Barclays bleibt trotz guter Zahlen eine Baustelle

Reingewinn legt im ersten Halbjahr kräftig auf 1,6 Mrd. Pfund zu - Eigenkapitalrendite enttäuscht

Barclays bleibt trotz guter Zahlen eine Baustelle

gho London – John McFarlane, Aufsichtsratsvorsitzender von Barclays, hat es eilig. Der Schotte kam im April zur britischen Großbank, setzte seitdem den bisherigen Konzernchef Antony Jenkins ab, um selbst vorübergehend diesen Posten zu übernehmen. Am Mittwoch zeigte er sich über das gute Ergebnis von Barclays im zweiten Quartal erfreut. Der Reingewinn der Bank stieg in der ersten Jahreshälfte gegenüber der Vorjahresperiode um 43 % auf 1,6 Mrd. Pfund, die vielgescholtene Investmentbank erzielte einen zum Vorjahr um ein Drittel höheren Vorsteuergewinn von 765 Mill. Pfund. Zudem wurden die Kosten zurückgefahren und die Kapitalbasis verbreitert. Da McFarlane aber nicht lang genug am operativen Ruder sitzt, um für die Zahlen verantwortlich zu sein, stellt sich die Frage, wieso Jenkins gehen musste. McFarlane gab die Antwort, indem er meinte, die Umsetzung der Strategie müsse beschleunigt werden. Jenkins traute er dies offenbar nicht zu.In dieser höheren Geschwindigkeit soll die Aufwand-Ertrags-Relation von derzeit 70 % auf rund 55 % sinken. Das Management kündigte aber keine weiteren Entlassungen an. Das Finanzinstitut hatte bereits früher angekündigt, in diesem Jahr 12 000 Arbeitsstellen von insgesamt 139 600 (Stand Ende 2014) abzubauen. Filial- und Büroschließungen sind Bestandteile des Sparplans, der auch Einsparungen bei den IT-Systemen vorsieht. Beschleunigter AbbauAuch der Abbau der nicht zum Kerngeschäft gehörenden Unternehmensteile soll beschleunigt werden. Barclays hat 2014 ungewollte Geschäftssparten in eine unternehmenseigene Bad Bank eingebracht und deren risikogewichtete Aktiva von anfänglich 110 Mrd. Pfund auf 57 Mrd. Pfund Ende Juni reduziert. Bis 2017 sollen diese Aktiva auf 20 Mrd. Pfund heruntergefahren werden, die dann in die “normale” Bank übergeführt werden.Trotz Gewinnanstieg beträgt die Eigenkapitalrendite nur 5,9 % – zu wenig, um die Kapitalkosten von geschätzt rund 9 % zu decken, selbst wenn die von Sondereffekten bereinigte Rendite von 7,8 % verwendet wird. Pikanterweise nahm auch nach diesem Maßstab die Profitabilität des Kerngeschäfts ab (s. Grafik). Zudem kündigte McFarlane an, die Dividende für 2015 bei 6,5 Pence je Aktie zu belassen, um die Kapitaldecke zu schonen. Die Dividende soll nicht mehr an eine fixe Auszahlungsquote gebunden werden.Auch bei Barclays sind Größe und Struktur der Investmentbank Gegenstand heißer Diskussionen. Infolge eines günstigeren Marktumfeldes und von Einsparungen wurde die Investmentbank in der vergangenen Zeit profitabler. Dadurch deckte sich im zweiten Quartal der Anteil der Investmentbank an den risikogewichteten Aktiva der Gesamtgruppe von rund einem Drittel in Einklang mit dem Anteil am Gesamtgewinn. Ob die Entwicklung anhält, ist zweifelhaft. Das Investmentbank-Geschäft ist meist zyklisch – mit einer meist schwächeren zweiten Jahreshälfte. Zudem stagnierten die Erlöse, so dass die Bank auf aktive Märkte angewiesen ist, um die Früchte des Sparens zu ernten. Auch unter McFarlane wird die Investmentbank redimensioniert, sprich globale Ambitionen werden aufgegeben. So erfreulich die Zahlen auch sind, Barclays wird noch länger eine Baustelle sein, zumal der auf Geschwindigkeit gepolte McFarlane sich gerade bei der Suche nach einem Nachfolger von Jenkins Zeit zu lassen scheint.