CICC verstärkt sich mit Kauf eines Retailbrokers
Von Norbert Hellmann, SchanghaiDie führende Investmentbank im Reich der Mitte, China International Capital Corp (CICC), darf die seit längerem verhandelte Verbindung mit der staatlich kontrollierten Brokergesellschaft China Investment Securities Co. eingehen. Damit sieht die bislang auf institutionelle Kunden beschränkte CICC nun ihren Radius durch ein auf Kleinanleger fokussiertes Wertpapierhaus erweitert.Wie aus Mitteilungen der CICC an die Hongkonger Börse hervorgeht, wird China Investment Securities für 16,7 Mrd. Yuan (rund 2,3 Mrd. Euro) von dem staatlichen Beteiligungsverwalter für Finanzdienstleistungsassets, Huijin Central, übernommen. Allerdings werden bei der Transaktion keine Barmittel fließen. Vielmehr wird die beim chinesischen Staatsfonds CIC China Investment Corp angedockte Huijin ihren Anteil an CICC von 28,6 % auf eine Mehrheit von 58,7 % erhöhen. Die Übernahme der China Investment Securities gilt in erster Linie als eine Maßnahme, um die seit Beginn der Dekade einem schleichenden Bedeutungsverlust ausgesetzte CICC wieder zu einer schlagkräftigeren und ertragsstärkeren Investmentbankadresse hochzupäppeln. CICC galt einst als eine Art Aushängeschild des chinesischen Kapitalmarktes und wurde im Ausland gerne als “chinesische Antwort auf Goldman Sachs” bezeichnet.Allerdings musste CICC in den vergangenen Jahren feststellen, dass sie mit ihrem Fokus auf das Underwriting von Aktien- und Bondemissionen sowie Beratungsgeschäft gegenüber zahlreichen chinesischen Brokergesellschaften ins Hintertreffen geriet. Diese betreiben das lukrativere Geschäft mit der Betreuung von privaten Wertpapieranlagekonten in einem von Kleinanlegern dominierten chinesischen Aktien- und Börsengeschehen.Die 1995 gegründete CICC war als eine Kooperation mit Morgan Stanley aufgezogen worden und sollte vom Kapitalmarkt-Know-how westlicher Investmentbanken profitieren, um China eine starke heimische Kapitalmarktadresse zu bescheren. Dabei profilierte sich CICC vor allem mit der Begleitung von zahlreichen Börsengängen staatlicher chinesischer Unternehmensriesen und nicht zuletzt auch der führenden chinesischen Großbanken. Strategische NeuausrichtungNach der globalen Finanzkrise wurde es allerdings ruhiger um CICC, zumal sich Morgan Stanley im Jahr 2010 aus dem Gemeinschaftsunterfangen zurückzog und ihre Beteiligung verkaufte. Unter der Regie des langjährigen Chief Executive Officer Levin Zhu, Sohn des früheren chinesischen Ministerpräsidenten Zhu Rongji, hatte CICC Versuche unternommen, sich mit einem eigenen filialgestützten Retailbroker-Geschäft zu etablieren, hatte damit aber nur mäßigen Erfolg. Im vergangenen Jahr hatte sich CICC nach dem Rückzug von Zhu und unter Führung des neuen CEO Bi Mingjian einer grundlegenden strategischen Neuaufstellung verschrieben. Sie wurde im November vergangenen Jahres mit dem lange verzögerten Gang an die Hongkonger Börse unterstrichen. Bei dem Initial Public Offering (IPO) musste sich CICC – in einer turbulenten Marktphase, die noch vom Börsencrash im Sommer 2015 geprägt war – mit einer bescheidenen Kapitalaufnahme in Höhe von 800 Mill. Dollar begnügen.Ursprünglich hatte die CICC eine wesentlich höhere Kapitalaufnahme von bis zu 2 Mrd. Dollar anvisiert, mit der eine Expansion des bisher noch schwach vertretenen Aktienhandels- und Kapitalmarktgeschäfts sowie der Vermögensverwaltungsaktivitäten unterfüttert werden sollte. CICC zeigt im vergangenen Jahr eine wieder aufsteigende Ertragsform und konnte den Gewinn nach Steuern für das Geschäftsjahr 2015 um 75 % auf 1,95 Mrd. Yuan steigern. Die nun zu übernehmende China Investment Securities, die in der Rangliste der chinesischen Broker nur auf Platz 17 steht, verbuchte im vergangenen Jahr allerdings wesentlich höhere Erträge und konnte trotz einer Delle nach dem Börsencrash ihre Gewinne auf 3,6 Mrd. Yuan knapp verdreifachen. Von den Bilanzaktiva her gesehen sind CICC und China Investment Securities mit 94,1 beziehungsweise 92,2 Mrd. Yuan praktisch ebenbürtig. Zuspruch durch AnalystenAnalysten in Hongkong sprechen von einer strategisch sinnvollen Kombination und verweisen dabei vor allem auf ein komplementäres Kundenprofil bei Wertpapierdiensten, wobei CICC mittlerweile bei vermögenden Privatanlegern gut positioniert ist, während das Brokerhaus vom Massenkundengeschäft profitiert. Mit einer gestärkten Ertragsbasis dürfte es CICC auch leichter fallen, neben dem Wertpapierhandel ihr Assetmanagement-Geschäft auszubauen, in dem sich im Zuge künftiger Schritte zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs künftig neue Perspektiven bei der Begleitung von vermögenden chinesischen Anlegern bei ausländischen Investments auftun sollten.