LEITARTIKEL

Blickkontakt mit Folgen

Tun sie es, oder tun sie es nicht? Sie werden es tun, und zwar in allernächster Zeit. Noch für Dezember sind Aufsichtsratssitzungen von DZ Bank und WGZ Bank terminiert. Die beiden Zentralinstitute unternehmen ihren sechsten Versuch zur ultimativen...

Blickkontakt mit Folgen

Tun sie es, oder tun sie es nicht? Sie werden es tun, und zwar in allernächster Zeit. Noch für Dezember sind Aufsichtsratssitzungen von DZ Bank und WGZ Bank terminiert. Die beiden Zentralinstitute unternehmen ihren sechsten Versuch zur ultimativen Kräftebündelung an der Spitze der genossenschaftlichen Finanzgruppe. Als Ende Oktober aus Düsseldorf verlautbart wurde, die Gremien der WGZ Bank hätten “konstruktiv über ein mögliches Zusammengehen” mit dem Frankfurter Pendant gesprochen, war das sicher nicht erst die Einladung zur Aufnahme von Verhandlungen. Die Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Kirsch und Hans-Bernd Wolberg hatten schließlich bereits Anfang 2014 “über viele, viele Monate einen sehr wohlwollenden Blickkontakt” (so damals der DZ Bank-Chef) und vermutlich sogar einen noch etwas engeren Austausch gepflegt.Beide Institute verbindet eine traditionsreiche und zunehmend konstruktive Beziehung. Einzelne Aktivitäten wie das Private Banking oder die Eigenkapitalfinanzierung des Mittelstandes hat man in jüngerer Vergangenheit bereits zusammengeschoben. Schon die Amtsvorgänger Ulrich Brixner und Werner Böhnke, zwischen denen freilich anders als bei Kirsch und Wolberg die Chemie nicht stimmte, hatten ja reichlich Übung in Konsolidierungsanläufen. Die unterschiedlichen Konzepte lagen noch in den Schubladen, mag auch vor allem mit Blick auf die seitherige regulatorische Entwicklung hoher Anpassungsbedarf bestanden haben.23. Mai 2007: Dieses Datum schrieb Brixner dem Chronisten anno 2006 auf einen Zettel. An dem Tag sollte eine Hauptversammlung die Fusion beschließen. Da hatte sich Brixner, der 2009 verstorben ist, einmal getäuscht, doch nicht nur er. Der Aufsichtsrat der WGZ Bank sorgte für den Abbruch der Sondierungsgespräche mit Frankfurt. Es war der vierte von fünf gescheiterten Versuchen, wenn man die Weigerung der WGZ Bank mitzählt, der Dritte im Bunde zu sein, als sich DG Bank und GZ-Bank 2001 zur DZ Bank zusammenschlossen. Zuletzt ging man im April 2009 – zur großen Verwunderung weiter Teile der genossenschaftlichen Basis – im Dissens auseinander, nachdem der Verschmelzungsvertrag praktisch schon unterschriftsreif vorgelegen hatte: Angst vor der eigenen Courage, nachdem ein gutes halbes Jahr zuvor die Weltfinanzkrise mit dem Lehman-Bankrott eine neue Stufe der Eskalation erreicht hatte und die Folgen an den Märkten zumindest einigen Beteiligten unkalkulierbar erschienen. Klar, dass daraufhin erst mal ein paar Jahre ins Land gehen mussten, ehe man es ein weiteres Mal miteinander angehen wollte. Versuch und Scheitern der “ewigen Fusion” waren ja für die Kreditgenossen selbst und umso mehr für das geneigte Publikum längst zum Running Gag geworden. Dann kam 2013 bei der WGZ Bank der damals durchaus nicht erwartete Chefwechsel von Böhnke zu Wolberg, und das folgende Jahr stand ganz im Zeichen der umfassenden Bankenprüfung der EZB – auch kein ideales Umfeld für einen Fusionsversuch.Doch der von beiden Partnern bestandene Stresstest war dann gewissermaßen zugleich die vorgezogene Due Diligence für den Zusammenschluss. Und die in diesem Jahr vollzogene historische Fusion der genossenschaftlichen Rechenzentralen Fiducia und GAD, die sogar mehr Anläufe brauchte als die Konsolidierung im Oberbau des Verbundes, kann als gelungene Generalprobe gelten. Sie machte Vorständen und Eigentümern Mut, das Jahrhundertwerk nun endlich auch auf der Zentralbankenebene zu realisieren. Apropos Jahrhundertwerk: 1907 gab es zwischen den Volks- und Raiffeisenbanken als Basis und dem DG Bank-Vorläufer “Preußenkasse” als Spitzeninstitut knapp fünf Dutzend Zentralkassen. Dieser dezentral ausgerichtete Mittelbau des lange Zeit dreistufigen Verbundes wird mit der Fusion von DZ Bank und WGZ Bank komplett verschwunden sein.An der strategischen Logik des Zusammengehens – das mag bei den noch sieben Landesbankkonzernen ein wenig anders aussehen – konnte es schon bei den früheren Versuchen im Grunde keinen Zweifel geben. Heute handeln beide Häuser noch aus einer Position der Stärke. Doch die allseits bekannten Herausforderungen – Regulierung, Zinsumfeld, Digitalisierung – lassen es umso dringlicher erscheinen, die früher auf 120 bis 140 Mill. Euro geschätzten Synergien nicht länger ungenutzt auf der Straße liegen zu lassen. Der Ertrags- und Kostendruck verursacht zunehmende Schmerzen. Das erfordert eine entschlossene Therapie, wiewohl die Bankenbranche eine Phase anhaltender extremer regulatorischer Unsicherheit durchläuft. Aber besser werden die Bedingungen für diese Kräftebündelung nicht mehr.——–Von Bernd WittkowskiVersuch und Scheitern der Fusion von DZ Bank und WGZ Bank waren längst zum Running Gag geworden. Nun soll das Jahrhundertwerk vollendet werden.——-