Ausblick

Für britische Banken ist das Glas halb voll

Für die britischen Banken ist das Glas immer noch halb voll. Zwar verlagern die Kunden ihre Einlagen auf zinstragende Konten und die Kreditnachfrage lässt nach. Doch tragen ihre Zinsabsicherungsgeschäfte Früchte. Und die Kreditqualität ist nach wie vor gut.

Für britische Banken ist das Glas halb voll

Für britische Banken ist das Glas halb voll

Margendruck im Hypothekengeschäft lässt etwas nach – Weitere Aktienrückkäufe erwartet

hip London
Von Andreas Hippin, London

Für die britischen Banken ist das Glas immer noch halb voll. Zwar verlagern die Kunden ihre Einlagen auf zinstragende Konten und die Kreditnachfrage lässt nach. Doch tragen ihre Zinsabsicherungsgeschäfte Früchte. Und der Margendruck im heimischen Geschäft mit Wohnimmobiliendarlehen lässt offenbar nach.

16 Jahre nach dem Zusammenbruch von Northern Rock haben Anfang des Monats die Geldnöte der vergleichsweise kleinen Metro Bank in Großbritannien für Unruhe gesorgt. Bankenrettungen am Wochenende, bei denen Gläubiger einen erheblichen „Haircut“ wegstecken und Aktionäre drastisch verwässert werden, heben nun einmal nicht die Stimmung. Doch waren die Probleme des Instituts keine Vorboten einer Finanzkrise, sondern im Wesentlichen hausgemacht.

Makroausblick dominiert Wahrnehmung

Verfolgt man die Medienberichterstattung, steht der ungewisse gesamtwirtschaftliche Ausblick im Vordergrund, aus dem sich mögliche Kreditrisiken ableiten lassen. Für die Großbanken, die in der kommenden Woche die Quartalsberichterstattung aufnehmen, ist das Glas aber noch halb voll. Zwar verlagern die Kunden ihre Sichteinlagen auf zinstragende Konten, und die Kreditnachfrage lässt nach. Doch tragen ihre Absicherungsgeschäfte (Structural Hedge) Früchte. Deren Nennwert war mit dem beschleunigten Zustrom von Einlagen während der Pandemie gestiegen. Steigende Swapsätze dürften die Einnahmen daraus in den kommenden Quartalen sprudeln lassen. Und anders als in der Eurozone gibt es in Großbritannien keine Debatte um die Anhebung der Mindestreserven.

Structural Hedge stützt Ergebnisse

Lloyds Banking Group gehe davon aus, dass sich die absolute Größe des Structural Hedge im Jahresverlauf etwas verringern, aber nicht wesentlich verändern wird, sagte Charlie Nunn, der CEO der schottischen Großbank, bei einem Strategie-Update Anfang des Monats. „Und wenn wir uns die Renditen ansehen, reinvestieren wir den Structural Hedge zu einem höheren Niveau, als wir zuvor angenommen hatten.“ Man fühle sich wohl damit. Das werde im weiteren Jahresverlauf und im kommenden Jahr noch zunehmen. Das Institut hatte für 2024 bereits Zuflüsse aus dem Structural Hedge in etwa in Vorjahreshöhe angesetzt. Auch der Deutsche-Bank-Rivale Barclays erwartet Rückenwind.

Möglicher Wendepunkt

Zudem zeichnet sich eine Verringerung des Margendrucks im Hypothekengeschäft ab. Laut Daten der US-Investmentbank Jefferies verbesserte sich der Spread im dritten Quartal im Vergleich zum vorangegangenen Dreimonatszeitraum um 30 Basispunkte. Möglicherweise handele es sich um einen Wendepunkt, schrieb das Team um den Analysten Joseph Dickerson in seinem Ausblick auf die Bankenberichterstattung. Im zweiten Quartal habe der Spread „den tiefsten Stand in der jüngeren Geschichte“ erreicht.

Schrumpfende Einlagenbasis

Trotz dieses Anzeichens für eine Erholung ist es allerdings so, dass Hypotheken, die nun zur Refinanzierung mit Spreads von um die 50 Basispunkte anstehen, noch mit Spreads von um die 200 Basispunkte abgeschlossen wurden. Zudem ist die Einlagenbasis der Institute nach Rechnung der UBS im laufenden Jahr um 1,4% geschrumpft, weil Geschäftskunden und vermögende Privatkunden mit überschüssigem Bargeld Schulden getilgt sowie Gelder aus Sichteinlagen abgezogen und in höher verzinste Anlagen gesteckt haben. Die Kreditqualität gibt nach wie vor keinen Anlass zur Besorgnis. Der britische Leitzins von 5,25% liegt deutlich über den 4,25%, auf denen die Gewinnziele von Barclays, Lloyds und Natwest für dieses Jahr fußten.

Lloyds könnte überraschen

Ob es weitere Aktienrückkäufe geben wird, dürfte für Anleger die interessanteste Frage sein. Dickerson hält es für möglich, dass Lloyds ein neues Aktienrückkaufprogramm im Volumen von 500 Mill. Pfund ankündigen wird, das zum Katalysator für den Kurs der Aktie werden könnte. Andere halten das allerdings für wenig wahrscheinlich, weil das Institut solche Dinge in der Regel bei der Vorlage seiner Jahreszahlen mitteilt.

Warum sollte Lloyds bis Ende Februar 2024 auf unproduktivem Kapital sitzenbleiben?

Joseph Dickerson, Jefferies

„Warum sollte Lloyds bis Ende Februar 2024 auf unproduktivem Kapital sitzenbleiben?“ fragt dagegen Dickerson. Mit den Jahreszahlen könne die Bank dann einen weiteren Rückkauf von 2,5 Mrd. Pfund verkünden. Bereits zum Halbjahr habe sich das überschüssige Kapital auf 1,5 Mrd. Pfund belaufen. Im abgelaufenen Quartal dürften weitere 0,6 Mrd. dazugekommen sein.

Lloyds schloss Ende August ein 2 Mrd. Pfund schweres Rückkaufprogramm ab. Barclays, HSBC, Natwest und Standard Chartered sind derzeit noch dabei, eigene Aktien am Markt zurückzukaufen. Das UBS-Team um Jason Napier geht davon aus, dass alle über ausreichend Spielraum verfügen, um ihre Programme aufzustocken. Allerdings rechnen sie nur für die HSBC mit der Ankündigung eines weiteren Rückkaufs von 2 Mrd. Dollar.

Barclays macht am Dienstag (24.10.) mit ihren Geschäftszahlen den Anfang, gefolgt von Lloyds (25.10.), Standard Chartered (26.10.) und Natwest (27.10.). HSBC legt erst am Montag darauf (30.10.) ihre Ergebnisse offen.

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