„Bei der Markterschließung wollen wir einen Zahn zulegen“
IM GESPRÄCH: RALF OETTING UND MICHAEL BUSSHAUS
„Bei der Markterschließung wollen wir einen Zahn zulegen“
Gründer des Neobrokers sind offen für einen strategischen Investor – Justtrade setzt auf informierte Selbstentscheider
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Der auf aktive Trader zielende Neobroker Justtrade entsteht, wenn zwei Wertpapierprofis zusammen ein Unternehmen gründen. Mit Stationen bei Onvista, Comdirect und Bank 24 fanden Michael Bußhaus und Ralf Oetting zusammen, gingen 2019 mit ihrer Trading-Plattform in die Beta-Phase, gefolgt vom Marktstart 2020. Damit kamen sie gerade noch rechtzeitig, um den in der Coronazeit einsetzenden Trading-Boom mitzunehmen. „Als Depotbank hatten wir die Hamburger Sutor Bank ausgewählt. Da war gleich im ersten Meeting klar, dass es passt – und es kam uns natürlich zugute, dass wir beide sehr genau wissen, wie der Wertpapierhandel funktioniert“, so Ralf Oetting im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Wir bieten dem Anleger eine Auswahl von drei Börsen und sieben außerbörslichen Trading-Plätzen, womit Kunden sich nicht auf den Preis einer einzigen Börse einlassen müssen.
Mehr als ein Börsenplatz für die Order
Der über Justtrade laufende Wertpapierhandel unterscheidet sich im Setup von dem, was andere Neobroker machen, die nur über einen Börsenplatz gehen. „Wir bieten dem Anleger eine Auswahl von drei Börsen und sieben außerbörslichen Trading-Plätzen, womit Kunden sich nicht auf den Preis einer einzigen Börse einlassen müssen, sondern den optimal gestellten Kurs für ihre Order wählen können“, so Michael Bußhaus. In der Ordermaske sind alle Handelsplätze alphabetisch aufgeführt, die mit dem besten Preis für eine spezielle Order hervorgehoben.
Ausführung zu einem exakten Preis
Der börsliche Handel von Justtrade läuft über LS Exchange, Quotrix und Tradegate Exchange sowie außerbörslich über J.P. Morgan, UBS, Morgan Stanley, Vontobel, DZ Bank, Société Générale und L&S. Mit der „Quote Request-Order“ könne eine Ausführung exakt zum gewählten Preis stattfinden, was vor bösen Überraschungen bei der Orderausführung schütze insbesondere in turbulenten Marktphasen, führt Bußhaus weiter aus. Die von Justtrade kontrollierte Prozesskette ist komplett cloudbasiert aufgebaut.
Einspielen der Echtzeitkurse könnte Probleme bei anderen Brokern verursacht haben
Turbulenzen hatte die Broker-Branche Anfang April zu überstehen, als bei einigen Anbietern kein Handel möglich war, mitunter weil der Depotzugang in den Apps nicht möglich war. Die BaFin nahm das zum Anlass, alle Broker anzuschreiben, um festzustellen, wer welche Probleme hat und was mitunter an zusätzlichen Erfordernissen zu stellen sein wird. Die beiden Justtrade-Geschäftsführer geben an, dass es bei ihnen zwar auch einen ganz schönen Peak nach oben gegeben habe, aber alles sauber durchgelaufen sei. „Wir haben das BaFin-Schreiben gerade beantwortet und zurückgeschickt“, sagt Oetting. Bußhaus vermutet, dass ein Flaschenhals beim Einspielen der Echtzeitkurse in die App ursächlich für Probleme beim Depotzugang bei anderen Brokern sein könnte.
Wir zielen auf aktive Trader, die Chancen sehen und so 50 bis 250 Trades im Jahr ausführen.
Bei Markterschließung zulegen
Genaue Kundenzahlen und Abwicklungsvolumina wollen die beiden Gründer (und Eigentümer) nicht herausrücken, sie sagen nur so viel: Pro Tag werde eine fünfstellige Zahl an Trades abgewickelt für eine sechsstellige Anzahl an Kunden. Dabei ist klar, dass in dem Trading-Setup viel mehr gehen könnte. „Wir zielen auf aktive Trader, die Chancen sehen und so 50 bis 250 Trades im Jahr ausführen. Die Marktanalyse zeigt, dass rund 2 Millionen deutsche Selbstentscheider zu unserer Zielgruppe gehören, für ganz Europa wären es rund 8 Millionen Kunden mit circa 270 Millionen Transaktionen im Jahr. Und da wollen wir bei der Markterschließung auch einen Zahn zulegen“, sagt Oetting.
Strategischer Investor wäre willkommen
Bislang vornehmlich eigenfinanziert („Bootstrapping“), wollen sich die beiden Gründer nun für einen strategischen Anteilseigner öffnen, der mit seinem Kapital das beschleunigte Wachstum finanzieren könnte – großartig mit Werbung ist Justtrade bislang nicht aufgefallen. Klassische Venture-Fonds aus den USA sind dabei eher nicht im Fokus, da diese immer auf Kundenwachstum geeicht seien, für die Gründer aber das nachhaltige Transaktionswachstum Priorität hat und sie von diesem Ansatz auch nicht abrücken wollen. Passen würde ein europäischer Stratege, der d’accord geht mit den Präferenzen der Gründer und die Vorstellung der kontrollierten Skalierung teilt.
Handelsplatz-Setup ermöglicht dem Kunden eine Ersparnis
Womit Justtrade wuchern könnte: Die Daten zeigten, dass es im Schnitt eine Ersparnis von 4 Euro bei der börslichen Preisfeststellung der angebundenen Handelsplätze gäbe, wie sie über die Plattform mit ihren Optionen zur Orderausführung möglich ist, so Bußhaus. „Damit werden die 1 Euro Fremdkosten, die wir in Rechnung stellen, deutlich überkompensiert.“ Diese Botschaft muss jetzt unters Volk gebracht werden.
B2B-Geschäft soll ausgebaut werden
In Aussicht stellen die beiden Gründer, dass es bald eine neue App-Version geben soll, die vor allem das von den Kunden signalisierte Bedürfnis nach zusätzlicher Information rund um eine Aktie erfüllt, die für einen Trade in Betracht gezogen wird. Auch im B2B-Geschäft, wo man analog zum Fintech Upvest anderen Anbietern Trading-Funktionalitäten ermöglicht, wollen die Frankfurt aktiver werden. Hier hat man bislang die Bison App mit Wertpapierhandel im Portfolio. Mit dem Ausbau des B2B-Geschäfts könne man mehr Volumen auf die Trading-Maschine bringen, sagt Oetting. Das B2C-Geschäft bleibe aber der primäre Fokus.
Michael Bußhaus und Ralf Oetting wollen bei der Markterschließung Tempo machen: Der auf aktive Trader ausgerichtete Neobroker setzt auf viele Handelsplätze und präzise Ausführung. Zudem sind die Gründer offen für einen Investor.