"Banker verdienen zu viel"

Die Deutsche Bank hadert mit der Vergütung

"Banker verdienen zu viel"

Von Bernd Neubacher, FrankfurtSchon bei seinem ersten öffentlichen Auftritt Ende Oktober ließ Deutsche-Bank-Co-Chef John Cryan ja klare Ansagen hören, als er die rückständige IT des Instituts kritisierte. Am Montag, auf einer Tagung des Institute for Law and Finance der Frankfurter Goethe-Universität zu “Kultur und Ethik” in Banken, macht er gleich damit weiter. Vorläufiges Fazit seines Auftritts: Deutsch-Banker sollten sich auf empfindliche Einschnitte in ihrer Vergütung gefasst machen.”Banker verdienen zu viel”, stellt Cryan ohne viel Umschweife fest. Und dies meint er nicht nur in Bezug auf die Balance der Vergütung zwischen Aktionären und Mitarbeitern, sondern grundsätzlich. Manche Angestellte glaubten immer noch, sie sollten wie Unternehmer bezahlt werden dafür, dass sie zur Arbeit erschienen und “mit anderer Leute Geld spielen”, erklärt er. Dabei habe ihre Tätigkeit, von der Vergütung abgesehen, nichts Unternehmerisches. Seine Kritik gilt offenbar nicht nur von sich selbst sehr überzeugten Händlern im Konzern, sondern auch manchem Vertreter des Asset und Wealth Management. Bei seinem ehemaligen Arbeitgeber habe man zwölf Jahre analysiert, was mit den Kundengeldern passiert wäre, wenn nach Jahresbeginn niemand mehr zur Arbeit erschienen wäre, erklärt der Brite, der 1987 bei der ehemaligen, später in UBS aufgegangenen Investmentbank S.G. Warburg angeheuert hatte. Ergebnis war, dass die Kunden damit in der Regel besser gefahren wären als mit der aktiven Verwaltung ihres Geldes nach deren Kosten, wie er berichtete.Damit dies nicht wie eine Generalabrechnung mit einem ganzen Berufsstand wirkt, betont Cryan zugleich, welch prima Job die Mitarbeiter der Deutschen Bank machten. Mit seiner Kritik an hohen Vergütungen dürfte sich der Manager zumindest bei vielen Beschäftigten im Heimatmarkt des Instituts beliebt machen, sitzen die Großverdiener der Deutschen Bank doch vor allem in New York, London und Singapur.Allerdings sind ihm nicht nur Boni ein Dorn im Auge. Fehlentwicklungen allein auf die variable Vergütung zurückzuführen griffe zu kurz, argumentiert er. “Wir können sehr viel mehr tun, um das Verhalten der Leute zu ändern.” Dabei seien Kommunikation und Kontrolle wichtig. Und im Falle der Deutschen Bank hat deren Führung es seiner Einschätzung nach versäumt klarzumachen, was die Beschäftigten tun sollen. Auch könne die Bank ihre Kontrollen noch deutlich verbessern, um Fehlverhalten frühzeitig auf die Spur zu kommen. Somit stellt Cryan weniger die Beschäftigten als seine Vorgänger an den Pranger, die Vergütungsexzesse zuließen.Der Sektor habe eine Menge billige Verschuldung auf sich genommen, was die Illusion geschaffen habe, er schaffe Wert. Angesichts schwacher Kommunikation und Kontrolle habe dies in “das Durcheinander geführt, in das wir gelangt sind”, sagt er. Wer wie Cryan erst im Juli aus dem Aufsichtsrat auf den Co-Chef-Sessel des Instituts wechselte, kann dies vermutlich leichter einräumen als etwa ein langjähriges Vorstandsmitglied. Der Applaus des Auditoriums ist ihm freilich gewiss.