BBVA kann trotz Skandal in Madrid bauen
Die Vorstände von BBVA hätten bei der Vorlage der Halbjahreszahlen am heutigen Mittwoch wohl gerne nur die Probleme ihrer heimischen Konkurrenten, die in den vergangenen Tagen rückläufige Ergebnisse und Gewinnwarnungen verkünden mussten. Doch auf der Bilanzpressekonferenz, die seit vergangenem Jahr nur noch telefonisch abgehalten wird, werden der neue CEO Onur Genç und Finanzvorstand Jaime Sáenz de Tejada wahrscheinlich viel mehr über den Abhörskandal berichten müssen, der die Bank seit Jahresbeginn belastet, als über den Zinsüberschuss und das Handelsergebnis. Denn am Dienstag wurde bekannt, dass Spaniens Nationaler Gerichtshof nun auch gegen BBVA als Institution ermittelt.Es geht um den Verdacht, dass die Bank 2004 und 2005 José Manuel Villarejo, einen korrupten Polizeikommissar, damit beauftragt haben soll, Konkurrenten und sogar die damalige Regierung abzuhören, um eine feindliche Übernahme durch den Baukonzern Sacyr abzuwenden. Die Richter prüfen nun den Verdacht auf Bestechung, Korruption und Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen. Der Vorsitzende von BBVA, Carlos Torres, der auf den Quartalspressekonferenzen für gewöhnlich nicht auftritt, erklärte am Dienstag per Mitteilung, dass sein Geldinstitut mit der Justiz kooperiere und selbst an maximaler Aufklärung interessiert sei. Doch die Behörden, angefangen bei der Europäischen Zentralbank (EZB), werden allmählich ungeduldig mit Spaniens zweitgrößtem Geldinstitut. Denn die eigenen Nachforschungen zu dem Verdacht, dass für illegale Machenschaften bezahlt wurde, ziehen sich seit über einem Jahr ergebnislos hin.Es wurden bereits gegen mehrere frühere und aktuelle Führungspersonen von BBVA in dem Abhörskandal Ermittlungen eingeleitet. Einer davon ist Antonio Béjar, der einst im Immobilienbereich der Bank tätig war. Béjar wurde vergangenen Freitag als Chef von Distrito Castellana Norte (DCN) abgesetzt, einem riesigen und politisch umstrittenen Immobilienprojekt im Norden der spanischen Hauptstadt, an dem BBVA zu 76 % beteiligt ist. Bei DCN sollen mehrere Hartplatten vernichtet worden sein, nachdem Medien über vermeintliche Bevorteilung durch die jeweiligen Regierungen berichtet hatten.Doch am Montag gab es noch grünes Licht für das Mammut-Projekt, das dem Norden Madrids ein völlig neues Gesicht geben wird. Auf 2,6 Millionen Quadratmetern sollen in den nächsten zwei Jahrzehnten über 10 000 neue Wohnungen – ein Viertel davon Sozialwohnungen -, Büros – darunter der dann höchste Turm Spaniens -, Parks und andere Anlagen entstehen. In der aktuellen Kultur der gegenseitigen Blockade in der spanischen Politik ist es bemerkenswert, dass alle Parteien, vom linken bis zum rechten Rand, im Rathaus zustimmten. Über mehr als zwei Jahrzehnte hatten sich die Lokalpolitiker über das Megaprojekt gestritten. Nun akzeptierten die Parteien rechts der Mitte, die seit Juni in Madrid das Zepter in der Hand halten, einfach die massiven Änderungen der vorherigen linken Stadtregierung. Diese hatte die Bebauung der Zone um fast die Hälfte reduziert. Am Ende wollten alle Beteiligten aber wohl einfach nur, dass die Bauarbeiten endlich beginnen – auch BBVA.Doch die seltene Einigkeit der Politik darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es weiterhin Kritik an der urbanen Umgestaltung des Madrider Nordens gibt. Vor allem Umweltschutzgruppen warnen vor dem angeblich massiven Verkehrsaufkommen, den die Bürotürme in der neuen Gegend erzeugen werden. Und in der Verkehrspolitik in Madrid sind sich die Parteien alles andere als grün. Der neue Bürgermeister von der konservativen Volkspartei PP, José Luis Martínez-Almeida, wollte eines seiner größten Wahlversprechen einlösen und die unter seiner linken Vorgängerin eingeführte Niedrigemissionszone in der Innenstadt aussetzen. Doch gleich drei Gerichte erklärten das Verbot des Fahrverbots in “Madrid Centro” für ungültig, und seitens der Europäischen Kommission wurde Spanien schon mit Sanktionen gedroht, weil die Vorgaben zur Luftverschmutzung nicht eingehalten werden. Die Bauarbeiten im Norden der Stadt sollen im kommenden Jahr beginnen. Wenig Zeit also, damit sich die Stadtpolitiker auf ein vernünftiges Verkehrskonzept verständigen.