Citigroup erkennt im Brexit Chancen für Kunden
hip London – Die Citigroup hat auf Chancen hingewiesen, die sich mit dem britischen EU-Austritt für ihre Kunden ergeben. Während sich derzeit wegen der makroökonomischen Risiken so gut wie niemand dafür erwärmen könne, in Argentinien zu investieren, habe das Volumen der Übernahmen und Fusionen (Mergers & Acquisitions, M&A) heimischer Firmen durch ausländische Käufer in Großbritannien so hoch gelegen wie in keinem anderen europäischen Land. Die Abwertung des Pfund habe in den Augen der Kunden echte Kaufgelegenheiten hervorgebracht. Kurzfristig sei nicht damit zu rechnen, dass es durch die Wirren um die Konditionen des Austritts zu einem Strömungsabriss kommen könnte.”Der Brexit hat die Dynamik in unserem Geschäft zumindest bislang nicht verändert”, sagte Luigi de Vecchi, Chairman of EMEA Banking, Capital Markets & Advisory, vor Journalisten in London. “Wir sind optimistisch, was die Trends im kommenden Jahr angeht.” Seine Wohnung in London habe durch den Brexit an Wert verloren, sagte de Vecchi. “Aber ich habe noch nie so viele Interessensbekundungen dafür bekommen wie in den vergangenen sechs Monaten.” Er wolle aber nicht verkaufen.Am 11. Dezember wird die britische Premierministerin Theresa May die von der Verwaltung in ihrem Namen mit Brüssel ausgehandelte Austrittsvereinbarung dem Unterhaus vorlegen. Sie hatte den Abgeordneten ein “aussagekräftiges Votum” versprochen. Eine dreistellige Zahl von Abgeordneten ihrer Partei hat bereits öffentlich angekündigt, gegen den Deal zu votieren.”An den Märkten wird sehr stark erwartet, dass das Parlament in der kommenden Woche mit Nein stimmen wird”, sagte Phil Drury, EMEA Head of Banking, Capital Markets & Advisory. Es komme natürlich auf die Begleitumstände an, er rechne aber nicht mit Verwerfungen. Die Bank sei auf jedes Brexit-Szenario vorbereitet.Das europäische Retailgeschäft betrieb die Bank bereits aus Kostengründen aus Dublin. In Frankfurt richtet sie nun einen Broker-Dealer ein. “Die Mehrheit unserer Mitarbeiter in EMEA verteilt sich bereits über die Region”, heißt es mit Blick auf Europa, den Nahen Osten und Afrika. “Wir sind sowohl in Sachen Personal als auch bei den Kreditvergabekapazitäten gut aufgestellt. Der Brexit wird den Kunden potenziell Chancen bieten.” Das laufende Jahr werde vermutlich mit Blick auf das weltweite M&A-Volumen das “drittbeste”, das es je gegeben habe, sagte de Vecchi. In Europa sei es wieder auf dem Stand des Vorkrisenjahres 2007. Käufer aus den Vereinigten Staaten, China und Japan hätten dafür gesorgt, dass das Volumen der “Inbound”-Aktivität doppelt so hoch gewesen sei wie in den Jahren 2015 und 2016. Es gebe allerdings weltweit den Trend zu regionalen statt globalen Deals. Man bewege sich von einer offenen, globalisierten Welt hin zu klareren Grenzen. Genauere Prüfungen durch nationale Regulierer sorgten dafür, dass es länger dauere, bis ein Deal durchgehe.Zudem warteten mögliche Käufer vielleicht immer noch auf niedrigere Preise, obwohl so viel Cash in den Unternehmensbilanzen schlummere wie nie zuvor. Im Schnitt hätten die Bewertungen 2018 beim 13-fachen Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation (Ebitda) gelegen. Zwar hätten sie im Vorjahr das 14-Fache erreicht. Der Fünfjahresdurchschnitt liege aber beim 12-Fachen. Der Shareholder-Aktivismus habe stark zugenommen. Die Bank erhalte zunehmend Mandate, Firmen gegen aktivistische Investoren zu verteidigen. “Das ist ein Gebiet, auf das wir uns sehr fokussieren”, sagte de Vecchi.Drury zufolge hat sich die Käuferbasis für Leveraged Finance wesentlich ausgeweitet. Es gebe mehr Deals und mehr Liquidität am Sekundärmarkt für solche Produkte. In den vergangenen 24 Monaten habe sich eine Präferenz der Käufer für Kredite gegenüber Anleihen abgezeichnet. Für ihn gehört der drohende Handelskrieg zwischen den USA und der Volksrepublik China zu den größten Sorgen. Zudem erwartet die Citigroup, dass die Federal Reserve die Zinsen nicht ganz so schnell erhöhen wird wie bislang unterstellt. “Wir haben nun eine Verlangsamung der Zinserhöhungen über das kommende Jahr eingebaut”, sagte Drury. Statt mit Zinsschritten von insgesamt 75 Basispunkten rechne man nur noch mit 50.