Clemens Börsig 65
Von Bernd Wittkowski, FrankfurtClemens Börsig und die Deutsche Bank haben ihren Frieden miteinander gemacht. Genauer: Börsig und jene Fraktion in der Bank, die mit ihm phasenweise auf Kriegsfuß stand. Öffentlichkeitswirksam inszeniert wurde der Friedensschluss auf der Hauptversammlung vor 14 Monaten, der zehnten und letzten mit Josef Ackermann als Chef der Bank. Ackermann und der damals ebenfalls ausscheidende Aufsichtsratsvorsitzende Börsig verabschiedeten sich voneinander äußerst stilvoll, unter Austausch fast überschwänglicher Freundlichkeiten und Lobreden, in scheinbar ungetrübter Harmonie.”Lieber Joe, ich möchte mich an dieser Stelle auch persönlich für zwölf Jahre konstruktiver und vertrauensvoller Zusammenarbeit – auch in herausfordernden Situationen – ganz herzlich bei Dir bedanken”, sprach Börsig. “Ein besonderer Dank geht an Dich, lieber Clemens. Anders als in der Öffentlichkeit manchmal dargestellt, haben wir immer kollegial im Interesse der Bank zusammengearbeitet”, gab Ackermann zurück. Die große Mehrzahl der rund 7 000 in der Frankfurter Festhalle versammelten Aktionäre war sichtlich gerührt und begeistert zugleich.Das war zwar gewiss kein Schmierentheater, aber in Teilen eben doch schon eine große schauspielerische Leistung beider Protagonisten. Nicht alle Berichte über vorangegangene Machtkämpfe an der Spitze der Deutschen Bank waren schließlich Fantastereien der Presse oder der Spin Doctors, die die Medien mit Halbwahrheiten, Unwahrheiten und manchmal halt auch mit Wahrheiten versorgen.Wahrscheinlich hatte Börsig, aus dem sicher kein großer Kommunikator mehr wird, der aber entgegen einem verbreiteten Vorurteil keineswegs ein engstirniger Zahlenfetischist ist und der auch nicht zum Lachen in den Keller geht, allzu oft die falschen Berater. Womöglich ist er auch einfach der am meisten missverstandene Manager dieser Zeit. Er selbst scheint es so zu sehen. In einem Interview auf seinen Umgang mit Kritik angesprochen, zitierte er im vorigen Jahr aus der Bibel: “Der Gerechte muss viel leiden.” HerzensangelegenheitenHeute nimmt Börsig, der nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und Mathematik und der Promotion sowie einer glanzvollen Industriekarriere (Mannesmann, Bosch, RWE) erst 1999 ins Bankfach gewechselt war, mit Erfolg und, wie es aussieht, vor allem auch mit innerer Befriedigung Aufgaben wahr, bei denen Leidensfähigkeit nicht so sehr gefordert ist. Er muss sich, anders als in seiner Zeit als Vorstandsmitglied – bis 2006 war er Finanzchef und Chief Risk Officer – und dann sechs Jahre lang als Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank nicht mehr auf vermintem Gelände bewegen, und das tut ihm offenbar gut. So ist er seit Anfang dieses Jahres Vorstandsvorsitzender der Deutsche Bank Stiftung mit den Förderbereichen Bildung, Kunst und Musik sowie Soziales.Auch sonst wird es ihm nicht langweilig. Vielmehr hat er eine ganze Reihe von Ehrenämtern überwiegend im kulturellen Bereich inne, die für ihn wohl allesamt auch Herzensangelegenheiten sind. So sitzt er dem Aufsichtsrat der privaten Berliner Hochschule ESMT European School of Management and Technology vor, ist Mitglied des Board of Trustees der International Financial Reporting Standards Foundation (IFRSF), Vorstandsvorsitzender des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI, Mitglied des Beirats der Kulturstiftung des Bundes sowie jeweils Vorsitzender des Freundeskreises der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt, des Kuratoriums der Kulturstiftung Festspielhaus Baden-Baden, der Gesellschaft zur Förderung der Münchener Opern-Festspiele, des Kuratoriums der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte und schließlich Mitglied des Board der New York Philharmonic. Nicht zu vergessen seine anspruchsvollen Aufsichtsratsmandate bei so namhaften Adressen wie Bayer, Daimler, Linde und der amerikanischen Emerson Electric.Am morgigen Samstag vollendet Clemens Börsig sein 65. Lebensjahr.