Coronakrise teilt Family Offices in Bullen und Bären

Die einen Unternehmerfamilien greifen zu Aktien, die anderen zu Gold und Geldmarkttiteln - Rendite stürzt nach langem Auftrieb ab

Coronakrise teilt Family Offices in Bullen und Bären

jsc Frankfurt – Die wohlhabenden Unternehmerfamilien auf der Welt haben während der Coronakrise ihre Vermögenswerte deutlich umgeschichtet: Während die einen als “opportunistische Investoren” unterbewertete Vermögenswerte gekauft haben, stockten “risikoaverse” Großanleger ihre Geld- und Goldbestände auf, schreibt die Schweizer Großbank UBS in einer Studie über das Verhalten von Family Offices.Insgesamt haben 55 % der Unternehmerfamilien in den zwei bis drei turbulenten Börsenmonaten ihre Aufteilung des Vermögens angepasst, um so ihre langfristige Ausrichtung – die “strategische Allokation” im Jargon der Vermögensverwalter – beizubehalten. Doch auch “taktische” Erwägungen, also die Ausrichtung entlang kurz- bis mittelfristiger Ertragschancen, haben während der Börsenunruhe eine wesentliche Rolle gespielt. Während die einen im Frühjahr vorsichtig agierten und nur wenige Prozentpunkte im Portfolio wegen “taktischer” Erwägungen umgeschichtet haben, gingen etliche Family Offices in die Vollen und sortierten zum Teil mehr als ein Drittel der verwalteten Vermögen um. Damit haben sie große Positionen bewegt, denn für die Umfrage wurden Family Offices gefragt, die überwiegend hohe dreistellige Millionenbeträge oder gar schon Milliardenbeträge verwalten und im Durchschnitt auf 1,6 Mrd. Dollar kommen. Rund ein Drittel der Vermögen entfällt dabei auf Vermögenswerte, die nicht in kurzer Zeit in großem Stil bewegt werden können, also etwa auf Immobilien, Beteiligungen an Unternehmen oder auch Kunstobjekte. Rege gehandelt haben die Treuhänder der Unternehmerfamilien vor allem mit Geldmarktvehikeln, Gold und Aktien (siehe Grafik). Die UBS hat weltweit zunächst 99 Family Offices aus dem eigenen Kundenstamm im Februar und März befragt und erneut 60 Family Offices im Mai.Family Offices sind nicht nur Kapitalanleger von Unternehmerfamilien, sondern sie geben auch in steuerlichen Fragen Rat oder begleiten die Nachfolge, neben anderen Aufgaben. Die Mehrzahl wurde erst nach der Jahrtausendwende gegründet, einige Family Offices in der UBS-Studie sind aber auch wesentlich älter und betreuen mehrere Generationen aus einer Familie. In der Geldanlage sind Family Offices zu höheren Risiken bereit, was sich in langfristig üppigen Renditen, aber auch zeitweise hohen Verlusten zeigt. Laut einer Modellrechnung der UBS haben Family Offices über die vergangenen 15 Jahre eine Rendite von 7 % pro Jahr erzielt, im ersten Quartal aber die höchsten Verluste binnen eines Jahrzehnts eingefahren. Streit über Nachhaltigkeit Die Meinungen zur nachhaltigen Kapitalanlage gehen auseinander, die Studie ermittelt viele Befürworter, aber auch etliche Skeptiker unter den extrem wohlhabenden Menschen. Die jüngere Generation ist insgesamt etwas häufiger an bestimmten Themen wie ethisch begründete Ausschlüsse, der Integration von ESG-Kriterien sowie das wirkungsorientierte Anlegen (Impact Investing) interessiert. Mangelndes Interesse an der nachhaltigen Anlage sind aber kein Zeichen für fehlendes soziales Engagement. Zwar haben nur wenige Befragte zu Protokoll gegeben, weshalb sie kein Interesse an einer nachhaltigen Kapitalanlage haben – einige erklären jedoch, dass in der Geldanlage die Rendite obenan stehen sollte, um anschließend als Geldgeber statt als Anleger philanthropische Ziele zu unterstützen.