebiets“ Rechnung tragen werde. Die Komplexität im Zahlungsverkehr wird gewiss nicht geringer.
IM GESPRÄCH: THOMAS WALKNER & WESSELIN KRUSCHEV
Instant Payment kommt mit knappen Übergangsfristen
Die beiden Capco-Experten erklären die Anforderungen für Infrastruktur und Compliance
von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Die Übergangsfristen zum Einsatz von Instant Payment sind mit neun und 18 Monaten sportlich gesetzt von Brüssel. Das dürfte viele Banken ins Schleudern bringen, so die beiden Capco-Experten Thomas Walkner und Wesselin Kruschev im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Die fristgerechte Umsetzung werde schwerfallen.