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Bei Barclays sorgt Compliance für Stress

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 17.10.2013 Der für Compliance verantwortliche Topmanager der britischen Großbank Barclays hat eine stress- und erschöpfungsbedingte Auszeit genommen. Wie das Institut mitteilte, wird Hector Sants (57) im...

Bei Barclays sorgt Compliance für Stress

Von Andreas Hippin, LondonDer für Compliance verantwortliche Topmanager der britischen Großbank Barclays hat eine stress- und erschöpfungsbedingte Auszeit genommen. Wie das Institut mitteilte, wird Hector Sants (57) im Januar zurückerwartet. Der ehemalige Chef der inzwischen abgelösten Finanzaufsicht FSA hatte die Position im Januar angetreten, kurz nachdem Barclays im Skandal um die Manipulation des Libor-Satzes ein Bußgeld von 290 Mill. Pfund (342,3 Mill. Euro) aufgebrummt worden war. Er hatte die Finanzaufsicht durch die Jahre der Krise geführt. Erfolgreiche KapitalerhöhungZuletzt hatte Sants alle Hände voll zu tun. Barclays schloss dieser Tage eine 5,8 Mrd. Pfund schwere Kapitalerhöhung mit Erfolg ab – und das, obwohl im Prospekt unschöne Dinge offengelegt wurden. Das Institut arbeitet sich damit an die Kapitalanforderungen des Regulierers heran, der im Juli eine Kapitallücke von 12,8 Mrd. Pfund bei der Großbank ausgemacht hatte.Anders als Lloyds Banking Group oder Royal Bank of Scotland musste Barclays in der Finanzkrise nicht vom Staat gerettet werden. Die Bank hatte sich Staatsfonds aus Fern- und Nahost ins Boot geholt. Bei den beiden Kapitalerhöhungen des Jahres 2008 hatte Barclays jedoch unerwähnt gelassen, dass insgesamt 322 Mill. Pfund an die zum Staatsfonds von Katar gehörende Qatar Holding gezahlt wurden (vgl. BZ vom 18. September). Die Finanzaufsicht FCA äußerte Zweifel an der Darstellung von Barclays, dass es sich dabei um Zahlungen für Beratungsleistungen gehandelt habe. Der wegen “rücksichtslosen Verhaltens” verwarnten Bank droht eine Geldstrafe von 50 Mill. Pfund, wie es im Prospekt zur gerade abgeschlossenen Kapitalmaßnahme heißt.Barclays gab auch zu, Verbrauchern für Kredite zu hohe Zinsen abgeknöpft zu haben – und sorgte damit dafür, dass die Skandalserie im britischen Retail Banking nicht abreißt. Man überprüfe derzeit sämtliche Geschäftsfelder, “in denen ähnliche Probleme auftreten könnten”, darunter das Kreditkartengeschäft Barclaycard, Barclays Wealth und Barclays Corporate, hieß es im Prospekt – für Stress war allemal gesorgt.Missbräuchlich verkaufte Kreditkartenversicherungen, Zinsswaps und Kreditversicherungen für Hypothekendarlehen – die Liste der Skandale ist lang. All das ereignete sich vor Sants Amtsantritt. Die britischen Großbanken haben Milliarden zurückgestellt, um ihre Kunden zu entschädigen. Der Finanzaufsicht FCA zufolge war Barclays im ersten Halbjahr die Bank, über die sich die meisten Verbraucher beschwerten, gefolgt von Lloyds TSB, MBNA und Bank of Scotland.António Horta-Osório, Chef der Lloyds Banking Group, und Ton Büchner, Chief Executive Officer des Farben-Weltmarktführers Akzo Nobel, hatten im vergangenen Jahr ihren Burn-out öffentlich gemacht. Die Geschichten der Top-Manager weisen erstaunliche Parallelen auf. Alle waren erst wenige Monate in ihrer neuen Position, und ihre Berufungen waren jeweils als gelungener Coup bewertet worden. Der gewaltige Arbeitsaufwand auf einem neuen Posten, ein anderes kulturelles Umfeld und der psychische Druck, sich in einer neuen Umgebung, einem neuen Konzern beweisen zu müssen, können auch ausgewiesenen Leistungsträgern zu viel werden. Horta-Osório kehrte nach zwei Monaten Auszeit auf seinen Posten zurück – und delegierte einen Teil seiner Aufgaben an die anderen Führungsmitglieder.