Börse statt Gartenlaube
Im Ruhestand hielt es Peter Huber nicht aus. Der langjährige Chef der Starcapital leitet wieder einen Fonds – und gönnt sich viele Freiheiten.Von Jan SchraderEs wäre ein gelungener Abschied gewesen: Aus der Vermögensverwaltung Starcapital hatte er sich zurückgezogen, die Auszeichnung als Fondspersönlichkeit des Jahres 2018 der Analysefirma Sauren eingeheimst. Doch ein beschaulicher Ruhestand, so sagt Fondsmanager Peter Huber heute, sei nichts für ihn. Zeitweiliges politisches Engagement für die FDP empfand er als frustrierend, weil er die Möglichkeit für Veränderung nicht sah, ein Ruhestand auf dem Golfplatz oder auf Reisen sprach ihn ebenso nicht an. “Ich bin ein Mensch, der eine Aufgabe braucht”, sagt der 69-Jährige. “Für die Börse brenne ich nach wie vor.” Im April gab der Bad Homburger Vermögensverwalter Taunus Trust bekannt, dass Huber einen Fonds für die Gesellschaft leitet. “Altmeister Peter E. Huber ist zurück – exklusiv bei uns”, wirbt das Unternehmen.Also zurück auf Los: Nachdem Huber in jungen Jahren zunächst Wertpapieranalyst und später Chefredakteur einer Börsenzeitschrift war, prägte er ab 1984 den Vermögensverwalter PEH wesentlich und gründete kurz nach der Jahrtausendwende die Starcapital. Die Nachfolge hatte Huber rechtzeitig gelöst: 2016 stieg die Schweizer Bellevue-Gruppe in die Firma ein, ehe sich Huber 2018 zurückzog. Der langjährige Vorstand Holger Gachot führt das Unternehmen weiter, sein Vorstandskollege Markus Kaiser blieb ebenfalls an Bord und von der Privatbank Berenberg kam der Investmentchef Manfred Schlumberger, der heute das Portfoliomanagement der Starcapital leitet. Hubers Weggang war für das Haus gleichwohl schmerzhaft: Investoren zogen 2018 Anlagemittel in dreistelliger Millionenhöhe ab, das verwaltete Vermögen fiel auf 1,9 Mrd. Euro ab. Damals waren die Börsen zum Jahresende stark gefallen. Schlechte Nachrichten, gutes OmenAls “Antizykliker” zeigt sich Huber überzeugt, dass ein Kursrutsch eine Gelegenheit zum Einstieg bietet. Nach dem Börsencrash im März sei die Bewertung der Papiere so günstig wie selten gewesen. “Der Kauf von Aktien lohnt sich vor allem mitten in einer Rezession, wenn die Zeitungen voll sind mit schlechten Nachrichten, die Anleger negativ gestimmt sind – und die Notenbanken Gas geben.” Zwar hätten sich die Börsen in den zurückliegenden Wochen wieder erholt, ein weiterer Kursrutsch sei denkbar. Langfristig, also auf Sicht von mehreren Jahren, lohne sich der Einstieg in einer Krise. Immer dann, wenn Indikatoren wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis und das Kurs-Buchwert-Verhältnis deutlich hinter den langfristigen Durchschnitt abfielen, sei die Zeit für einen Einstieg günstig gewesen. Für die Taunus Trust führt er den “Huber Portfolio”, einen rund 100 Mill. Euro schweren Mischfonds, der vor allem in Aktien investiert. Der Fonds wurde Ende 2012 für die Verwaltung von Stiftungsgeld einer Familie gegründet, mittlerweile steht er weiteren Investoren offen. Mit laufenden Kosten von 0,99 % und einem Verzicht auf leistungsabhängige Gebühren ist das Produkt vergleichsweise günstig. Zugleich steht es nur vermögenden Kunden und institutionellen Investoren offen, denn der Mindestbetrag liegt bei beachtlichen 100 000 Euro. Es gehe ihm nicht so sehr darum, möglichst viel Geld einzusammeln, sagt Huber. Gleichwohl empfindet er das Fondsgeschäft als sinnstiftenden Beitrag: Seine Einnahmen als Fondsmanager fließen Huber zufolge vollständig in eine gemeinnützige Stiftung, die seine Frau Gerlinde Huber leitet. In Oberursel bei Frankfurt, der Heimatstadt des Paars, stellte die “G. u. P. Huber-Stiftung” zum Beispiel Geld für das örtliche Frauenhaus und für einen Verein für Flüchtlingshilfe bereit, in Frankfurt unterstützt das Ehepaar Obdachlosenprojekte. “Als Fondsmanager verdiene ich keinen Pfennig, aber ich habe eine Aufgabe und kann etwas Gutes bewirken”, sagt der Fondsmanager. Auch als Stimme im Finanzmarkt will Huber wahrgenommen werden. Die Ruhe nach seinem Ausstieg bei Starcapital habe er als drückend empfunden: “Wenn Sie draußen sind, dauert es ein paar Wochen und es ruft keiner mehr an. Das war sehr schwer für mich erträglich.” Mittlerweile meldet sich Huber auf seiner Internetseite, die ähnlich wie der Fonds schlicht “Hubers Portfolio” heißt, regelmäßig zu Wirtschafts- und Kapitalmarktthemen zu Wort: Er wagt sich mit Dax-Prognosen für das Jahresende hervor und betont zugleich, dass kurzfristig keine Vorhersage zum Kursverlauf möglich sei. Die staatlichen Ausgabenprogramme in der Coronakrise bezeichnet er, in Anlehnung an die “Neue Zürcher Zeitung”, als “Seuchen-Sozialismus”, die weitreichenden Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie sieht er skeptisch. Schicksal setzt Hobel anImmer wieder betont Huber jedoch die Idee, gegen die aktuelle Kursentwicklung zu investieren. “Die Letzten werden die Ersten sein”, lautet eine Überschrift, “Zeit für Jäger und Sammler” eine andere. Den Boom der sogenannten FAANG-Aktien, also der Papiere von Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google, vergleicht der Fondsmanager mit dem zeitweiligen Aufstieg anderer Aktiengruppen in früheren Jahrzehnten: Etwa der US-Konzerne der “Nifty Fifty”, die als vermeintliche Qualitätsaktien den Aufschwung bis 1973 trugen, ehe sie in der Ölkrise im selben Jahr einbrachen. Huber hatte bereits 1968 seine ersten Aktien erworben, sein Denken ist noch geprägt von dieser Zeit. Ähnliches wiederholte sich für japanische Aktien oder die US-Technologiebörse Nasdaq, wie er warnt. “Dem Höhenflug folgte stets ein katastrophaler Niedergang.” An anderer Stelle schreibt er: “Langfristig gleichen sich Bewertungsunterschiede immer wieder aus. Das Schicksal setzt den Hobel an und hobelt alle gleich.” Stattdessen seien konjunktursensible Titel gefragt, etwa aus der Chemie- und Automobilindustrie oder aus dem Maschinenbau. Sobald die Wirtschaftskrise ende, zögen diese Titel voraussichtlich an. Seine Anlagestrategie habe aber dazu geführt, dass die jüngste Kurserholung, die maßgeblich von Technologiewerten getrieben war, zum Teil am Fonds vorbeiging – der Aufschwung für zyklische Werte setze eben später ein, sagt er. Es sei wichtig, den Anlegern seine Strategie zu erklären und diese Leitlinie treu zu bleiben. Als Fondsmanager einer größeren Gesellschaft hätte er dieser Freiheit nicht, vermutet er. “Dort stehen Sie unter Druck, wenn Sie zu stark von der Entwicklung des Marktes abweichen.” Ohnehin genieße er seine Aufgabe, stehe jetzt doch allein das Fondsmanagement im Vordergrund und nicht mehr das Führen einer Firma. Statt in einer Gartenlaube kommt Huber an den Börsen zur Ruhe.—- Mehr als 30 000Punkte erreicht der deutsche Aktienindex Dax bereits im Jahr 2028, hat Fondsmanager Peter Huber vor einem Jahr skizziert. Dieses Ziel sei weiterhin realistisch, sagt er heute. Zwar hat sich die Prognose, dass der Dax mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 90 % nicht mehr unter die Marke von 10 000 fällt, nicht bewahrheitet. Im März hat das Barometer einen Tiefpunkt von 8 258 Punkten erreicht. Damit habe sich eine günstige Kaufgelegenheit ergeben, sagt er. Kurzfristig seien Prognosen zum Dax-Verlauf Unsinn. Auf Sicht vieler Jahre lasse sich jedoch eine Aufwärtsbewegung prognostizieren.