Banken starten "Finledger" für Schuldscheine

Gemeinschaftsprojekt von DekaBank, DWP Bank, DZ Bank und Helaba baut Blockchain-Plattform für Abwicklungsseite des Marktes

Banken starten "Finledger" für Schuldscheine

Am Frankfurter Finanzplatz haben sich vier Schwergewichte zusammengetan, um die Abwicklung von Schuldscheindarlehen ausschließlich über digitale Prozesse abzubilden. Das Ziel ist es, einen Marktstandard in diesem Produkt zu schaffen. Bisherige Lösungen anderer Anbieter fokussieren auf den Handels- oder Emissionsprozess – mit der neuen Plattform Finledger können nun alle Prozessstufen digital laufen.Von Björn Godenrath, FrankfurtDekaBank, DWP Bank, DZ Bank und Helaba haben sich in dem Projekt “Finledger” zusammengetan, um die vollständig digitale Abwicklung von Schuldscheindarlehen zu ermöglichen. Das sei in einem Pilotgeschäft der vier Kreditinstitute erstmals gelungen, so die Projektverantwortlichen gegenüber der Börsen-Zeitung. “Die Findungsphase für Finledger umfasste drei Banken, die bestens etabliert sind am Schuldscheinmarkt – und in Kombination mit einem bestens vertrauten Wertpapierservice-Dienstleister ist das die perfekte Symbiose für Plattform-Orientierung im Zielmarkt Schuldscheine”, so Peter Tenbohlen, Bereichsleiter Operations bei der DZ Bank. “Die Philosophie von Finledger ist, dass wir adaptiv sind zu anderen Schuldschein-Plattformen, die sich auf Emission und Vertrieb von Schuldscheinen konzentrieren. Wir bilden den Abwicklungs- und nicht den Emissionsprozess ab. Finledger ist kein Marktplatz, sondern die Struktur, die das digitalisierte Settlement dieser Produkte ermöglicht”, erklärt Dr. Jürgen Wiedmann, Bereichsleiter Informationstechnologie bei der Helaba. Kunden am HorizontDas jährliche Emissionsvolumen für Corporate-Schuldscheine in Deutschland beträgt knapp 20 Mrd. Euro, das Gros davon findet im öffentlichen und genossenschaftlichen Bankensektor statt. Für das Onboarding weiterer Mitglieder befinden sich die Gründungsinstitute von Finledger derzeit in Abstimmung, es befänden sich bereits Kunden am Horizont, so Wiedmann. “Wir sehen Potenzial, weitere Kunden zu gewinnen, insbesondere im Corporate-Schuldscheinmarkt. Dadurch würden wir weitere Skaleneffekte erzielen können”, so Markus Neukirch, Vorstand IT & Operations bei der DWP Bank. Die Perspektive endet aber nicht bei Schuldscheinen: “Wir entwickeln die Finledger-Infrastruktur so, dass nicht nur Schuldscheine, sondern auch andere Produkte darüber abgebildet werden können. Das Asset-Universum ist deutlich größer”, erläutert Marion Spielmann, Leiterin Bankgeschäftsfelder & Verwahrstelle bei der DekaBank. Vereinfachte ProzesseDie Finledger-Plattform reduziert die Einzelschritte im Vergleich zum bisherigen mehrstufigen Abwicklungsprozess um mehr als 50 %. Die bislang hochgradig manuell und zeitintensive Abwicklung wird vereinfacht und beschleunigt. So ist es für die Abwicklung der Emission von Schuldscheindarlehen dank Finledger nicht länger nötig, Dokumente physisch zu verwahren oder Wertsendungen zu verschicken. Einzelne Prozessschritte können über Finledger nun in Sekundenschnelle ausgeführt werden.Mit dem Pilotgeschäft ist jetzt der erste Schritt des zweistufigen Go-live von Finledger erfolgt. Im nächsten Schritt werde dann ein Geschäft mit einem projektunabhängigen Partner durchgeführt, sagen die Mitglieder des institutsübergreifenden Teams. “Wir sind jetzt in einer Phase, wo es uns im Rahmen von Forschung & Entwicklung gelungen ist, einen Proof-of-Concept erzielt zu haben für die Anwendung der Blockchain in einem Bankgeschäft. Wir sind stolz, dass das nicht in einem externen Entwicklungslabor oder bei einem Fintech gelungen ist, sondern dass die praktische Umsetzung ohne Parallelbetrieb und unter Beachtung sämtlicher regulatorischer und aufsichtsrechtlicher Regelungen eines Bankbetriebes erfolgt”, sagt Tenbohlen. Alle drei beteiligten Institute hätten ähnliche Abwicklungsprozesse, das führe zusammen.Die DWP Bank bleibt sich ihrer Rolle treu: “Wie auch bei weiteren Wertpapierservices im deutschen Finanzmarkt nehmen wir bei der digitalen Abwicklung von Schuldscheindarlehen eine zentrale Rolle ein und bündeln die Umsetzung technischer Anforderungen in unserem Haus. Gleichzeitig ist die Plattform für uns die Basis, um weitere Finanzprodukte mit Hilfe der Blockchain zu digitalisieren”, so Neukirch. Man wolle dort differenzierend ansetzen, wo heute im Abwicklungs- und Settlement-Prozess ein hoher manueller Aufwand bei einem solchen Produkt entstehe, dies dann einer Digitalisierung zuführen und natürlich Effizienzen in diesem Prozess heben.Und dafür haben die Partner nun ein marktfähiges Produkt zur Verfügung, dessen Platz in der Schuldschein-Wertschöpfungskette genau definiert ist: “Wir setzen unsere Anwendung dort an, wo die Abwicklung des Geschäftes beginnt. Die ist bislang gekennzeichnet von vielen Medienbrüchen sowie unterschiedlichen Prozessen in den jeweiligen Häusern. Eine Plattform, die sich voll der Bearbeitung der gehandelten emittierten Schuldscheindarlehen widmet, gibt es am Markt derzeit nicht”, sagt Wiedmann und verweist darauf, dass es für Finledger als Backoffice-Lösung in dem Sinne derzeit keine Alternative im Markt gebe.Und mit Finledger könne man typische Prozessbrüche, wie sie bei unterschiedlichen proprietären Systemen auftreten, ausschalten – dafür setzt man die dezentrale Architektur des “distributed ledger” ein, jeder Teilnehmer erhält seinen eigenen Knoten (“Node”) und damit Zugang zum Netzwerk. Die Blockchain-Technologie mit ihren kryptografischen Elementen sorgt für die Sicherheit der Transaktionen. Dezentrale ArchitekturSpielmann hebt hervor, dass Finledger “es unseren Kunden und uns selbst erlaubt”, die dahinterliegenden Prozesse vollständig plattformbasiert abzuwickeln. Das sei “ein sehr gutes Beispiel, wie Digitalisierung Effizienzen über ganze Prozessketten heben kann und gleichzeitig die Attraktivität eines Produktes verbessert”. Neukirch zufolge kann der Einsatz dezentraler IT-Architektur auch grundsätzliche Folgen für die Positionierung von Marktteilnehmern in der Wertschöpfungskette des Wertpapiergeschäfts haben. “Auf Finanzinstitute werden neue Aufgaben zukommen, andere werden entfallen. Deshalb sollte man genau analysieren, wie sich der Markt und die Technologie entwickeln.”Die Weichen für einen branchenweiten Start von Finledger sind jedenfalls gestellt, nachdem LBBW, HSBC und Erste Group erste Schuldschein-Plattformen ins Rennen geschickt haben. Und wenn man die Zeichen richtig deutet, kann sich im Schuldscheinmarkt ein interoperables Blockchain-Ökosystem entwickeln, das allen Marktteilnehmern Effizienzen bringt. “Wir richten unser Angebot nicht nur an die Kunden der beteiligten Banken, sondern werden die Plattform zukünftig der gesamten Branche zur Verfügung stellen”, sagt Tenbohlen.